Kapitel 30.

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Nicolais POV

Irgendwie hatte ich schon mit so etwas gerechnet. Nachdem Lev nach der Probe nicht mehr zu mir gekommen war, ahnte ich schon, dass wieder irgendwas los war und das nervte mich tierisch. Wütend schmiss ich das Handy wieder aufs Bett und stand auf. Sollte er doch machen, was er wollte. Es war noch ziemlich früh, doch ich tapste ins Badezimmer, um zu duschen. Ich konnte eh nicht mehr schlafen und je eher ich in der Uni war, desto eher konnte ich wieder gehen. Ich musste noch eine Theoretische Arbeit abgeben und wegen dem ganzen Hin und Her in letzter Zeit, hatte ich es noch nicht geschafft, dies zu erledigen. Ich schnappte mir also meinen Laptop und die Unterlagen, der letzten Seminare und machte mich auf den Weg. Die ersten Seminare fingen erst in einer Stunde an, doch ich war nicht der einzige, der eher da war. Ich setzte mich in die Bibliothek und schnappte mir ein paar Bücher. Dann mal ran an die Arbeit.

Ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich das erste Seminar glatt verpasste. Was soll's? Meine Arbeit war wichtiger, denn ohne sie würde ich nicht in die Praxis übergehen können und um Arzt zu werden, musste man schon mehr können, als nur das theoretische zeug wissen. Mein Leben hatte sich in den letzten Jahren, oder eher in den letzten Monaten drastisch verändert, doch dies hier war immer noch mein größter Traum, also durfte ich mich nicht zu sehr von Levin und den anderen ablenken lassen. Wahrscheinlich ging es Levin nicht anders. Er musste sich auch auf seine Karriere konzentrieren, deswegen war es wohl gar nicht so schlecht, erst mal unsere Sachen zu regeln. Wir waren halt keine pubertierenden Teenager mehr, die von Zuhause Durchbrennen wollten und Mutter, Vater, Kind spielten. Nachdenklich tippte ich auf der Tastatur herum und las meinen bisher verfassten Text mehrfach durch. Ich krallte mir eines der ausgesuchten Bücher und schlug einige Fachwörter nach, nur um nochmal sicher zu gehen. „Welch seltener Anblick." Ich blickte von den Unterlagen auf und sah meinen Prof. an. „Ich hab mich schon gewundert, als ich Sie nicht im Seminar gesehen habe. Ich hatte befürchtet, Sie wären krank, aber das Sie in Wahrheit schwänzen.." Geschockt starrte ich auf die Uhr. Er hatte Recht. Ich hatte die Zeit total aus den Augen verloren. „T-Tut mir leid! Ich wollte nicht.." Er fing an zu lachen und ich sah mich verlegen um. Er blickte einmal auf meinen Laptop und nickte mir anerkennend zu. „Ich mach nur Spaß. Sie scheinen mit wichtigeren Dingen beschäftigt zu sein. Wenn was ist, können Sie mich jederzeit fragen." Er lächelte verschmitzt, wobei sein grauer Schnäuzer sich mit bewegte. „Tut mir wirklich leid. Ich werde die nächste Stunde anwesend sein." Murmelte ich verlegen und packte meine Sachen zusammen. Doch der Prof. hielt mich am Arm fest und drückte mich sanft wieder auf den Stuhl, als ich aufstehen wollte. „Ist schon in Ordnung. Wissen Sie, Sie sind mein Bester Lehrling, Mr. Zwetkow. Es gibt nicht viele Studenten, die so ehrgeizig und motiviert sind, wie Sie, also konzentrieren sie sich auf die Prüfung. Die letzten Seminare bis zur Praxis sind für Sie unwichtig, also geben sie alles und enttäuschen sie mich nicht." Mit diesen Worten klopfte er mir noch sanft auf die Schulter und verschwand. Es stimmte zwar, dass ich schon eine Menge Stoff vorgearbeitet hatte, dennoch fühlte ich mich unwohl dabei, absichtlich Seminare ausfallen zu lassen. Eigentlich machte es mir spaß, dem Prof. dabei zuzuhören, was den Menschlichen Körper ausmachte und wie wir funktionierten, doch wahrscheinlich hatte er recht. Die Prüfung war wichtiger.

„Ach, Hier bist du!" Ich zuckte zusammen, als Austin wie aus dem Nichts hinter mir stand. „Meine Güte, Erschreck mich doch nicht so!" maulte ich ihn an, woraufhin er schelmisch grinste. „Sorry. Aber was machst du eigentlich hier? Du bist sonst nie in der Bibliothek." Er sagte es so, als wäre ich nicht gern in der Bibliothek, aber eigentlich lag meine seltene Anwesenheit daran, dass ich schlichtweg keine Zeit hatte, mich hier in Ruhe mal hinzusetzen. „Ich muss meine Prüfung bis Ende der Woche fertig haben und hier hat man seine Ruhe." Er sah mich verständnisvoll an, was wirklich merkwürdig war, da Austin nie Verständnis fürs Lernen hatte. „Wie weit bist du denn?" Ich zeigte ihm meinen bisher fünfseitigen Aufsatz, dem noch weitere fünf Seiten fehlten. „Wenn ich mich nicht ablenken lasse, dann ist der Aufsatz schnell geschrieben, aber dafür muss man erst mal einen Ort finden, an dem man nicht abgelenkt wird. Deswegen werde ich wohl noch eine Weile hier bleiben." Er nahm eines der Bücher in die Hand und begutachtete es kritisch. „Wieso arbeitest du dann nicht Zuhause daran weiter?" Als ob ich nicht schon selbst auf die Idee gekommen wäre, doch es war wahnsinnig schwer, sich zu konzentrieren wenn die Wohnung nach Levin roch und ich mir alle paar Sekunden vorstellte, wie er zur Tür herein kam. Natürlich war dies nicht der Fall, da er ja selbst Zeit für seine Sachen brauchte, doch egal, wie logisch das Gehirn auch dachte, das Herz machte doch immer, was es wollte. Also musste ich hier, an einem noch nicht Lev-infizierten Ort, diesen Aufsatz beenden. „Ich sag es mal so, Zuhause ist zu viel Ablenkung vorhanden." Ich versuchte mir meine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen und steckte die Nase wieder ins Buch. Austins Grinsen wurde jedoch noch breiter und er schnalzte anerkennend mit der Zunge. „Ich sag's dir, Alter. Zu viel Sex, ist nie zu viel." Peinlich berührt schüttelte ich den Kopf und versuchte das darauffolgende Kopf Kino zu unterdrücken. Ich war hier um zu arbeiten und nicht um mir vorzustellen, wie Levin mich laut stöhnend ritt. „Ist gut, ich hab's verstanden. Du solltest wieder gehen, das hier ist wichtig." Brummte ich und merkte schon, wie meine Wangen glühten. Austin lachte keck. „Ich will gar nicht wissen, was du dir jetzt vorgestellt hast." Ich verdrehte die Augen um mein eigenes Schamgefühl hinunterzuspielen. Einige Leute sahen uns schon komisch an, da Austin einfach ständig um sich brüllte. Er hatte es wohl selbst bemerkt und entschuldigte sich leise, dann beugte er sich zu mir und sprach leiser. „Aber irgendwie bin ich froh, zu wissen, dass auch du perverse Sexfantasien hat." Ich schnappte erschrocken nach Luft. „Wie bitte?!" zischte ich leise und nun verdrehte er die Augen. „Jetzt tu nicht so. Seit ich dich kenne war es, als hättest du an absolut niemanden Interesse, aber seitdem ich das mit deinem Lover weiß, kann ich förmlich sehen, was in deinem Kopf abgeht." Was in meinem Kopf abging? Ich biss mir auf die Lippe. Oh Gott, wenn er wirklich wüsste, was in meinem Kopf abging, dann würde er jetzt nicht mehr so locker davon sprechen. „Das bezweifle ich." Flüsterte ich prompt. Ich wand mich wieder meinem Laptop zu und wollte somit das Gespräch beenden, da es die falsche Zeit und definitiv der falsche Ort für solch ein Thema war. Ich kramte eine Wasserflasche aus meiner Tasche und nippte kurz daran. „Sag bloß, du stehst auf BDSM Zeug." Ich verschluckte mich an meinem Wasser und begann zu husten. Schnell hielt ich Austin den Mund zu und sah mich um. „Was wenn jemand das gehört hätte?!" fauchte ich ihn wütend an. Genervt packte ich meinen Kram zusammen und zog ihn aus der Bibliothek. Er würde eh erst Ruhe geben, wenn ich ihm seine beschissenen Fragen beantwortet hatte.

Wir setzten uns auf unsere übliche Bank, die etwas weiter abseits von allen anderen stand. Es war inzwischen schon sau kalt draußen, aber unter diesen Bedingungen, war dies der einzige Ort an dem man über Private Dinge sprechen konnte. „Also?" Er sah mich auffordernd an. „Also erst mal, Nein ich stehe nicht auf... BDSM zeug. Zumindest hatte ich noch nie damit zu tun." Murmelte ich und sah zu Boden. Man, war mir dieses Thema unangenehm. „..und außerdem denke ich, dass dich das überhaupt nichts angeht. Wie kommst du überhaupt auf sowas?" fragte ich sichtlich irritiert. Ich merkte, wie Austin sich verkrampfte. Er räusperte sich und schien seine Frage zu bereuen. „Spuck's schon aus!" Er schien irgendetwas zu wissen und wollte es mir anscheinend nicht sagen. Nun kratzte er sich verlegen am Nacken und sah mich aus dem Augenwinkel an. „ Amanda und ich kamen mal irgendwie auf das Thema, weil.. Naja irgendwie könnte man es Levin zutrauen, dass er .. du weißt schon... auf so was steht und dann noch die Sache, als Amanda euch erwischt hat. Sie meinte, dass dabei wohl was kaputt gegangen ist." Seine Stimme wurde immer leiser, da es ihm wohl selbst zu peinlich war, darüber zu reden. Und ich? Mir hatte es vollkommen die Sprache verschlagen. Wieso um alles in der Welt sprachen Amanda und Austin über mein Liebesleben?! „D-Das hat sie dir erzählt?!" fragte ich geschockt und er nickte langsam. „Ey man, wenn irgendwas sein sollte, dann kannst du es mir sagen. Ich bin für dich da, falls er dir wehtun sollte oder so." Er klopfte mir brüderlich auf die Schulter und ich starrte ihn verdattert an. „Es ist alles gut bei uns. Niemand tut jemanden weh." Brummte ich leise. Okay ganz stimmte das nicht. Ich hatte Levin die letzten Male etwas zu sehr beansprucht, das er hinterher kaum laufen konnte. Austin nickte wieder unsicher und behielt mich im Auge. „Wie ist es ..denn so?" er hatte mich das letztens schon einmal gefragt, doch wie sollte man es denn bitte beschreiben? Und warum mussten wir grade jetzt so ein Gespräch führen? Ich seufzte leise. „Keine Ahnung. Es ist anders, aber nicht schlechter als mit einer Frau." Für mich war es definitiv mehr, als nur nicht schlechter. Es war tausendmal besser, als mit einer Frau, aber das lag größtenteils an mir, da ich ja prinzipiell nicht auf Frauen stand. Jemand wie Austin könnte damit nicht so viel anfangen. „Aber du.. Ist es für dich nicht, wie mit einer Frau. Also du.. Er.. Es ist doch dasselbe Prinzip?" Er schien verwirrt zu sein und ich war zu verlegen um mir darauf einen Reim zu machen. Stattdessen drehte ich den Spieß um. „Wenn es für dich dasselbe Prinzip ist, heißt das ja, dass du es auch mit Typen machen könntest?" Damit hätte ich ihn wohl Schachmatt gesetzt, denn er schien damit nicht gerechnet zu haben und sah mich geschockt an. „A-Aber wenn es eh dasselbe Prinzip ist, wieso sollte man es dann nicht gleich mit einer Frau machen?! Denk doch nur an ihre Titten. Große, Weiche Brüste, die förmlich danach schreien angefasst zu werden." Säuselte er Gedankenverloren und ich schluckte nervös. Wahrscheinlich war jetzt nicht der richtige Moment, zu beichten, dass Brüste für mich der größte abturner von allen war. „Ich verstehe dich nicht, Nic!" er packte mich am Kragen und schüttelte mich förmlich durch. „Selbst die geilsten Weiber stehen auf dich und du bist mit diesem Angeber zusammen. Das ist pure Verschwendung!" Je öfter ich mit Austin zu tun hatte, desto weniger verstand ich ihn und seine Probleme. War er nicht letztens noch froh darüber? Ich schlug seine Hand von mir weg und zupfte mein Oberteil zurecht. „Ich bezweifle, dass es hierbei wirklich um mich oder meine Vorlieben geht. Also was ist das wahre Problem?" Austin seufzte ergeben und fing an zu schmollen. „Ich wollte letztens ne Kleine aus deinem Seminar abschleppen und sie meinte, dass sie nur mit mir schläft, wenn du dabei bist." Perplex starrte ich ihn an. „Du meinst.." Er nickte niedergeschlagen. „Ein Dreier, Nic! Ein verdammter Dreier! Ich hätte Normalerweise nichts dagegen gehabt, aber ich hatte schiss, dass du mir meine Anal-Jungfräulichkeit nimmst." Das hatte er jetzt nicht echt gesagt, oder? Okay, das war definitiv zu viel, für einen Tag. Ich hatte wieder einmal entdeckt, wie bescheuert mein Freund eigentlich war. „Du bist ein Idiot." Ich stand auf und nahm meine Tasche. Ich würde für den restlichen Tag weiter an meinem Aufsatz schreiben und dieses Gespräch einfach vergessen. „Sei nicht sauer, Nic! Auch ich habe meine Prioritäten, egal wie wundervoll ich bin! Nic! Warte!"

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt