Kapitel 63.

943 70 0
                                    

Nicolais POV

Wir wurden durch ein durchgehend, piependes Handy geweckt und rieben müde die Augen. „Was zum?!" Wütend kletterte Lev aus dem Bett, verließ den Platz zwischen meinen Armen und verschwand mit dem Handy im Wohnzimmer. „Was willst du?" hörte ich ihn gereizt und fragte mich, wer um fünf Uhr morgens anrief. „Wie bitte?!" Levin wurde lauter, was mich neugierig machte. Was war denn los? Langsam stand ich auf und tapste zur Tür. „Na schön!" knurrte er noch einmal, bevor er auflegte und mich entdeckte. „Was ist los?" nuschelte ich mit rauer Stimme und sah ihn aus müden Augen an. Er wirkte gestresst und irgendwie enttäuscht. Unsicher sah er mich an, ehe sein Körper sich an meinen lehnte. „Du weißt, ich hab gesagt, dass ich die nächsten Tage nur bei dir sein will..." murrte er müde und schmiegte sein Gesicht an meine Brust. „Ähm, Ja?" Meine Hand fuhr liebevoll durch seine Haare, die in alle Richtungen abstanden und an puffeliges Tier Fell erinnerte. „Hmpf" kam es nur zurück und ich sah ihn verwundert an. „Jetzt sag schon, was ist los?" Ich lehnte mich ein Stück zurück und hob sein Kinn mit dem Zeigefinger an, sodass er mich ansehen musste. „Du kennst das Nightfall-Festival?" fragte er mich kurz und ich nickte. „Klar, Wer nicht? Das ist eines der größten Festivals, die es gibt." Wenn ich mich recht erinnerte, war es eine riesige Veranstaltung, auf der mehr als Zwanzig verschiedene Bands spielten. Das Festival fand drei Tage hintereinander statt und fing eben nach Einbruch der Nacht an. „Es findet diese Woche in Florida statt und eine Band fällt aus, deswegen sollen wir hin." Beendete er langsam seinen Satz und wartete meine Reaktion ab. Mir fiel die Kinnlade herunter. „Aber, das ist doch großartig!" strahlend lächelte ich ihn an. Ich freute mich wirklich für ihn. Das war eine einmalige Gelegenheit, die er auf jeden Fall ergreifen musste. „Ich will eigentlich viel lieber bei dir bleiben." Jammerte er leise und kuschelte sich so fest an mich, dass ich kaum Luft bekam. Ich lachte. „Ich bin hinterher auch noch da, du solltest es ruhig machen." Munterte ich ihn auf und hoffte, dass er das Angebot annahm. Ich nahm Lev's Gesicht in meine Hände und stupste seine Nase mit meiner an. „..Du darfst an Silvester dann auch alles mit mir machen. Alles was du willst." Versuchte ich ihn zu locken und es klappte. Ein freches Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Du solltest aufpassen, was du versprichst, Babe." Unsere Lippen berührten sich leicht und seine Zunge strich kurz über meinen Mund. „Wieso kommst du nicht einfach mit?" säuselte er und küsste mich erneut. Nun grinste ich. „Dich von der Arbeit ablenken, in einem fremden Bett übernachten und mehrere Stunden in einem wackeligen Flugzeug sitzen? Nein danke." Seufzte ich entschuldigend. Ich mochte es nicht, zu reisen. Noch dazu würden wir wahrscheinlich keine Minute zusammen verbringen können. Er schmollte kurz noch, doch nach weiteren Küssen der Entschuldigung, zuckte er letztendlich mit den Schultern und packte seine Sachen. „Und wehe, du überlegst dir das mit Silvester noch anders." Drohte er, kurz bevor er gehen musste. „Mach ich nicht. Ich gehör dann ganz dir." Erwiderte ich und küsste ihn nun schon zum zehnten Mal. In zwei Stunden kam sein Flieger. Ich hätte nicht gedacht, dass er schon so früh gehen musste, aber natürlich brauchten sie noch Zeit zum Proben und der Flug ging ja auch über mehrere Stunden. „Ich liebe dich." Hauchte ich an seine Lippen, was er sofort erwiderte. „ Und ich liebe dich." Er schien sich an etwas zu erinnern, denn er blieb noch einmal in der Haustür stehen. „Hier. Noch ein kleines Weihnachtsgeschenk. Ich dachte du brauchst es." Lev warf mir einen Schlüssel entgegen und verschwand blitzschnell, bevor ich ihn schimpfen konnte, mir nicht solche Sachen zu schenken. Natürlich folgte ich ihm und sah noch, wie er die Treppe runter hopste. Unten, auf dem Parkplatz angekommen, zeigte er grinsend auf den matt schwarzen Audi r8 und streckte mir die Zunge raus. Unsicher und zugleich geschockt, drückte ich den Knopf vom Schlüssel und hoffte, dass nicht der Audi auf ging. Der Wagen piepte und leuchtete einmal auf. Verdammt.

„Du spinnst doch!!" rief ich ihm noch nach und hätte ihn am liebsten in den nächstbesten Schneehaufen geschmissen, doch ich hatte keine Schuhe an, stand Barfuß auf dem Balkon und musste mich an den kleinen Schneeresten am Geländer bedienen. Die kleinen Kugeln flogen Lev um die Ohren, doch er wich gekonnt aus und lachte nur laut. Dieser Spinner. Ich ging schnell wieder rein und entschied mich für ein warmes Bad. Ja, das tat gut. Das war toll. Das war- „Meow". Meow? Ich öffnete die Tür des Badezimmers und der kleine Kater huschte in das warme Zimmer. „Tut mir leid, Tut mir ja leid. Ich hab dich wohl ein wenig vernachlässigt." Entschuldigend kraulte ich ihn am Ohr und achtete darauf, ihn nicht nass zu machen, als ich in die Wanne stieg. „Meow.." Ich lachte leise. „Nein, ich glaube nicht, dass du hier rein willst." Interessiert starrte der Kater die Schaumblasen an und tupfte mit den Pfötchen darin herum. Ich nahm ein wenig in die Hand und pustete es ihm entgegen. Erstaunt weiteten sich seine Augen und ein überraschtes „Prrr" erklang. Als ich dann jedoch auf die entrüstende Idee kam, ihm ein kleines Schaumhäufchen auf den Kopf zu setzen, sprang er panisch auf und starrte mich wahnsinnig entsetzt an, wie wenn ich seine Mutter beleidigt hätte. Damit war's dann wohl mit unserer Freundschaft, denn nachdem der kleine Stubentiger mehrere Minuten versucht hatte, das Häufchen wegzubekommen, drehte er sich letztendlich um und versteckte sich im Wohnzimmer. Ich konnte nicht mehr vor Lachen und hielt mir krampfhaft den Bauch. Wenn Lev das doch nur gesehen hätte. Bei dem Gedanken an ihn, seufzte ich einmal auf und tauchte mit dem Kopf komplett unter Wasser. Das Ganze musste wohl ziemlich ulkig aussehen, schließlich hingen meine Beine größtenteils aus der kleinen Wanne heraus und mein Oberkörper war sozusagen unter Wasser gedrückt.

Nach dem Baden schlang ich mir ein Handtuch um die Hüfte und machte mir in der Küche was zum Frühstück. Ich bereitete für den kleinen sogar ein Spezial-Fisch-Menü vor, als kleine Entschuldigung. Als ich beim Kaffee kochen angelangt war, musste ich erneut seufzen. Normalerweise war Lev hier der Kaffee Experte. Immer wenn ich in die Küche kam, stand er hier vor der Maschine. Verschlafen und kurz vorm einnicken. Dann musste ich ihn immer antippen oder Kitzeln, bis er merkte, dass die Tasse falsch herum unter der Maschine stand. Er war halt mein kleiner Morgenmuffel. Ich wusste ja, dass er nur wegen mir zu dem Festival ging, es war ja auch die richtige Entscheidung, aber ich vermisste ihn jetzt schon. Das war ziemlich dumm, das war mir klar, aber die Wohnung wirkte ohne ihn auf einmal so kahl. „Wir machen uns einen schönen Tag, nicht wahr?"

Und das war es dann hinterher auch. Ein schöner Tag. Sehr, sehr schön, aber nun mal nicht perfekt, denn dafür bräuchte ich Lev. Ich war einkaufen und hatte neues Spielzeug für den Kleinen mitgebracht. Ich hatte mir dazu noch zwei DVDs ausgeliehen und einen sehr leckeren Wein gekauft, dessen Betrag von einem Schoko-Croissant überholt wurde. Ich hatte die Flasche grade geöffnet, damit der Wein erst mal durchatmen konnte, als es an der Tür klopfte. Ich lugte den Kopf heraus und entdeckte Amanda. „Hey." Ich lächelte fröhlich, denn ich hatte nicht mit ihr gerechnet. „Hi." Erwiderte ich. Sie hielt eine kleine Dose hoch und reichte sie mir. „Hab wieder zu viel Kuchen gemacht. Wollte euch nicht stören, also.." Sie wollte schon wieder rüber gehen, doch ich hielt sie auf. „Ähm.. Hast du etwas Zeit?" nervös kratzte ich mich am Nacken und freute mich, als sie langsam nickte. „Klar, aber ist Levin nicht bei dir?" Bei seinem Namen musste ich ein erneutes Seufzen unterdrücken. „Hmm. Nein. Er ist unterwegs. Geschäftlich." Murmelte ich ein wenig traurig, da ich verdammt nochmal hätte mitgehen sollen. Ich war so blöd. „Oh, achso." Sie wirkte glücklich, aber nervös. „Ich muss dir eh noch was erzählen." Nuschelte sie verlegen. Daraufhin kuschelten wir uns mit Decken, Wein und Kuchen ins Wohnzimmer und ließen den Fernseher im Hintergrund laufen, da wir ab und zu guckten, wenn nicht grade ein spannendes Thema zu Wort kam. „Wie läuft es mit Austin?" fragte ich zwischendrin und sie lief puterrot an. „Was meinst du? Hat er es dir etwa schon g-gesagt?" fragte sie verlegen und spielte wieder mit ihrer Haarsträhne rum. „Ihr habt euch doch geküsst? Auf der Party? Oder nicht?" Verwirrt sah ich sie an und merkte, wie sie erleichtert ausatmete. „Achso das. Ja Stimmt schon." Wieder dieses zaghafte Lächeln und dann beichtete sie alles. „Ich wollte es dir eigentlich direkt sagen, wusste aber nicht wie. Nach der Party, war er nochmal hier. Naja, bei mir drüben und.. Wir sind jetzt zusammen." Erwiderte sie überglücklich und versuchte es erst gar nicht zu verstecken. Wieso auch. Ich freute mich für sie und vor allem für Austin. Er hatte seit einer ganzen weile nichts anderes, als Amanda im Kopf, weswegen ich mich nun ehrlich freute. „Das ist schön zu hören. Ich bin froh, dass ihr es versucht." Sie grinste, schüttelte dann aufgeregt den Kopf. „Oh man, es ist mir so peinlich, wie ich mich am Anfang aufgeführt hab. Das ich was von dir wollte und so wütend wurde.. ist das nicht ein bisschen komisch, jetzt mit deinem Besten Freund zusammen zu sein?" fragte sie peinlich berührt und streichelte den Kater, der sich völlig dreist, auf ihrem Schoß breit gemacht hatte. Sie sagte es so, als ob es eine Regel gab, wie man wann mit wem zusammen kommen durfte. „Nein, alles okay. Solange ihr glücklich seid, bin ich das auch." Und das meinte ich auch so. Wir schauten uns die Filme an, welche ich mitgebracht hatte, wobei Amanda wegen meiner Auswahl kicherte. „Weiß dein Freund, dass du dir heimlich Liebesdramen, wie Titanic und Das Schicksal ist ein mieser Verräter, reinziehst?" amüsiert hob sie eine Augenbraue und ich entriss ihr die DVD Hülle. „Nein. Bei ihm gehören Horror und Splatter Filme zur Tagesordnung, weswegen das auch schön unter uns bleibt." Gab ich trotzig zurück und streckte ihr die Zunge raus. Amanda tat schockiert. „Geheimnisse vor deinem Freund? So schlimm ist es also schon?" Lachend vergruben wir uns in die Kissen, die wir uns ab und zu dann doch entgegenwarfen. Das war so unser Ding. Kitschige Filme, Kuchen und Kissenschlachten.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt