Kapitel 4.

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"Ich Liebe Dich!"

"Ich Liebe dich auch.. Nic." Levin sah schüchtern zu Boden und ich streichte eine einzelne Haarsträhne aus seinem hübschen Gesicht. Er sah mir kurz in die Augen, ehe er sich wieder wegdrehte. "Mach das nicht. Sieh mich an. Ich bin hier." Ich legte meinen Arm um seine Hüfte und zog ihn (total Gentleman-Like) zu mir, dann beugte ich mich zu ihm herunter, um ihn zu Küssen.

"ic..Nic....NIC!!!!" Erschrocken riss ich die Augen auf, als etwas schweres auf mich fiel. Ich brauchte ein paar Sekunden bis ich realisierte wo ich war. Wir befanden uns in meinem Wohnzimmer, Mein Körper lag halb auf dem Sofa, halb auf dem Boden. Ich wollte mich aufrappeln, doch Austin saß auf meinen Beinen und sprang auf mir herum. Jetzt erinnerte ich mich wieder an letzte Nacht. Wir saßen nach dem Grillen noch gemütlich bei mir und hatten zusammen was getrunken. Amanda war nach einer Weile wieder rüber gegangen und die Jungs hatten mich zu einem Sauf-Wettbewerb aufgefordert. "Steh endlich auf! Die anderen sind schon weg!" Mit pochenden Schläfen versuchte ich Austin von mir runter zu schubsen. Ohne Erfolg. "Verzieh dich.." stöhnte ich schmerzverzerrt auf und versuchte erneut ihn von mir herunter zu bekommen. "Nö!" Er streckte mir provokativ die Zunge raus. Er ließ mir keine andere Wahl. "Verpiss Dich.. Ich muss.." Ich tat, als müsste ich mich gleich übergeben. SCHWUPPS war er aufgesprungen und brachte sich hinter dem Sofa in Sicherheit. "Sag das doch gleich!" quiekte er mit hoher Stimme und ich brach in schallendes Gelächter aus. Ehe er sich wieder auf mich setzen konnte, stand ich auf und ging ins Badezimmer. Er folgte mir wenig später und beobachtete mich kritisch beim Zähneputzen. "Die hinteren Zähne nicht vergessen. Schön schrubben, aber nicht ZU doll, sonst blutet es. So machst du das ganz fein." Er tätschelte mir über den Kopf und ich versuchte ihn mit meinem Todesblick aus dem Bad zu scheuchen. Nachdem ich meinen Mund mit Wasser noch ausgespült hatte, drehte ich mich zu ihm um und trat ihn gegen sein Schienbein. "Ich weiß wie man Zähne putzt!" Ich wollte Austin noch eine scheuern, doch er wich aus. "Sicher ist Sicher...AU!" Wir rangelten miteinander rum und er landete in meinem Schwitzkasten. "Time-Out...TIME-OUT!" schrie Austin und ich ließ ihn endlich los. Er klopfte sich die Schultern sauber, als wäre er schmutzig geworden. "Man sieht es dir nicht an, aber du hast echt zu viel Kraft." stöhnte er erschöpft auf und schmiss sich im Wohnzimmer aufs Sofa. "Wieso bist du eigentlich noch hier?" Ich holte aus dem Schlafzimmer ein neues Oberteil und zog mich um. "Irgendwer muss dir doch beim aufräumen helfen.." rief er aus dem Wohnzimmer und ich guckte verwundert aus dem Schlafzimmer. Er lag immer noch auf dem Sofa und vergrub das Gesicht in einem Kissen. Da war noch mehr, dass wusste ich ganz genau. Es war das erste Mal, dass er beim aufräumen helfen wollte, vor allem sah es dieses Mal gar nicht so schlimm in der Wohnung aus. Ich holte aus der Küche einen Müllbeutel und warf ihn Austin zu. "Dann viel Spaß bei aufräumen." Er sah mich ungefähr so an, als hätte eine Socke mit ihm gesprochen. "Ich sagte ich wollte helfen und nicht, dass ich alles sauber mache." Ich zerrte den Staubsauger aus meinem Kleiderschrank und gab ihn so zu verstehen, dass er auch nicht alles machen musste. Wir waren nach einer halben Stunde fertig und die Wohnung blitzte schon fast vor Sauberkeit. Wie schon erwähnt, es war diesmal nicht ansatzweise so dreckig, wie sonst.

Wir waren auf dem weg zum nächstbesten Laden, um die ganzen Pfandflaschen abzugeben. Es war der beste Zeitpunkt, um zu fragen, was wirklich los war. Austin stellte die Tasche auf den Boden und ich lud die Flaschen der Reihe nach aufs Band. "Was ist wirklich los?" fragte ich und versuchte das nervtötende Piepen des Automaten zu ignorieren. "Was meinst du? Darf ich meinen Besten Freund etwa nicht helfen?" er verzog gespielt beleidigt den Mund zu einer Schnute und schaute hochkonzentriert die Flaschen an. Ich seufzte einmal auf und verdrehte theatralisch die Augen. "Du bist sonst auch immer der Erste der abhaut, um eben nicht aufräumen zu müssen, also ist es ein wenig auffällig jetzt damit anzufangen. Also nochmal, Was ist los?!" Ich dachte schon, er würde gar nicht mehr antworten und ließ ihn, nachdem alle Flaschen weg waren, beim Automaten stehen. Ich war grade aus dem Laden raus, als Austin mich am Arm packte und zur Seite zog. "Es ist so, du hast letzte Nacht.. naja etwas komisches gesagt..das hat mich irgendwie ein wenig irritiert und auch verletzt?" er ließ meine Hand langsam los und starrte auf seine Schuhe. Es kam nicht oft vor, dass Austin so niedergeschlagen war. Augenblicklich musste ich an Levin denken. Hatte ich etwa..Nein. Oder? Ich schluckte. "W-Was habe ich denn gesagt?" Nervös biss ich auf meiner Unterlippe herum und bat inständig darum, dass weder Austin, noch die anderen etwas herausgefunden hatten. Er murmelte etwas vor sich hin, doch ich konnte es nicht richtig verstehen. "Ich sagte, du meintest gestern, als ich dich gefragt hatte, wieso du mit keinem Mädchen zusammen sein willst, dass ... du schon in jemanden verliebt wärst."

Ich wollte im Boden versinken. Jetzt, Hier, Sofort! Ich hoffte, das ein fliegendes Klavier auf mich hinabstürzte, wie in einem Cartoon. In meinem Kopf schlugen die Alarmglocken, denn eins war klar, Ohne einer vernünftigen Erklärung würde ich aus dieser Situation nicht kommen. "Wieso hast du mir nichts davon erzählt? Ich dachte, wir können über sowas reden." Ich wollte ihn nicht anlügen, aber ich konnte doch auch nicht die Wahrheit sagen! Das war zu absurd, zu verrückt, zu abnormal. Zumindest zu abnormal, um noch weiter mit mir befreundet zu bleiben. Nein, ich konnte es ihm nicht sagen. Noch nicht. "Wenn du es wissen willst, wieso hast du mich dann nicht letzte Nacht gefragt?" Mist, Mist, Mist! Das wollte ich doch gar nicht sagen. Zumindest nicht SO. Austin funkelte mich wütend an und wurde lauter. "Weil ich es von dem Nüchternen-Nic erfahren wollte! Vertraust du mir etwa nicht?!" Auch ich wurde merklich wütend, obwohl ich eigentlich gar keinen Grund dazu hatte. Austin konnte doch nichts dafür, dass ICH mich in einen Typen verliebt hatte, dass ICH zu viel Angst davor hatte, wie er reagieren würde und, dass ICH es aus versehen ausgeplaudert hatte. Niemand außer mir hatte Schuld. "Wenn ich dir etwas nicht erzähle, dann geht es dich halt nichts an!" schrie ich ihn an und war unbewusst einen Schritt auf ihn zugegangen. Auch er kam näher auf mich zu und ließ sich von meiner Größe nicht einschüchtern. "Was kann bitteschön so schlimm sein?! Ist ja nicht so, als wärst du Schwul oder so!!" Ich packte ihn am Kragen seines Sweatshirt und ehe ich mich versah schlug ich zu. Ich hielt inne, als das warme Blut über meine Hand lief. Austins Blut. Es strömte nur so aus seiner Nase und ich bereute mein Handeln sofort. "Du hast nicht ansatzweise eine Ahnung, wie ich mich fühle." presste ich hervor und ließ ihn los. Sofort wischte er sich mit dem Ärmel das Blut aus dem Gesicht und sah mich geschockt an. "Nic, Du.." Das war eindeutig zu viel. Ich wollte nicht hören was er sagte und vor allem nicht wissen, was er dachte. Ich drehte mich um und lief davon. Wohin? Das wusste ich auch nicht. Es war mir in diesem Moment aber auch völlig egal, denn ich wollte einfach nur weg. Ich hörte noch, wie er mir hinterher rief, doch auch das war mir egal.

Ich lief nicht nur vor ihm, sondern auch vor der offensichtlichsten Tatsache davon.

Ich. War. Schwul.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt