Kapitel 24.

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Nicolais POV

Es blieb still, als Austin und Amanda aus der Wohnung geflohen waren. Levin saß noch immer auf meinem Schoß und sah mich finster an. Er kam mir immer näher und ich spürte schon seinen heißen Atem auf meiner Haut. Ich schloss automatisch die Augen und machte mich auf das Schlimmste gefasst. Er war wütend. Verdammt wütend und ich wusste nicht, was er vorhatte. Langsam öffnete ich die Augen einen Spalt und sah in seine. Jetzt, wo die anderen weg waren, wirkte er wesentlich weniger Aggressiv. Erst jetzt erkannte ich die dunklen Schatten unter seinen Augen und er ließ schon fast erschöpft von mir ab. Ich hatte diesen Gesichtsausdruck noch nie an ihm gesehen, er wirkte schon fast traurig. Er setzte sich ein Stückchen von mir weg und starrte auf den Boden. „Wir sind schon ziemlich verschieden, was?" er lächelte schwach und seine Augen schimmerten glasig. Mir stockte der Atem. Er hatte es also gehört. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass es ihn so treffen würde. „Findest du?" Ich sah ihn unsicher an und wurde von seinen grünen Augen hypnotisiert. „Es ist offensichtlich." Sagte er bitter und presste die Lippen aufeinander. Dann, wie aus heiterem Himmel stand er auf und ging im Raum auf und ab. Er grübelte angestrengt und wusste nicht wohin mit seinen Händen. Dann sah er mich wieder mit diesem Niedergeschlagenen Blick an.„Bin ich eine Last für dich?" Ich sah die Gänsehaut auf seinen Armen und begann selbst zu zittern. Ich stand ebenfalls auf und ging auf ihn zu. „Niemals." Flüsterte ich. Meine Finger fuhren über seine nackten Arme und ließen ihn schaudern. Er lehnte sich sanft an mich und ich vernahm seinen stetig schneller schlagenden Puls. „Ich hab auf deine Antwort gewartet.." seine Stimme klang matt und müde. Ich strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schob sie ihm hinters Ohr. Meine Hand verweilte an seiner Wange und er schmiegte sich an sie. Ich hatte es schon bei unserem Kuss gemerkt, doch selbst jetzt war er glühend heiß. „Nic, Wieso liebst du mich?" Ich beugte mich zu ihm hinunter und presste meine Stirn gegen seine. „Lev, du hast Fieber." Wisperte ich. Er schüttelte jedoch leicht den Kopf und sah mich müde an. „Beantworte meine Frage. Wieso Ich?" Meine Arme schlangen sich um seinen Körper und zogen ihn noch näher an mich. „Vielleicht, weil wir so unterschiedlich sind?" Ich nahm seinen Geruch in mich auf und fühlte mich vollkommen. Das Gefühl, endlich nachhause zu kommen, umgab mich, wann immer er bei mir war. Ich konnte nicht in Worte fassen, wieso grade er es war. Das war aber auch überhaupt nicht wichtig. Viel wichtiger war, dass er es war und ich bei ihm sein wollte. Ich wollte ihn sehen, ihn spüren und das 24/7. Ich wollte, dass er nur für mich lächelte, dass sein Herz genauso schnell schlug, wie meines. Ich wollte, dass er all die schlimmen Dinge in der Welt vergaß und sich nur auf mich konzentrierte. Nur mich ansah und sofort wusste, dass ich alles für ihn tun würde. „Es ist egal, Wieso. Die Tatsache, dass ich dich Liebe, ist das aller wichtigste." Ich küsste ihn sanft auf die Stirn. „Ich weiß nicht, was du magst oder nicht magst, doch ich möchte nach und nach, alles über dich erfahren." Ich küsste mir eine Spur, hinunter zu seinen Lippen und überbrückte somit die letzte Distanz zwischen uns. Im Gegensatz zu vorhin, war dieser Kuss zärtlich und liebevoll. Ihm fielen allmählich die Augen zu und ich musste lächeln. „Du solltest dich ausruhen." Levin nickte langsam und gab sich mir vollkommen hin. „Ich hab dich vermisst.." Nuschelte er an meiner Brust und krallte sich an mein Shirt fest. Es war seltsam, dass von ihm zu hören. Wir hatten uns nur Vier Tage lang nicht gesehen. Beziehungsweise Dreieinhalb. „Hast du deswegen schlecht geschlafen?" fragte ich belustigt, da ich mir kaum vorstellen konnte, dass dies der Grund war, doch erstaunlicherweise nickte er. „Ich habe nie, mit jemanden im selben Bett geschlafen. Doch ohne dich geht's nicht mehr." Ich war es nicht gewohnt, von ihm solche Liebesgeständnisse zu bekommen. Es passte nicht zu ihm, doch das zeigte nur, dass er sich veränderte. Meinetwegen. Er hatte zwar nie etwas erzählt, doch ich konnte mir vorstellen, wie er in der Vergangenheit gelebt hatte. Wie er allein in seinem Bett schlief, jegliche Zuneigung mied und niemals an etwas wie Liebe glaubte. Wie er an Feiertagen Leute abwies und sich lieber betrank, mit Frauen schlief und sie danach wegwarf. Es stimmte mich melancholisch, zu wissen, dass er all die Jahre ohne Liebe verbracht hatte. Was, wenn wir uns niemals begegnet wären? Wenn wir uns damals nur knapp verpasst hätten? Oder wenn ich mich nie in ihn verliebt hätte? Wenn ich, so wie ich es immer gewollt hatte, Hetero wäre? Wäre er dann jetzt immer noch allein? Würden wir getrennte Wege gehen? Aneinander vorbei Leben und ohne jeglichen Kontakt zueinander irgendwann sterben?

Ich nahm ihn mit einem Ruck auf meinen Arm und trug ihn ins Schlafzimmer. Als ich ihn zudeckte, war er auch schon eingeschlafen. Ich kuschelte mich an ihn und wich nicht von seiner Seite. Das Schicksal konnte manchmal wirklich furchterregend sein. Doch ich war unglaublich froh, dass ich Levin kennenlernen durfte. Ich bereute es nicht, mich in ihn verliebt zu haben. Nein, das auf gar keinen Fall. Ich wollte ihn nur noch mehr lieben. So sehr, dass es seine Einsamkeit vertrieb und seine Vergangenheit wieder wettmachte. So sehr, dass es für uns beide reichte und wir für immer zusammen sein konnten... So sehr, dass wir jedes Problem lösen und uns blind vertrauen konnten. Ich hatte es ihm gesagt und so meinte ich es auch. Jetzt mochten wir uns kaum kennen, doch in der Zukunft wollte ich die Person sein, die alles über ihn wusste und ihm am nächsten stand.

Es stellte sich heraus, dass Levin wirklich Fieber hatte, welches stetig stieg. „Schon 38,5 Grad." Ich legte das Fieberthermometer auf das Tablet, welches mitsamt Tee und Wärmekissen neben dem Bett stand. Er hatte inzwischen schon fast drei Stunden geschlafen und ich versuchte ihn sachte zu wecken. „Lev, Ich hab dir Tee gemacht." Erschöpft rieb er sich die Augen. „Will nichts." Murmelte er und verkroch sich wieder unter der Decke. „Komm schon, du musst etwas trinken." Ich zog an der Decke, doch er wehrte sich. „Levin, Bitte.." Ich dachte schon, er wäre wieder eingeschlafen, doch dann setzte er sich langsam auf. Wiederwillig nahm er die heiße Tasse in die Hand und schlürfte angewidert den Tee. „Ich hasse Tee." Seine Stimme klang rau und ich musste schmunzeln. „Und schon habe ich etwas neues von dir kennengelernt. Und übrigens ist das Lindenblütentee. Hilft gut gegen Fieber." Eher weniger begeistert, starrte er den Tee an. „Schmeckt nicht." Sagte er zwar, doch er trank ihn ohne weitere Beschwerden aus. Ich gab ihm noch das Wärmekissen und brachte die Tasse in die Küche. „Ich brauche kein Wärmekissen." Sagte er, als ich erneut ins Zimmer kam. „Aber sonst wird dir kalt. Du solltest dich schön warm halten." Er hob die Decke an und klopfte auf die freie Stelle neben sich. „..Ich brauche es nicht, wenn du bei mir bist." Dem konnte ich nun wirklich nichts entgegenbringen. „Wenn du später brav deinen Tee trinkst, hab ich nichts dagegen." Er verdrehte genervt die Augen, versprach es mir jedoch. Ich zog meine Klamotten aus und kuschelte mich zu ihm ins Bett. Sein gesamter Körper glühte und doch schmiegte er sich an mich, um sich an mir zu wärmen. Ich tätschelte mit meiner Hand durch sein Haar. Es war vom liegen total verwuschelt und fluffig. Wobei seine Haare eigentlich immer fluffig waren. Seelenruhig schlief er und ich zog ihn noch dichter an mich.

Ich bereute es absolut nicht, mich in ihn verliebt zu haben, denn er war perfekt...

...Perfekt für mich.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt