Kapitel 58

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58. Kapitel

Es klingelte und ich warf hektisch einen Blick auf die Uhr über meinem Schreibtisch. Das Klingeln kam nicht von der Haustüre, was bedeutete, dass es nicht Liam sein konnte, der auf mich wartete, doch es war bereits fünf vor drei; lange würde es nicht mehr dauern. Suchend ließ ich den Blick durch mein Zimmer wandern und versuchte mich gleichzeitig auf das Geräusch des Klingelns zu konzentrieren. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, doch es kam aus Richtung des Sofas.

Lira, die auf eben diesem Sofa saß zuckte erschrocken zusammen und fischte dann mein Mobiltelefon zwischen ein paar Kissen hervor, um es mir zu reichen. Nick zeigte sich von alledem noch reichlich unbeeindruckt und malte seelenruhig sein Bild weiter, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Ich konnte ihn durchaus verstehen, denn er malte für meine beste Freundin, die er bewunderte seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Das war auch der Grund weshalb es überhaupt kein Problem gewesen war, sie für den heutigen Tag als Aufpasserin zu engagieren. Die beiden verstanden sich prima.

Ich drückte auf den grünen Knopf meines Telefons.

„Hallo?“

„Hi, ich bin’s.“

Diese Stimme würde ich überall wieder erkennen. Lira sah mich fragend an und ich formte mit den Lippen das Wort „Louis“. Sie grinste.

„Wie geht’s dir?“, erkundigte er sich.

Nervös warf ich einen Blick auf die Uhr über dem Schreibtisch, deren Zeiger unerbittlich weiter auf die zwölf zurückte. Allmählich wurde es Zeit, doch ich wollte meinen frisch gekürten Freund nicht einfach so abwimmeln.

„Mir geht’s gut“, antwortete ich deshalb. „Und dir?“

„Auch“, er räusperte sich. „Hör mal, ich wollte fragen, ob du vielleicht Lust hast irgendwas zu unternehmen?“

„Oh.“

Mehr brachte ich zunächst einmal nicht heraus, während ich meinen Kopf fieberhaft nach einer möglichst glaubwürdigen Ausrede durchforstete. Mittlerweile war ich sogar richtig gut darin. Meine Eltern glaubten noch immer, dass ich an einer Art Kunst AG teilnahm und deshalb erst so spät von der Schule nach Hause kam. Zayn zwang mich praktisch dazu, ständig neue Ausreden zu erfinden und meine Freunde und Familie anzulügen. Es war nichts worauf man stolz sein konnte.

„Lira ist grad bei mir“, erklärte ich und wie um das zu bestätigen, grüßte sie kurz. „Wir wollten heute shoppen gehen und vielleicht noch was essen. Ich hab’ sie in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt.“

Vielleicht sollte ich demnächst eine Website eröffnen für Leute, die dringend nach Ausreden suchten, weil sie in irgendeine seltsame Gang geraten waren. Meiner Meinung nach machte ich das nämlich ziemlich gut.

„Achso, okay“, Lou klang ziemlich enttäuscht. „Dann will ich euch mal nicht länger stören. Wir sehen uns ja dann in der Schule. Sag Lira schöne Grüße von mir!“

Noch bevor ich mich von ihm verabschieden konnte, hatte er auch schon aufgelegt und einmal mehr nagte das schlechte Gewissen an mir. Ich seufzte und richtete Lira die Grüße aus, bevor ich mich auf mein Bett warf und den Kopf in meinem Kissen vergrub. Meine Beziehung zu Lou hatte schon jetzt einiges auszuhalten und das obwohl wir erst seit so kurzer Zeit zusammen waren. Förderlich war das bestimmt nicht.

„Warum hast du ihn angelogen?“, bohrte Lira sofort nach.

Ich grummelte und hob meinen Kopf ein Stückchen um sie besser sehen zu können.

„Wegen Zayn.“

Als sie nichts darauf erwiderte und mich weiterhin fragend ansah, fügte ich hinzu: „Louis ist in der Hinsicht sowieso schon misstrauisch und wenn ich ihm jetzt erzähle, dass ich heute mit Zayn zu diesem Workshop gehe…“

„Aber meinst du nicht, dass er noch misstrauischer wird, wenn du ihn ständig anlügst?“, unterbrach mich Lira.

Glücklicherweise kam ich nicht mehr in die Verlegenheit ihr eine Antwort geben zu müssen, da es in diesem Moment an der Tür klingelte. Schnell wickelte ich mir ein Tuch um den Hals, griff nach meiner Jacke die über der Lehne meines Schreibtischstuhls hing und gab Nick einen Kuss auf die Stirn.

„Ihr beiden macht das schon“, rief ich zuversichtlich und war eine Sekunde später schon die Treppe hinuntergesprintet.

Liam war mir noch immer etwas unheimlich und da ich wusste, was sein Chef von Unpünktlichkeit hielt, beeilte ich mich lieber ein bisschen mehr. Das Auto parkte direkt vor unserer Haustür und die Beifahrertür stand bereits offen. Scheinbar war Liam wirklich ein wenig ungeduldig.

Ich stieg ein und knallte die Tür ein wenig zu laut hinter mir zu, was mir direkt einen missbilligenden Blick von meinem Fahrer einbrachte. Verlegen griff ich nach dem Gurt und schnallte mich an, immer darauf bedacht, ihn möglichst nicht direkt anzusehen. Es war mir unverständlich, wie Niall mit so jemandem befreundet sein konnte, doch genau dasselbe dachte er vermutlich über mich und Lou.

„Wohin fahren wir genau?“, erkundigte ich mich und musste feststellen, dass meine Stimme klang, wie die eines verschreckten Kleinkindes.

Ich räusperte mich möglichst unauffällig.

„Herrenkrug“, brummte Liam.

Aus seiner eher wortkargen Antwort schloss ich, dass er nicht sonderlich an einem Gespräch interessiert war und starrte daraufhin stumm aus dem Fenster, während er sich weiter auf die Straße konzentrierte. Als wir die Marieninsel überquerten, musste ich wieder an meine Begegnung mit Harry denken und an die Forderung, die er gestellt hatte. Wer hätte gedacht, dass es mir so schwer fallen würde, mich an unsere Abmachung zu halten? Wer hätte gedacht, dass Zayn es mir so schwer machen würde?

Der einzig positive Aspekt war, dass Harry nun versuchen würde, ihn mir möglichst vom Hals zu halten, wobei ich seine Motivation noch immer nicht erkennen konnte. Hatte er Angst, dass ich eventuell etwas über die Brüder herausfinden könnte? Hatte er Angst, dass Zayn sich verplappern könnte? Ich war mir sicher, dass er irgendeine Information mit allen Mitteln vor mir geheim zu halten versuchte und genauso sicher war ich mir, dass ich nicht aufgeben würde, bevor ich endlich hinter dieses Geheimnis gekommen war. Es war der einzige Weg, mich von der Gang zu lösen, ohne zu großen Ärger befürchten zu müssen, mein Schlüssel in die Freiheit. Wenn ich es mir genau überlegte, kamen mir Harrys Bemühungen gar nicht mehr so seltsam vor.

Schon bald befanden wir uns wieder auf dem Festland und Liam schlug den Weg Richtung Hochschule ein. Ich kannte den Weg, da Liras ältester Bruder dort studierte und sie ihn ab und zu besuchte. Ein wenig ärgerte ich mich, dass ich mich vorher nicht noch mal im Internet schlau gemacht hatte, wo dieser Workshop nun tatsächlich stattfand, aber damit musste ich mich nun wohl oder übel abfinden.

Liam parkte das Auto am Straßenrand und erst jetzt bemerkte ich Zayn, der gemächlich auf uns zugelaufen kam, die Hände in den Hosentaschen seiner schwarzen Jeans und wie immer mit einem selbstbewussten Grinsen auf den Lippen. Auf dem Gehsteig standen bereits mehrere Leute in kleineren Gruppen zusammen und unterhielten sich angeregt. Einige von ihnen waren etwa in unserem Alter, andere schienen direkt von der Uni zu kommen und wieder andere hatten ihre Jugend offensichtlich bereits hinter sich gelassen. Ich schätzte die Gesamtzahl auf etwa fünfundzwanzig Personen.

Die Beifahrertür wurde geöffnet und ich war kurz ein wenig überrascht, als Zayn neben mir stand. Er grinste noch immer und hielt mir eine Hand hin, die ich seufzend ergriff.

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Das war ein ÜbergangsKapi ich weiß nicht sehr interessant ;)
mindestens 15Kommis :) bitte

HE (Zayn Malik FF)[wird Überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt