Kapitel 37.

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Nicolais POV

Ich war sauer. Immer noch. Trotzdem konnte ich nicht aufhören, fasziniert auf den Fernseher zu starren. Das Interview hatte vor gut Zehn Minuten angefangen und ich saß mit heißem Kakao und einer Decke auf der Couch. Es war das erste Mal, das Levin und die anderen in einer so großen TV-Show Interviewt worden waren, weswegen ich aufgeregt den Bildschirm beobachtete und meine Wut bei dem Klang seiner Stimme immer kleiner wurde. „Wie sieht's mit euch beiden aus? Gerüchte besagen, dass ihr bald Heiraten wollt." Wendete sich der Moderator an Tristan und Jenna. Bei dem Gedanken an eine Hochzeit, zog sich meine Brust zusammen. Ich würde wohl nie die Gelegenheit haben, zu Heiraten. Auch wenn es mein Wunsch war. Ich bekam nur halb mit, wie die beiden dieses Gerücht verneinten, jedoch nichts gegen diesen Vorschlag hätten.

Würde ich dort an ihrer Stelle sitzen, ich hätte keinen Schimmer was ich tun sollte. Ich wäre vor Aufregung kaum ansprechbar, doch keinem von ihnen konnte man etwas ansehen. Lev saß lässig in einem der schwarzen Ledersessel und spielte mit seiner Kette rum, Alec flirtete dezent mit der Co-Moderatorin, während Tristan möglichst höflich irgendwelche Missverständnisse aus der Welt schaffte und Jenna, als Moralische Unterstützung, seine Hand hielt. Ich schielte zu meinem Handy hinüber und öffnete Levs Nachrichten, die er mir seit unserer Auseinandersetzung geschickt hatte. Es fing an mit Bist du noch sauer? Und endete mit einem Es tut mir leid.

„Was ist mit euch beiden? Ihr habt doch bestimmt eine Freundin, die in diesem Moment vor dem Fernseher sitzt und euch die Daumen drückt!" Die Stimme des Moderators drang in mein Bewusstsein und ich horchte auf. Lev und Alec sahen sich an, fingen dann jedoch zeitgleich an zu lachen. „Eher nicht. Levin ist nicht der Typ für Beziehungen und ich habe momentan kein Interesse an was festes." Witzelte Alec, woraufhin Tristan laut loslachte. „Du meinst es wohl eher andersherum." Brummte Lev amüsiert und ich sackte tiefer in die Sofakissen. Natürlich war mir klar, dass er niemals öffentlich zugeben würde, dass wir zusammen waren, aber das bedeutete nicht, dass es nicht wehtat. Ich sollte es mir nicht so sehr zu Herzen nehmen, schließlich war unsere Beziehung nicht Normal und wir würden niemals damit offen umgehen können. Noch dazu war er berühmt und ich nur ein Student, der noch nicht mal mehr sicher war, was er da tat. Ich hatte zwar eine positive Rückmeldung vom Prof. bekommen, doch momentan war ich mir nicht mehr sicher, wie meine Zukunft aussehen sollte. Natürlich wollte ich das Studium nicht sausen lassen, aber ich wusste nicht, ob ich schon für die Praxis bereit war. In diesem Punkt beneidete ich Levin. Er war so Selbstsicher, in allem was er tat. Er dachte nicht großartig nach, sondern legte einfach los und machte alles perfekt. Ich wollte mich nicht beschweren, aber es war manchmal einschüchternd. Früher hatte ich von ihm geträumt, mir vorgestellt, wie er wohl war, was er mochte, was er nicht mochte oder was er von mir hielt. Doch jetzt, war alles viel schwieriger. Er hatte seine eigenen Ziele und Träume, die sich weit von meinen abhoben. Er wusste was er wollte, ich nicht. Seit wann war ich so verunsichert? Gedankenverloren biss ich mir auf die Unterlippe, bis ich das Blut auf der Zunge schmeckte. Er hatte selbst gesagt, dass wir uns beide auf unsere Arbeit konzentrieren sollten, aber was bedeutete das für uns?

Noch bevor ich wusste, was ich tat, wischte ich über das Display meines Handys und öffnete eine neue Nachricht. Jetzt, wo er mitten im Interview war, konnte ich meine Antwort gut überdenken ohne mir Sorgen zu machen, was er grade tat. Er würde meine Nachricht erst sehen, sobald er wieder in seiner Garderobe war. Vielleicht auch sogar erst, wenn er wieder im Hotel war. Ich wusste nicht, ob es richtig oder falsch war, aber es war momentan das einzige, was für mich irgendwie Sinn ergab.

„Ich denke wir sollten das mit uns beenden."

Es fiel mir unsagbar schwer, auf Senden zu drücken, doch es war wahrscheinlich das Beste für uns beide. Ich wollte ihn nicht runterziehen und er wollte mich vor der Öffentlichkeit bewahren. Als ich mich endlich dazu überwunden hatte, diese blöde Nachricht abzuschicken, hätte ich heulen können. Es war nicht so, als wenn ich diese Entscheidung bereuen würde, viel mehr hatte ich Angst, auf seine Reaktion. Vielleicht hätte ich es ihm doch persönlich sagen sollen. Aber hätte ich das überhaupt zustande bekommen? Bevor ich mich auch nur ansatzweise meinen Sorgen hingeben konnte, erklang das vertraute piepen von Levs Handy, aus dem Fernseher. Sofort hefteten sich mich Augen auf den Bildschirm. Oh Nein. Absolut alle Augen richteten sich auf ihn und ich schalt mich dafür, vergessen zu haben, dass er sein Handy immer in der Hosentasche hatte. Und Natürlich, so dreist wie Lev auch war, las er die Nachricht, mitten im Interview, vor laufender Kamera, in die er zähneknirschend zu mir blickte. Zumindest hatte ich das Gefühl, als wenn er mir direkt in die Seele starrte. Abrupt stand er aus dem Sessel auf und wandte sich zum Gehen. „Sorry, aber es ist was Wichtiges dazwischen gekommen." Brummte er monoton und man konnte Tristan ansehen, wie gern er Lev in diesem Moment für sein Verhalten gewürgt hätte. Warte, Was?! Er ging, wegen meiner Nachricht?! Was hatte er vor?

Nur wenige Augenblicke später klingelte mein Handy und ich schmiss es beinahe auf den Boden. Levin. Ich bekam Panik und drückte ihn schnell weg. Was sollte ich bloß tun? Was hatte ich getan?! Aufgewühlt lief ich im Zimmer auf und ab und war kurz davor durchzudrehen. Mein Handy klingelte erneut, woraufhin ich nicht wirklich anders reagierte, als zuvor. Bevor er mich erneut anrufen konnte, schnappte ich mir Jacke und Schuhe und verschwand aus der Wohnung. Mir fiel nur eine einzige Person ein, die mir irgendwie helfen konnte, und das war weder Austin, noch Amanda.

Es dauerte nicht lange, bis ich vor Kyles Tür stand. Zumindest hoffte ich, dass es Kyles Haustür war. Es war schon eine ganze Weile her, seit ich das letzte Mal hier war. Was wenn er umgezogen war? Ehe mein Kopf endgültig platzte vor lauter Sorgen, öffnete sich die Tür und eine Wand aus Muskeln baute sich vor mir auf. Er überragte mich zwar nur minimal, trotzdem wirkte er gigantischer. Seine grauen Augen starrten mich eisig an und ich wich einen Schritt zurück. „T-Tut mir leid. Ich habe mich wohl an der Tür vertan.." Ich schluckte, versuchte mir mein Unbehagen jedoch nicht anmerken zu lassen. Der Pitbull vor mir, verschränkte die Arme vor der Brust und inspizierte mich kritisch. „Kommt drauf an, wo du hin willst." Bei seiner düsteren Stimme zog sich alles in mir zusammen und ich hätte am liebsten die Flucht ergriffen, wäre Kyle nicht an ihm vorbei gerutscht, um zu gucken, wer an der Tür war. „Nicolai?!" Überrascht ging er auf mich zu und umarmte mich stürmisch. „Was machst du denn hier?" Der Pitbull schien mich mit seinem Blick aufzuschlitzen und ich zwang mich vorsichtig aus der Umarmung. „Ähm.. Ist nicht so wichtig. Ich g-geh besser wieder." Kyle sah mich verwundert an, bemerkte dann wie ich unsicher zur Tür sah und drehte sich abrupt um. „Geh wieder rein. Und hör auf, meine Freunde zu verschrecken!" keifte er woraufhin der Pitbull nur die Augen verdrehte und in der Wohnung verschwand. „Kyle, Sag bloß das ist dein..F-Freund?" Ich traute mich kaum, diese Frage auszusprechen, doch meine Befürchtung wurde bestätigt, indem der sonst so brave Kyle rot wurde und langsam nickte. „Ja, das ist Dexter. Er ist nicht ansatzweise so bedrohlich, wie es auf den ersten Blick aussieht." Ich nickte unsicher, konnte ihn jedoch kein bisschen ernst nehmen. Der Kerl sah aus, als wenn er grade aus dem Knast ausgebrochen war. „Komm doch erst mal rein. Es muss irgendwas passiert sein, dass du urplötzlich vor meiner Tür stehst, ohne vorher Bescheid zu geben."

Langsam folgte ich ihm in die Wohnung und sah mich bedacht um, diesem Dexter nicht noch einmal in die Arme zu laufen. So an sich hatte sich kaum was verändert. Abgesehen von einem neuen Fernseher, schien alles beim alten zu sein. „Fühl dich wie Zuhause. Wenn du was essen willst, dann kannst du dir ruhig was aus der Küche nehmen. Dexter hat Lasagne gekocht." Zufrieden tapste er ins Wohnzimmer und setzte sich zu besagten Dexter auf die Couch.

Das konnte ja noch heiter werden.

See You Again (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt