Nicolais POV
Nach meinem jämmerlichen Gefühlsausbruch, war ich zu einem Häufchen Elend zusammengerollt auf dem Badezimmerboden in einen traumlosen Schlaf geglitten, der schon fast an eine Bewusstlosigkeit herankam. Ich fühlte mich gerädert und konnte mich kaum bewegen, als ich durch ein leises Klopfen geweckt wurde. „Ich will ja nicht stören, aber ich muss pissen." drang Damians Stimme durch die Tür und mir stieg die Schamesröte ins Gesicht. Schnell rappelte ich mich auf und ignorierte dabei mein Spiegelbild, dass mir vor Augen hielt, wie beschissen ich aussah, öffnete die Tür und rauschte schnell an ihm vorbei. Ich wollte nicht, dass mich jemand so sah. Wollte mich noch nicht mal selbst betrachten und schloss mich wieder, in Damians/ Meinem ausgeliehenen Schlafraum, ein. Ich war wirklich froh, dass die Jungs mich in Ruhe ließen und keine Fragen stellten. Erst am späten Abend klopfte jemand an der Tür. „Willst du mit uns essen?" fragte Yano vorsichtig. Nein, wollte ich nicht. Trotzdem stand ich vom Bett auf und tapste benommen zur Tür. Man sah mir eindeutig an, dass ich geweint hatte und es mir alles andere als gut ging, doch es war mir inzwischen egal. Ich verspürte keinen Hunger und wollte allein sein, doch ich fühlte mich schlecht, dass ich meinen Kummer an den anderen ausließ. Ich öffnete als die Tür und blickte in das verwunderte Gesicht des Asiaten. Wer auch immer gesagt hatte, dass es nur kleine Asiaten gab, der hatte Yano noch nicht gesehen. Er war groß und wirkte sehr sportlich. Wahrscheinlich hatte er viel trainiert, um seinen Körper in dieses Stadium zu bringen, welches mehr als nur attraktiv war. Nicht mein Typ, aber dennoch attraktiv. Genau dasselbe galt für Damian, der jedoch im Vergleich zu Yano scheinbar nur Chips und Bier in sich reinkippen würde, wenn dieser ihn nicht dazu zwang vernünftig zu essen. „Es brennt! Yano! Es brennt!!" schrie Damian aufgebracht und wir stürmten in die Küche. Auf dem Herd war eine Pfanne, die ein kleines Feuer gefangen hatte. Das Essen darin schmorte traurig vor sich hin und Damian blickte uns hilflos an. „Nicht schon wieder." Hörte ich Yano genervt murmeln, ehe er Damian vom Herd wegzog und wie ein unartiges Kind in die Ecke schickte, damit er ja nichts anfasste. Wir hatten Glück, dass das Feuer leicht zu bändigen war und durch den Deckel erstickt wurde. Wir lüfteten die Wohnung und bestellten uns im Endeffekt eine Pizza. „Ich bin keine drei Sekunden weg und du fackelst fast die Wohnung ab." Blaffte Yano und Damian senkte bedröpelt den Kopf. „Ist doch nicht meine Schuld wenn du das Essen unbeaufsichtigt lässt." Gab dieser frech wieder und Yano's Augen blitzten. „Deswegen hab ich dir gesagt du sollst aufpassen." Damian verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte. „Was lässt du mich auch allein mit dem Essen?!" keifte er und zog sich bockig die Schuhe an, um anschließend unsere Pizzen abzuholen.
„Wie geht's dir?" fragte Yano, kaum hatte Damian die Wohnung verlassen. Wir setzten uns auf die Couch und er sah mich mitfühlend an. Ich mochte ihn. Er wirkte nett und wesentlich ruhiger, als erwartet. Er hatte, ähnlich wie Tristan, eine beruhigende und Autoritäre Wirkung auf andere, was mich erleichterte. Ich wüsste nämlich nicht, was ich tun sollte, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. „Gut.." murmelte ich, doch ich konnte ihm nichts vormachen. Jeder Blinde hätte gesehen, dass es mir beschissen ging. Anfangs konnte ich die anderen und somit auch Ivan täuschen, doch die Müdigkeit brachte mich zum schwächeln. „Und jetzt die Wahrheit?" er hob eine Augenbraue und wartete auf meine Antwort. „Ich.. bin einfach nur müde." Gestand ich wahrheitsgemäß und wich seinem besorgten Blick aus. Ich wollte irgendwie das Thema von mir lenken und entdeckte die Foto-Collage an der Wand. Es waren sehr viele vereinzelte Bilder und mir fiel auf, dass Damian und Yano auf fast allen zusammen drauf waren. Selbst auf denen, die schon einige Jahre alt wirkten und deuteten auf eine lange Freundschaft hin. „Wie lange kennt ihr euch schon?" fragte ich neugierig und ignorierte seinen misstrauischen Blick, den er mir zuwarf. Ich ging näher auf die Bilder zu und beachtete jede Geste und jede Mimik, die abgebildet waren. Bilder von wilden Partys, lustigen Momenten und schönen Erinnerungen hafteten an dieser Wand und ließen den Betrachter einen Einblick in das Leben, dieser jungen Männer, werfen. „Hmm. Es müsste inzwischen um die dreizehn Jahre sein. Vielleicht mehr oder weniger." Nuschelte Yano und wirkte tief in den Gedanken. Er schien sich an eine Zeit zu erinnern, die ihn sanft lächeln ließ. Erstaunt riss ich die Augen auf und entdeckte zeitgleich ein Foto, auf dem zwei Jungen, im Alter von vielleicht Zwölf Jahren waren. Wow, das war irgendwie unglaublich. Es gab nur wenige, die solange eine Freundschaft führten und sich noch nicht zerfetzt hatten. „Heiiiiiiiiß!" Ein gequälter Damian stolperte zur Haustür herein, mit drei aufeinandergestapelten Kartons, die ihm sichtlich die Hände verbrühten. Yano verdrehte genervt die Augen, doch ich konnte sein Grinsen erkennen, das er mühevoll zu verstecken versuchte. Nachdem wir gegessen hatten, schmückten Yano und ich Wohnung, passend zur Weihnachtsstimmung, während Damian die Beine auf der Couch lang machte und sich einen Actionfilm reinzog. „Du könntest ruhig mithelfen." Maulte Yano ihn an, doch Damian dachte nicht im Entferntesten daran, auch nur einen Finger zu krümmen. Wütend fingen die Beiden an zu diskutieren und brachten mich damit das Erste Mal wieder zum Lachen. Also wirklich zum Lachen. Es war einfach zu ulkig, ihnen zuzuschauen.
Ich genoss die Zeit mit den Beiden, doch je später es wurde, desto eher musste ich mich wieder den Albträumen widmen und das machte mir Angst. Zu wissen, dass man sich vor dem Traum, aber nicht hinter dessen Bedeutung fürchtete, war als wäre man schutzlos ausgeliefert. Ich konnte also nicht verhindern, dass ich wieder schweißgebadet im Bett aufwachte und mich schluchzend zusammenrollte. Ich wollte nichts mehr davon sehen oder hören, sondern einfach nur in Ruhe Schlafen. Doch mir blieb der Wunsch verwehrt und so lag ich hier und wartete darauf, dass die Zeit verging. Ich lauschte dem leisen ticken der Uhr und zählte die Sekunden mit. Tic Tac Tic Tac Tic Tac.. es war unerträglich. Ich hörte plötzlich ein lautes poltern und erschrak. Was war das? Auf leisen Sohlen tapste ich zur Zimmertür. Sollte ich nachgucken gehen? Normalerweise starben die Leute aus Levs Lieblingsfilmen immer, wenn sie einem Geräusch hinterher gingen und ich war mir nicht mehr sicher, ob dies eine gute Idee war. Andererseits wollte ich wirklich wissen, was das war. Ich überwand meine Bedenken und ging ins Wohnzimmer, blieb jedoch abrupt stehen und beobachtete mit glühenden Wangen das Geschehen. Erst erkannte ich nicht genau, wer, wer war, doch als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, wurde alles klar. Damian presste Yano gegen die Wand und begann, ihm das Shirt auszuziehen. Mit geschickten Händen hob er ihn hoch und Yano's Beine schlangen sich ohne zu zögern um Damians breite Hüfte, die er gierig auf und ab bewegte. Sie hatten während dem wilden geknutschte eine Vase umgeschmissen, welche dieses Poltern, von eben, ausgelöst hatte. Schnell legte ich den Rückwärtsgang ein, stieß dabei jedoch an den Lichtschalter, der auf einmal ansprang und den Raum hell erleuchtete. Schnell stieß Yano seinen Gegenüber von sich und zog sich sein Shirt wieder an. Ein grummeln kam von Damian, als ihm klar wurde, dass ich Yano wohl vergrault hatte. Mit einem „Du schläfst heute auf der Couch!" ging dieser zurück in sein Zimmer und hinterließ einen mehr als erregten Damian und meine Wenigkeit, die mehr als peinlich berührt war. „S-Sorry.." nuschelte ich verlegen und erntete einen grimmigen Blick. Seufzend schmiss er sich auf die Couch und deutete mir, das Licht wieder auszuschalten. Ich hätte das nicht sehen sollen. Meine eigene Erregung erinnerte mich wieder einmal schmerzlich daran, dass Lev nicht hier war.
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See You Again (Band 1)
Любовные романыWährend der neunzehnjährige Nicolai fest davon überzeugt ist, dass eine Beziehung mit dem Vier Jahre älteren Levin durchaus möglich ist, hat dieser mit ganz anderen Problemen zu tun. Wie führte man überhaupt eine Beziehung? Woher wusste man, wie Li...