Kapitel 34.

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Levins POV

Ich hasste Flugzeuge. Ich hasste sie wie die Pest. Die ganze Zeit mit ein paar Vollidioten in der Luft gefangen zu sein, war ätzend. Ich atmete erleichtert aus, als ich endlich wieder am Boden war. Ich hatte die letzten Tage durchgeschuftet und war nun mit der letzten Maschine zurück geflogen. Ich schaltete mein Handy direkt wieder ein und ahnte schon, was auf mich zukam. David war wütend. Sehr wütend. Ich war einfach so gegangen, ohne ihm Bescheid zu sagen. Ich hatte zig Nachrichten von ihm und Trist. Ich wollte das Handy grade zurück in die Tasche stopfen, als es klingelte. „Was glaubst du da zu tun?" Tristans Stimme klang ruhig. Ruhiger als gedacht, was wohl daran lag, dass David für alle zusammen wütend auf mich war. „Was ich mache geht euch nichts an. David hat selbst gesagt, das morgen ein freier Tag für uns ist." Brummte ich desinteressiert und versuchte nebenbei ein Taxi zu erwischen. „Ich bezweifle, dass Nicolai jetzt noch wach ist. Du hättest auch bis nachher warten können." Ich klemmte mir das Handy zwischen Schulter und Ohr fest, um mir eine Kippe anzuzünden. Erleichtert blies ich den warmen Rauch aus. Noch so eines Sache, die ich an Flugzeugen hasste. Man durfte nicht rauchen. „Ich hab nen Schlüssel." Murmelte ich und versuchte es ein wenig herunterzuspielen. Um ehrlich zu sein, war ich echt Stolz darauf, einen Schlüssel zu Nics Wohnung zu haben. Ich merkte, dass selbst Tristan erstaunt nach Luft schnappte. „Wow. Er scheint dir ja echt zu vertrauen. Also ich würde dir keinen Schlüssel zu meiner Bude geben." Ich wusste, dass er mich aufziehen wollte, doch ich hörte schon nach dem ersten Satz gar nicht mehr richtig zu. Nicolai vertraute mir. Ich wollte zu ihm, so schnell es nur ging. „Ich brauche keinen Schlüssel, um in dein Haus zu kommen." Sagte ich keck und legte auf. Ich ignorierte die Nachrichten von David und versuchte Nic anzurufen. Auch wenn ich ihn damit wecken würde, ich wollte seine Stimme hören. Ich stellte mir vor, wie verdutzt er auf sein Handy schauen würde, wenn er meinen Namen auf dem Display sah. Er war bestimmt todmüde und würde sich bei mir beschweren, dass er morgen Unterricht hätte. Ich musste bei dieser Vorstellung grinsen. Nachdem mir mein Handy mit einem nervigen getute deutlich machte, dass die Leitung belegt war, verschwand mein Grinsen. Mit wem Telefonierte er jetzt denn noch? Ich zuckte mit den Schultern und steckte das Handy wieder weg. Vielleicht hatte er versucht mich anzurufen? Ich würde es ihm irgendwie zutrauen. Nachdem ich endlich ein Taxi erwischt hatte und noch über einer Stunde fahrt vor mir hatte, versuchte ich erneut, ihn anzurufen. Immer noch belegt. Hatte er etwa vergessen aufzulegen und war eingeschlafen.

Es war nun kurz nach Vier und ich stand schon so gut wie vor seiner Haustür. Drinnen brannte noch Licht. Was zum?! Es war unmöglich, dass er jetzt noch wach war. Hatte er die letzten Tage nicht ständig gesagt, dass er in der Uni noch so viel zu tun hatte? Ich stieg langsam die Treppen hinauf und kramte den Schlüssel aus meiner Tasche. Irgendwie hatte ich ein merkwürdiges Gefühl bei der Sache. Langsam drehte ich den Schlüssel im Schloss um und öffnete die Tür.

„Ach was! So schlecht warst du nun aber auch nicht." Hörte ich Nicolai erleichtert sagen. Ich lugte ins Wohnzimmer und sah ihn auf der Couch sitzen. Er war in eine Decke eingewickelt und saß mit dem Rücken zu mir. Er hatte mich bis jetzt wohl noch nicht bemerkt, was vielleicht auch gar nicht so schlecht war. Ich kam von hinten auf ihn zu und lehnte mich an die Rückseite der Couch. Er fing leise an zu lachen, da die Person am anderen Ende wohl was ach so witziges erzählt hatte. „Irgendwie bin ich froh, dass du mein erster warst. Ich glaub ich hätte echt Panik bekommen, wenn ich vor Levin noch Jungfrau gewesen wäre." Flüsterte Nic erleichtert. Ich stand noch immer hinter ihm und fühlte mich merklich unwohler. Er sollte aufhören mit dieser Person zu reden. Ich wusste nicht wieso, aber es machte mich wütend, dass er so lange mit seinem Ex telefonierte. Und was sollte das bedeuten, er wäre froh sein erstes Mal mit jemand anderem als mir gehabt zu haben. Ich lehnte mich langsam zu ihm herüber und pustete ihm ins Ohr. Nic sprang vor Schreck von der Couch auf, landete laut polternd auf dem Boden und warf dabei das Handy quer durch den Raum. „HEILIGE SCHEIßE!" geschockt starrte er mich vom Boden an, woraufhin ich ihm kurz zuwinkte. „Guten Morgen." Er sah mich an, als wäre ich ein Geist. Vorsichtig rappelte er sich auf und versuchte ich zu sammeln. „D-Du.. was machst du hier? Ich mein du solltest nicht hier sein? Seit wann bist du..?" Während er verwirrt vor sich hin brabbelte, hob ich sein Handy vom Boden auf und beendete den Anruf. „Wieso hast du nicht gesagt, dass du kommst?" Soso. Er hatte sich also dazu entschlossen mir grade diese Frage zu stellen? Wow. Ich versuchte nicht völlig auszurasten und atmete einmal tief durch. „Wenn ein gewisser jemand nicht bis Vier Uhr morgens am Telefonieren gewesen wäre, dann hätte ein gewisser Jemand auch mitbekommen, dass ich schon mindestens Vier Mal bei dieser gewissen Person angerufen habe." Meine Stimme klang wesentlich ruhiger, als erwartet. Nicolais Augen weiteten sich und er stand nun panisch auf. „V-V-Vier? Es ist schon Vier?!!!" Ich hielt ihm sein bescheuertes Handy entgegen, doch als er im Begriff war, es anzunehmen, entschied ich mich anders und steckte es in meine Hosentasche. „Was soll das? Komm schon, gib mir mein Handy." Er sah mich verdutzt an und kam einen Schritt auf mich zu, doch das konnte er vergessen. „Du benutzt es eh nicht sinnvoll, also brauchst du es nicht." Brummte ich entschlossen und wich ihm kurz darauf aus. „Das ist nicht witzig, gib es her." Jammerte er und versuchte es aus meiner Hose zu fischen. Witzig? Ich fand das hier genauso wenig witzig, wie er. Scheinbar war ihm nicht klar, in welcher Lage er sich befand. Ich war so sauer, wie schon lange nicht mehr und wusste noch nicht einmal wieso. Ich hätte ihn am liebsten eine reingehauen. Stattdessen ließ ich meinen Ärger an dem verfickten Handy aus, welches Nic anscheinend so unglaublich wichtig war. Ehe er mich erwischen konnte, hatte ich die Tür geöffnet und stand auf dem Treppengeländer. „Du willst den Scheiß? Dann hol es dir..." Ich warf es im hohen Bogen vom Geländer und konnte nur noch erahnen, wie es laut zersprang. Es war noch Stockdunkel draußen, aber eines wussten wir beide ganz genau. Mit seinem Ex konnte er damit nun nicht mehr Telefonieren. „Verdammt! Was sollte das?!" flüsterte Nic aufgebracht, um die Nachbarn nicht zu stören. Ich drehte mich noch ein letztes Mal zu ihm um und blickte ihn finster an. „Wenn du ihn so sehr vermisst, dann Steig mit ihm doch wieder in die Kiste!" schrie ich ihn wütend an. Dann ging alles ganz schnell. Ich spürte einen beißenden Schmerz in meiner rechten Gesichtshälfte und hielt mir die Wange. Fuck tat das weh. Die bisherigen Ohrfeigen waren nichts, im Vergleich zu dieser. Ich war kurz davor, auf ihn loszugehen, als ich seinen Blick sah. Alles in mir zog sich zusammen, als ich die Tränen in seinen Augen erkannte. Tränen, die ich verursacht hatte? „Wann..? Wann habe ich dir jemals einen Grund gegeben, mir zu misstrauen?!" schrie er mich gequält an und ich zuckte zusammen. Bevor ich auch nur noch ein Wort sagen konnte, hatte er die Tür hinter sich zugeschlagen und ließ mich im kalten Stehen.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt