Kapitel 44

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte lag Sooho noch immer neben mir. So vollkommen ohne Stirnband sah ich seine Haare zum ersten Mal in ihrer natürlichen Form. Die Locken fielen ihm in die Stirn als ich mit meinem Zeigefinger die Konturen seiner Lippe nachfuhr. Erneut bemerkte ich diese atemberaubende Schönheit die ihn ausmachte. Er war vollkommen, perfekt und mein. Ich strich ihm eine Locke hinters Ohr und sah ihn glücklich an. Doch plötzlich packte er mein Handgelenk und ich schrie erschrocken auf. Ruckartig drehte er mich auf meinen Rücken und setzte sich auf mich. Nur wenige Sekunden später waren seine Lippen auf meinen. Ein leidenschaftlicher und verlangender Kuss, der mir meinen Verstand raubte. Seine Hände strichen über meinen Körper als ich meine Arme um seinen Nacken legte und ihn enger an mich zog. Ich spürte das Lächeln auf seinen Lippen als sich meine Hände in seinen Haaren verloren. Doch er löste sich plötzlich von mir und fuhr mit seinem Daumen über die Konturen meiner Lippe.

"Ich hätte ihn umbringen sollen, für das was er getan hat."
"Es ist alles in Ordnung."
"Nur ich sollte diese Lippen küssen. Sie gehören mir, ganz alleine mir."

Lachend schling ich meine Beine um seinen Oberkörper, was sich schwer gestaltete. Immerhin trug ich noch immer den Hanbok der aus einer Menge störendem Stoff bestand. Doch Sooho schien eine Idee zu haben. Ruckartig drehte er uns um sodass nun ich auf ihm saß und er mit dem Rücken auf die Kissen gedrückt wurde. Grinsend schob ich den sich aufplusternden Stoff zur Seite, stützte mich mit meinen Ellenbogen auf seiner Brust ab und legte mein Kinn auf meine Hände.

"Womit habe ich dich verdient? Ich habe so viel schlechtes in meinem Leben getan."
"Womit habe ich dich verdient? Ich habe die Frauen benutzt wie Spielzeug. So lange bis ich gefunden habe wonach ich immer gesucht habe."

Ich schmunzelte als er meine Lippen musterte.

"Lass uns heute Nacht nach draußen gehen."
"Was wollen wir schon wieder draußen?"
"Ich will hinter die Mauern. Ich will sehen woher du kommst."

Ich kicherte.

"Es ist nicht deine Welt. Du gehörst hier her."
"Ich gehöre zu dir. Ich gehöre dort hin wo du auch hingehörst. Ob hinter oder innerhalb der Mauern."

Ich spürte wie ein breites Lächeln auf meinen Lippen lag und ich wollte ihn gerade zurück in einen leidenschaftlichen und dringend gebrauchten Kuss ziehen als es an meiner Tür klopfte. Doch ich bewegte mich nicht, meine Lippen schwebten wenige Milimeter über seinen als die Tür aufging.

"Ich habe hier die Kräuter für dich und-"

Aro hielt inne als sie mich und Sooho erblickte.

"Tut mir leid... ich-"
"Nein, ist schon in Ordnung."

Ich setzte mich auf und legte meinen Kopf schief. Ich konnte genau erkennen wie sie sich ein Schmunzeln verkniff.

"Wie kann ich dir helfen?"
"Ich wollte deine Verbände wechseln."

Ich nickte als Sooho meine Stirn küsste und sich unter mir hindurch drückte. Er sprang aus meinem Bett und lief die Stufen hinab. Als er in der Tür stand blickte er nochmal zu mir zurück. Doch er sagte nichts. Er sah mich einfach nur schmunzelnd an bevor er im Gang verschwand und Aro die Tür hinter sich verschloss. Sie kam auf mich zu und stellte ihre Kiste auf die oberste Stufe bevor sie sich in mein Bett fallen ließ.

"Du siehst anders aus als damals."

Sie musterte mich, jeden Zentimeter von mir.

"Was meinst du?"
"Du siehst glücklich aus."

Ich nickte lachend.

"Ich bin glücklich."

Obwohl ich dachte das ich nie wieder glücklich werden könnte, nachdem was geschehen war, so war ich es. Zumindest ein großer Teil von mir. Sooho machte mich glücklich. Glücklicher als ich es jemals war und jemals hätte sein können. Hinter den Mauern wäre ich niemals so glücklich gewesen. Hier lag mein Schicksal, so wie es Mak-Moon gesagt hatte. Ein Mädchen ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Fand die Gegenwart. Doch ein kleiner Teil von mir würde wohl für immer in Trauer und Unglück leben. Aro hob meinen Ärmel an und kümmerte sich um die Wunde an meinem Oberarm bevor sie sich ebenfalls meiner Hand und meinem Bauch zuwandte. Es gab einiges zu verbinden, wobei das meiste davon bereits gut am verheilen war.

"Du solltest dich frisch machen bevor du zum Unterricht gehst."

Ich nickte, doch eine Frage brannte auf meinen Lippen. Eine Frage die ich mir schon seit einer Zeit stellte.

"Ich wollte dich etwas fragen."
"Natürlich."
"Magst du Ji Dwi?"

Sie zog überrascht beide Augenbrauen an.

"Ji Dwi? Wieso?"
"Ich habe euch zusammen gesehen, am Abend als ich bei dir war.
"Ich weiß es nicht. Er hat mich geküsst aber-"
"Er hat dich geküsst?"

Sie suchte meinen Blick und nickte langsam. Ich merkte es ihr deutlich an das sie selbst nicht wusste was sie denken sollte. Sie war verwirrt, wirklich schrecklich verwirrt.

"Magst du ihn?"

Sie zuckte mit den Schultern.

"Ich weiß es nicht."
"Okay..."

Schmunzelnd legte ich meine Hand auf ihren Kopf bevor ich vom Bett aufstand und zur Tür lief die in das anliegende Badezimmer führte. Ihre Stimme hielt mich auf.

"Sehen wir uns heute Abend?"
"Ich denke nicht."
"Ein romantischer Abend mit Sooho?"

Lachend senkte ich meinen Blick bevor ich die Tür öffnete und ins Badezimmer trat. Ich striff mir den Hanbok vom Körper bevor ich unter die Dusche trat. Das warme Wasser ergoss sich über mich und ich genoss jede einzelne Sekunde davon. Das traumhaft duftende Shampoo lag auf meiner Haut und versteckte sich in meinen Haaren. Ich schloss meine Augen und ließ das angenehme Wasser über mein Gesicht laufen. Für einige Sekunden befand ich mich zurück am See. Mak-Moon und Dog-Bird schütteten einen Wassereimer nach dem anderen über mich nachdem ich in eine Abfallgrube gefallen war. Ich stank noch mindestens drei Tage lang danach, doch sie wichen nicht von meiner Seite. Selbst dann nicht. Schmunzelnd öffnete ich meine Augen und schaute hinab auf die edlen Seifen in der verzierten Porzelanschüssel vor mir. Was Mak-Moon nun wohl denken würde, sollte er mich sehen. Hier in diesem edlen Zimmer, in diesem gewaltigen Gebäude, als Lehrerin der Hwarangs. Ich fuhr durch meine Haare und schaute dem Schaum nach wie er im Abfluss verschwand bevor ich mir ein weiches Handtuch schnappte und mich darin einwickelte. Nun lag die übliche Prozedur vor mir. Ich schlüpfte in eine Rolle, die mir noch so schrecklich fremd war. Eine Angestellte der Königin. Doch noch immer quälte mich die Frage weshalb sie mich nicht einfach umgebracht hatte. Sie hätte mich loswerden können, so wie sie es mit Mak-Moon getan hatte. Doch sie ließ mich leben und brachte mich hier her in Wohlstand. Weshalb? Sie ließ mich mit einer Frage leben auf die ich wohl nie eine Antwort bekommen würde. Doch vielleicht war das auch gut so. Vielleicht wollte ich den Grund nicht wissen weshalb sie mich leben ließ.

King || Soo Ho Rang FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt