Kapitel 70

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70. Kapitel

Der nächste Morgen war grausam. Unsanft wurde ich von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen und noch bevor ich richtig wach war, wusste ich, dass mir etwas fehlte. Meine Erinnerungen drangen ans Tageslicht noch bevor dieses durch den kleinen Spalt zwischen den Vorhängen in mein Zimmer fallen konnte. Ich hatte nicht mehr versucht, Louis hinterher zu laufen und ich hatte auch nicht versucht, ihn anzurufen oder auf irgendeinem anderen Weg zu erreichen. Auch Zayn hatte ich nicht mehr gesprochen.

Komischerweise musste ich ständig an seinen überraschten Blick denken, als er von Lou und mir erfahren hatte. Scheinbar hatte auch er mir nicht zugetraut, so ein hinterhältiges Spiel mit den beiden zu spielen. Ich konnte es ihm nicht verübeln; nicht mal ich selbst hatte geglaubt, dass ich zu so etwas fähig war. Trotzdem hatte ich es getan und trotzdem musste ich feststellen, dass ich rückblickend nichts anders gemacht hätte.

Ich quälte mich mühsam aus dem Bett, verzichtete auf mein Frühstück, da ich nicht das Gefühl hatte, dass es meinem Magen besonders gut getan hätte, verschwand kurz ins Bad und verließ wenig später das Haus. Der Morgen war kalt und ein frischer Wind blies mir unbarmherzig ins Gesicht. Bis zur Bushaltestelle musste ich ein ganzes Stück laufen und so steckte ich mir dir Stöpsel meines mp3-Players in die Ohren und meine Hände in die Taschen.

Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass Andi heute nicht vor dem Schulhaus auf mich warten und mich mit einem Kuss und einer freudigen Umarmung begrüßen würde, die alle Kälte mit einem Schlag vertrieb. Stattdessen würden vermutlich Lira und Niall auf mich warten, die mir mitleidige Blicke zuwarfen und doch wussten, dass ich im Prinzip selbst schuld war an meiner Misere. Diesmal konnte ich Zayn nicht dafür verantwortlich machen. Ich fragte mich, ob er versuchen würde, mit Louis zu reden, ob er ihm die Situation erklären und sich entschuldigen würde. Insgeheim hoffte ich es.

Immer tiefer versank ich in meinen Gedanken, während ich allein und verlassen die Straße entlang schlenderte. Rechts neben mir befand sich der Kindergarten, dessen Fenster um diese Zeit jedoch noch leblos und dunkel vor sich hin starrten. In spätestens zwei Stunden würde hier die Hölle los sein und auch mein kleiner Bruder Nick würde kräftig mitmischen. Manchmal beneidete ich ihn darum, dass er noch so jung war. Für ihn war alles einfach. Für ihn gab es keinen Lou und erst recht keinen Zayn.

Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr und drehte mich instinktiv um. Die Scheinwerfer eines dunkelblauen Opels warfen ihr Licht auf den grauen Beton neben mir, während das Auto ungewöhnlich langsam die Straße entlang fuhr. Irgendetwas in mir trieb mich, schneller zu laufen, sodass ich meinen Schritt ohne ersichtlichen Grund beschleunigte. Den Kindergarten hatte ich nun hinter mir gelassen und ich konnte bereits die Bushaltestelle sehen.

Der Wagen fuhr inzwischen fast neben mir her, änderte jedoch nichts an dem langsamen Tempo. Ich versuchte mir einzureden, dass der Fahrer nur Rücksicht auf die Kinder nehmen wollte, doch diese schliefen allesamt noch friedlich in ihren Betten, statt wie ich in die Schule zu gehen. Mein Herz pochte mir bis zum Hals und in dem Moment als ich beschloss einen Blick zur Seite zu riskieren, fuhr der Opel auch schon an mir vorbei. Gerade wollte ich erleichtert ausatmen, als er ein paar Meter weiter vorne am Randstein hielt und die beiden hinteren Türen aufgerissen wurden. Ich drehte mich abrupt um und rannte.

Ein eiserner Griff hielt mich fest und eine Hand presste sich auf meinen Mund. Ich konnte mich nicht bewegen und somit auch nicht sehen, wer mich da soeben geschnappt hatte. Ich wusste nur, dass ich panische Angst hatte und versuchte mich aus dem Griff zu winden. Jemand zerrte mich zu dem Wagen, während ich lang gezogene, wimmernde Laute von mir gab. Es wurde kein Wort gesprochen.

Erst als ich mit dem Kopf voran auf die Rückbank gedrückt wurde, konnte ich in die Gesichter der beiden Männer sehen. Einer der beiden – der jenige der mich festgehalten hatte – war mir absolut unbekannt. Ich war mir sicher, ihm noch nie in meinem ganzen Leben begegnet zu sein. Abgesehen davon wirkte er eher unauffällig. Den anderen jedoch kannte ich.

HE (Zayn Malik FF)[wird Überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt