Kapitel 47.

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Levins POV

„Ach, hast dich also auch mal entschieden, dich blicken zu lassen?!" Die Stimme meiner Schwester klang mehr als Vorwurfsvoll und ihr Blick verriet ihre Wut, die sie zu unterdrücken versuchte. Genau, wie alle anderen. Nach dem Interview hatte ich all ihre Anrufe und Nachrichten ignoriert und mich auf Nicolai konzentriert, weswegen absolut alle noch Stinkwütend waren und eine Erklärung verlangten. Ich ignorierte Jenna gekonnt und stapfte an ihr vorbei. „Meine Gitarre ist Schrott." Sagte ich nur achselzuckend und ließ mich auf Tristans Couch plumpsen, wie ein alter Kartoffelsack, der im Meer versank. Alec war der Erste, der kurz aufseufzte und sich kurzerhand zu mir gesellte. „Wir sollten uns über sowas eigentlich gar nicht mehr wundern." Murmelt er belustigt und kicherte blöd rum. Während ich ihm meinen Ellenbogen in die Rippen stieß, bildete sich auch auf Tristans Gesicht ein vielsagendes Grinsen. „Das Stimmt. Immerhin war von Anfang an klar, dass Lev nur so lange mitmacht, bis wir einen besseren Gitarristen gefunden haben." - „Oder ich genug Kohle hab." Warf ich ein, angelte mir die Chips vom Glastisch und legte meine Beine prompt auf diesen. „Wie könnt ihr das nur so locker sehen?! Unsere Karriere hängt schließlich davon ab!" keifte Jen' weiter, wurde jedoch schnell von Tristan beschwichtigt, indem er ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel drückte. „Babe, die Leute kaufen unsere CDs, weil sie unsere Musik mögen und nicht nur weil Lev unser Gitarrist ist." Dieses Argument schien sie zu beruhigen, wenn auch nur kurz. „Mal sehen, was David noch zu sagen hat. Er sollte bald hier sein." Hörten wir sie noch grübeln, ehe sie mit Trist in der Küche verschwand. „Hmpf!" Ich knusperte desinteressiert auf den Chips weiter und schaltete den Fernseher ein. „Du hättest sie nach dem Interview erleben sollen. Ich glaub, wenn Tristan sie nicht aufgehalten hätte, wäre sie dir direkt gefolgt und hätte dich mit dem Mikrofon beworfen." Witzelte Alec, doch seine Augen verrieten, dass er es ernst meinte. Ich wusste selbst, wie egoistisch mein Verhalten war, doch sobald es um Nicolai ging, setzte mein rationales Denken aus und ich war wieder ein pubertierender Teenager, der alles für seine erste Liebe tun würde. „Ist alles wieder gut? Also zwischen dir und Nicolai?" Ich musste an die letzte Nacht denken und schmunzelte vielsagend. „Sonst wäre ich nicht hier." Meine Gedanken schweiften zu seiner zarten Haut, die sich auf meiner wie Seide anfühlte. Seine sinnlichen Lippen, die das Einzige auf der Welt waren, die mich zum Schweigen und zugleich zum Schreien bringen konnten. Seine vor Erregung bebende Stimme, die mich spielerisch neckte, hallte in meinem Kopf wieder und ließ mich beinahe auf keuchen. Geschockt über meine eigenen Empfindungen, setzte ich mich grade hin und räusperte mich kurz, nur um so zu tun, als wenn nichts gewesen wäre. Meine Augen wanderten unauffällig zu Alec, der mich unentwegt beobachtet hatte und nun schelmisch vor sich hin grinste. „Egal was für schmutzige Gedanken du grade hattest, ich will es wissen." Fuck. „Was meinst du?" Ich entschied mich für meine übliche Gleichgültigkeit, doch vergebens. Er hatte mich durchschaut und war nicht gewillt, mich davonkommen zu lassen. „Alter, du sahst so aus, als ob du dir hier gleich einen runterholen würdest. Also sag schon, ist der Sex so gut?" Er setzte sich neugierig auf und sah mich mit funkelten Augen an, wie ein Kleinkind, was auf eine Gutenachtgeschichte hoffte. „Was willst du hören? Das es das Beste ist, was ich je erlebt hab?" fragte ich sarkastisch, vernahm jedoch selbst einen Hauch Euphorie in meiner Stimme, was mich selbst zurückschrecken ließ. Alecs Augenbraue schoss nach oben, da er meinen innerlichen Kampf sehr wohl vernommen hatte. Was war hier eigentlich los? Sonst konnte er sich doch auch keine fünf Sekunden auf etwas ernsthaft konzentrieren, was weder Titten, noch Alkohol beinhaltete. „Ich will Details." Ein breites Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit und entblößte seine Zahnpasta weißen Zähne, die mich wahrscheinlich geblendet hätten, wenn das Licht im passenden Winkel wäre. „Wie ist es so, einen Typen zu ficken? Ich weiß, er ist nicht dein erstes Opfer, aber ist es echt besser, als mit ner geilen Schnecke?" Ich wich seinem Blick aus und ignorierte die Tatsache, dass er glaubte, ich würde Nic vögeln. Was sollte ich tun? Ihm die Wahrheit sagen? Das ich von jemanden genommen wurde, der auch noch jünger war, als ich?! Ich nuschelte nur mehrere unverständliche Wörter aneinander, die wahrscheinlich ein, „Es fühlt sich gut an"- ergeben sollten. So ganz sicher war ich mir aber auch nicht. „W-Wieso fragst du überhaupt?!" keifte ich ihn an, um meine eigene Verlegenheit zu überspielen und verschränkte die Arme vor der Brust. Nun war er es, der nervös auf den Boden starrte und sich ein Kissen unter die Arme klemmte. „Ich dachte, man .. könnte es mal ausprobieren und, naja.., vielleicht hast du irgendwelche Tipps? Irgendwelche Hinweise? Ist ja irgendwie.. anders." Mir fiel die Kinnlade herunter. Alec, der Alec, wollte Titten gegen Schwänze eintauschen? Freiwillig? Wo hatte der sich denn den Kopf gestoßen? Ein räuspern meinerseits durchbrach die Stille und ich versuchte einen Halbwegs vernünftigen Satz in meinen Gedanken zu ordnen. Dieses Gespräch wühlte mich innerlich auf und ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte. „Kommt drauf an, welchen Part du übernimmst." Er wirkte verunsichert? Man, Scheiße! Ich selbst war verunsichert. Das war ja noch schlimmer, als ein Aufklärungsversuch zwischen Vater und Sohn. Ich atmete einmal tief durch, ehe ich mich zusammenriss und ihn ernst anstarrte. „Wenn du deine übliche Rolle einnimmst, hast du deutlich mehr zu beachten, weswegen es besser wäre, es mit jemanden zu machen, der sich schon damit auskennt." Die bloße Vorstellung, Alec auf einen unschuldigen Jungen zu hetzen ließ mich schaudern. Ich war heilfroh, dass Nic, was das anging, mehr als erfahren war und wir keinerlei Probleme gehabt hatten. Abgesehen von der Tatsache, dass er ständig das Kondom vergaß und mein Ego die erste Zeit sehr darunter gelitten hatte. Was nicht gleich bedeutete, dass es nicht geil war, denn das war es. „Wenn du ganz genau wissen willst, wie es geht, dann Google es, so wie du es sonst auch gemacht hast. Aber wenn du meine persönliche Meinung hören willst, je mehr Gleitgel, desto besser." Mehr konnte und wollte ich dazu nicht sagen. Musste ich scheinbar auch nicht, denn er nickte eifrig und schien seinen Gedanken hinterher zu hängen. „Glaubst du es tut sehr weh?" Ohne mir dessen bewusst zu sein, schnaubte ich und verdrehte die Augen. „Manchmal.. Wenn ein gewisser jemand auf die beschissene Idee kommt, zwischen Glasscherben zu ficken!" fluchte ich leise vor mich hin, mir meinem Fehler erst zu spät bewusst. Schnell biss ich mir auf die Unterlippe und hätte meine Worte am liebsten zurückgenommen, doch Alec sah mich schon mit weitaufgerissenen Augen an. „Nicht dein Ernst! Du-!" bevor er das Offensichtlichste Aussprechen konnte, stopfte ich ihm eines der Kissen ins Gesicht und hoffte darauf, er würde langsam aber sicher ersticken. Er zappelte unter mir und versuchte mich von sich zu schubsen, als Tristan ins Wohnzimmer kam und uns irritiert dabei beobachtete. „Worum geht's diesmal?" seufzte er müde und hätte wahrscheinlich nicht mit einer Antwort gerechnet, doch genau in diesem Augenblick trat Alec mich von sich, wobei er von dem Kissen befreit wurde und dieser Vollidiot natürlich ein -„Lev ist eine Pussy!" von sich gab und ich ihm am liebsten sofort den Kopf abgerissen hätte. „Ich bring dich um!" knurrte ich düster und sprach jedes Wort langsam und bedrohlich aus. „Tristan, Baby! Rette mich!" quiekte Alec, doch bevor ich ihn packen konnte, sprang er über die Rückenlehne und lief auf Trist zu, der nur verwirrt zwischen uns hin und her blickte. Als dann noch Jenna den Raum betrat, im Begriff uns zusammenzuschreien, nicht so laut zu sein, beantwortete Trist ihr die unausgesprochene Frage, was überhaupt los war, mit einem „Alec hat endlich herausgefunden, dass Lev passiv geworden ist." Und tat es mit einem bloßen Schulterzucken ab. Auch Jen' schien nicht sonderlich überrascht über diese Tatsache zu sein, was mich inne halten ließ. „I-Ihr habt es gewusst?!" fauchte ich nun mehr als nur Wütend und zugleich beschämt. Auch Alec hielt inne und wirkt beleidigt. „Wieso hat mir niemand was gesagt?" maulte er trotzig, woraufhin ich ihn endlich in den Schwitzkasten nehmen konnte. Nach Luft ringend, zappelte er herum, doch ich ignorierte ihn und verstärkte meinen Griff. „Ich dachte das wäre Offensichtlich, nachdem die beiden es vor meiner Haustür getrieben haben?" Jenna fing an zu kichern und auch Trist hatte ein vielsagendes Grinsen auf den Lippen.

Diese Wichser..

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt