Kapitel 64

42 3 2
                                    

"Der Mediziner hat mir erzählt das du ein Hwarangmitglied bist."

Hansung nickte.

"Wie ist es?"

Für einige Augenblicke wirkte er schrecklich nachdenklich, doch dann nickte er.

"Es ist schön."

Ich rollte mit den Augen, kniete mich auf das weiche Gras und sah ihn gespannt an.

"Erzähle mir mehr."

Hansung stellte das Tablet zur Seite auf dem unser Essen war und strich sich über das Gesicht, als müsste er sich darauf vorbereiten mir seine Geschichte zu erzählen.

"Wir hatten eine gute Lehrerin. Sie hat mich verstanden, sie wusste was in mir vorgeht, sie hatte die gleichen Gedanken und Vorstellungen wie ich. Sie sah den Kampf aus der selben Perspektive wie ich. Wir alle lieben sie sehr, jeder einzelne von uns. Sie ist unsere Freundin."
"Was ist mit ihr geschehen?"

Hansung sah mir wortlos in die Augen, er suchte nach Worten, doch verlor sich in meinem Blick. Als wüsste er keine Antwort. Doch als er bis tief hinab auf den Untergrund meiner Seele blickte, zierte ein leichtes, schmerzendes Lächeln seine Lippen.

"Sie ist fort."
"Wohin? Ist sie verreist?"

Er lachte leise, gekränkt in sich hinein.

"Oh, nein, sie ist am einem Ort, von dem wir sie nicht mehr zurück holen können."

Ich senkte bedrückt meinen Blick, wollte nicht in seine nassen Augen blicken mit dem Gewissen das ich nichts machen kann um ihm diesen sichtbaren Schmerz zu nehmen.

"Das tut mir leid."

Hansung schwieg als ich mich räusperte, aufstand und mit meinen nackten Füßen über das weiche Gras.

"Du musst mir die Stadt zeigen. Ich habe nicht viel Erinnerung daran, aber ich würde sie gerne sehen."
"Wie du möchtest."

Ich blickte auf die goldene Tür und nickte.

"Das möchte ich."

Doch als wir Schritte hörten fuhr ich herum und sah einen Jungen vor mir stehen, den ich nicht kannte. Einen Jungen der eine edle, dunkelrote Robe trug und ein Stirnband das mit dem Logo des Königs bestickt war. Mein Verlobter. Doch ich bemerkte schnell die vielen Wunden die ihn zierten. Es war sein seltsamer Blick der mir einen Schauer über den Rücken fahren ließ.

"Was machst du hier?"

Ich verbeugte mich tief vor ihm bevor ich ihn schmunzelnd ansah.

"Ich wohne hier, euer Majestät."

Der König zog eine Augenbraue an bevor er mit großen Schritten auf mich zukam.

"Du kannst mich Ji Dwi nennen. So wie immer."

Ich nickte langsam und verbeugte mich dankend vor ihm.

"Danke, euer... Ji Dwi."

Seine Blicke wurden verwirrter als er vor mir stehen blieb und mich seltsam ansah.

"Ist alles in Ordnung mit dir? Ich bin dir nicht sauer wegen dem was geschehen ist. Die Wunden werden heilen."

Ich riss erschrocken die Augen auf und starrte auf den tiefen Schnitt an seiner Wange.

"Ich? Ich könnte niemals-"

Ich fuhr mit meiner Fingerspitze über die raue Wunde und spürte wie er unter mir zusammen zuckte.

"Ich könnte niemals jemanden verletzten. Wieso hätte ich das machen sollen?"

Fragend zog er eine Augenbraue an als sich Hansung räusperte. Wortlos zog er einen Brief aus seinem Hanbok und hielt ihn Ji Dwi entgegen. Er nahm ihn an sich und ich musterte seine Augen dabei wie sie über die Zeilen huschten. Doch mit jedem weiteren Wort wurden seine Augen trüber.

"Was hast du getan?"

Ich stammelte nach Worten während eine Träne seine Wange hinab lief und er Hansung den Brief an die Brust drückte.

"Anna, was hast du getan?"
"Ich... ich..."

Ji Dwi kehrte mir den Rücken zu und senkte seinen Blick als ich meine Augen fest verschloss und mich tief verbeugte.

"Verzeihe mir falls ich dich enttäuscht habe, euer Majestät. Ich werde jede Bestrafung über mich ergehen lassen und ich-"
"Hör auf!"

Ich riss erschrocken meine Augen auf als er sich mit vernichtendem Blick umdrehte.

"Hör einfach auf."

Eine Träne lief meine Wange hinab als ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr klemmte und nach Worten stammelte. Doch ich fand keine. Ich verbeugte mich bevor ich hastig an den beiden vorbei rannte. Das Gras gab unter meinen Füßen nach als ich durch den großen Vorhof eilte und die gewalitge mit Gold überzogene Tür aufstieß. Die Wachen begrüßten verbeugten sich als mein Blick durch die gefüllten Straßen wandte. Die Menschen lachten, unterhielten sich, kauften etwas an den aufgebauten Ständen. Doch jedes Gesicht, jedes Haus und jeder Stand wirkte Fremd. Mein Kopf war so vollkommen leer und es trieb mich in den Wahnsinn.

"Anna!"

Ich fuhr herum und sah wie die Beiden auf mich zurannten. Doch in diesem Moment fachte mein Körper Feuer. Ich hob mein Kleid an und stürzte mich in die Menschenmenge. Ich schlängelte mich durch Körper und Blicke die mich wissend anschauten. Sie wussten genau wer ich war. Nur wusste ich es nicht mehr. Als die Wachen ebenfalls nach mir zu suchen begannen schoss ein Instinkt durch meinen Körper und ich verschwand zwischen den Häusern. Meine Füße fanden Gefallen an den spitzen Steinen unter mir. Es fühlte sich wie die pure Natur an. Doch als erneut mein Name gerufen wurde rannte ich erneut los, schlängelte mich durch das Labyrinth aus Häusern. Der Wind wurde stärker, löste die Blumen aus meinen Haaren und ließ mir die Haarsträhnen ins Gesicht fallen. Die Wolken zogen sich über mir zusammen, als ich inne hielt und aufschaute. Die ersten Regentropfen berührten sanft meine Haut als ich an mir herab sah. Der Saum meines Kleides wurde von Staub und Dreck überzogen. Meine Füße spürten jeden Ast und jeden Stein unter sich. Meine Haare hingen mir wirr ins Gesicht. Ich fühlte mich wohl und doch so schrecklich verloren. Aber etwas in mir wollte weiter, einfach weiterrennen. Das tat ich. Der schwere, nasse Stoff meines Hanboks erschwerte meine Schritte als ich zwischen den Häusern stehen blieb und nach dem Saum des Rockes griff. Mit größter Gewalt und meiner gesamten Anstrengung riss ich den Stoff auseinander sodass mein bodenlanges Kleid, nur noch bis knapp über meine Knie ging. Doch ich konnte meine Beine wieder frei bewegen. Die neue Freiheit gab mir neuen Wind und ich rannte los. Die Nacht brach langsam über die stadt herein als ich durch die sicheren Häuser brach und auf einem breiten, staubigen Weg stand. Die Straßen waren mittlerweile leer und die Stände geschlossen. Die Menschen zogen sich in ihre Häuser zurück während durch mich ein gewaltiges Feuer schoss. Ein Bewegungsdrang der mich antrieb. Eine Erinnerung hinter der ich her rannte. Ich genoss das Wasser auf meiner Haut bevor ich mir die Haarsträhnen aus dem Gesicht strich und weiterrannte. Ich verschwand zwischen den dichten Bäumen. Doch auf dem Weg konnte ich nicht bleiben. Es trieb mich tief hinein. Ich sprang über Äste, Steine und umgefallene Baumstämme. Die Blätter der Büsche kitzelten auf meiner Haut als ich mich weiter in die Tiefe ziehen ließ. Ich rannte einer Erinnerung hinterher die ich langsam greifen konnte. Doch dann sah ich ein Mädchen vor mir. Ihre Augen gefüllt mit Angst und in ihrer Hand das Plakat einer gesuchten Person. Sie rannte durch die Bäume während Äste in ihre Haut schnitten. So wie es nun auch mir erging. Doch ich rannte weiter, musste ihr helfen, musste ihr hinterher. Die Nacht wurde dunkler und die Bäume bedrohlicher. Der Sturm stärker und der Regen prasselte auf mich herab wie ein Wasserfall. So lange, bis ich sie und vollkommen die Orientierung verloren hatte.

King || Soo Ho Rang FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt