Kapitel 8.

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Nicolais POV

Es war schon kurz nach 22 Uhr, als ich vom Konzert nach Hause kam. Amanda und ich hatten auf dem Rückweg nicht wirklich viel miteinander gesprochen. Sie hatte mir nur kurz erzählt, dass es ein schöner Abend für sie war, obwohl sie sich mehr Zeit mit mir erhofft hatte. Wir standen im Hausflur und wussten beide nicht so genau, wie wir uns voneinander verabschieden sollten. „Nicolai, Ich muss dir etwas gestehen." Sie stand schon vor ihrer Haustür, drehte sich aber noch einmal zu mir um. „Ich fand den Tag wirklich toll und bin sehr froh, dass du mich eingeladen hast, dennoch hatte ich es mir mehr als ein, naja.. Date vorgestellt." Sie wirkte niedergeschlagen und ich fühlte mich ein wenig schuldig. Ich kratzte mich nervös am Nacken und wusste nicht genau, was ich sagen sollte. „Tut mir leid, Ich.." doch sie unterbrach mich und lächelte sanft. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich mag dich Nicolai, wirklich, ich komme gut mit dir klar und deine Anwesenheit beruhigt mich sehr. Es macht Spaß, mit dir zu arbeiten und etwas zu unternehmen. Wie du sicher gemerkt hast, ist meine Zuneigung zu dir etwas anders als deine zu mir. Das ist aber nicht deine Schuld, sondern meine." Sie holte kurz Luft und lächelte mich wieder an, doch ihre Augen wirkten so unglaublich traurig. Ich wollte irgendetwas Tröstendes sagen, irgendwas, was sie wieder richtig Lächeln ließ. Doch auch mir war bewusst, dass es nur eine Sache gab, die sie unbedingt hören wollte und die konnte ich ihr nicht sagen. Egal wie sehr ich Amanda auch mochte, ich konnte nicht so tun, als würde ich sie lieben. Das wäre ihr gegenüber nicht fair. Sie wischte sich unauffällig die Tränen fort, die sich in ihren Augen gesammelt hatten. Es zerbrach mir das Herz, sie so zu sehen. Ich schloss sie in meine Arme hörte sie schluchzen. Vorsichtig tätschelte ich ihren Kopf und versuchte sie zu beruhigen. Es gab viele solcher Momente. Momente in denen ich mir immer wieder dachte „Wäre ich doch nur Hetero!" oder „Vielleicht verliebe ich mich ja in sie, wenn wir erst zusammen sind!" Doch die Vergangenheit hatte mir mehr als nur deutlich gemacht, dass ich einfach nicht mit Frauen zusammen sein konnte. Ich konnte mit ihnen zusammen Lachen, Spaß haben und glücklich sein. Ich konnte sie auch Küssen, in den Arm nehmen und mit ihnen Schlafen, aber sobald die Frage „Liebst du mich?" auftauchte, krampfte sich in mir alles zusammen und ich hatte das Gefühl, nicht nur sie sondern auch mich selbst betrogen zu haben.

Wir standen eine Weile noch da und umarmten uns einfach. Ab und zu strich ich noch über ihr weiches Haar und beruhigte sie. „Es ist nicht deine Schuld." Flüsterte ich ruhig und dachte mir insgeheim, dass alles meine Schuld war. Ich hatte im Laufe der Zeit gelernt, dass man seine Sexualität nicht aussuchen konnte, dennoch war es meine Schuld ihr nicht von Vornherein verdeutlicht zu haben, dass ich Schwul war. Es war meine Schuld, dass sie jetzt weinte und unglücklich war, also musste ich es wieder grade biegen. „Es ist nicht deine Schuld, sondern Meine. Okay?" flüsterte ich erneut und sie wand sich aus meiner Umarmung. Irritiert sah sie mich an. „Wieso sollte es deine Schuld sein?" fragte sie verwundert. „Hast du etwa schon eine Freundin?" Natürlich ging Amanda davon aus, dass ich auf Frauen stand. Wieso auch nicht, schließlich war das Normal. Ich war hier der Einzige, der abnormal war. Ich seufzte ergeben und war bereit, ihr von meiner Sexualität zu erzählen. Es war endgültig an der Zeit, die Karten vor meinen Freunden offen zu legen. „Die Sache ist die, ich bin.." Ich schluckte. Nervös sah ich mich um, denn ich hatte plötzlich diesen Paranoiden Gedanken, dass die gesamte Nachbarschaft mich hören konnte. Ich trat näher an sie heran und flüsterte es ihr ins Ohr. „Ich bin Schwul."

Sie reagierte anders, als ich erwartet hatte. Geschockt? Irritiert? Verärgert? Wahrscheinlich alles zusammen. Denn ehe ich mich versah, landete ihre Hand in meinem Gesicht und ein brennen zog durch meine linke Gesichtshälfte. Ihr liefen neue Tränen übers Gesicht und ich verstand die Welt nicht mehr. „Ich dachte du wärst nicht so wie die anderen Typen! Wenn du mich nicht magst oder schon eine andere hast, dann sag es doch einfach, aber lüg mich nicht an!" schrie sie mir ins Gesicht und floh in ihre Wohnung.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt