Kapitel 3

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Wir standen am Fuße der Mauer und schauten auf. Ich fühlte mich wie zurück gestoßen in unsere Kindheit. Nur wirkten die Mauer damals um einiges gewaltiger, das taten sie noch immer, doch weniger wie ein Palast sonder mehr eine Bedrohung. Die Sonne blendete uns und doch konnten wir unser Ziel klar erkennen. Dog-Bird kletterte vorraus nachdem er ein Seil durch einen Wurfpfeil an der Mauer angebracht hatte. Ich wickelte mir einen Stofffetzen um die Hand bevor ich das Seil griff.

"Halt."

Erschrocken zuckte ich zusammen als Mak-Moon seine Hand um meinen Hals schling. Ich hielt kurz die Luft an als er meine Kette anbrachte. Ich tippte mit meinen Fingerspitzen auf den kalten Anhänger bevor ich mich zu ihm umdrehte. Er packte mein Gesicht und drückte meine Wangen zusammen.

"Du wirst nicht sterben."

Er küsste liebevoll meine Stirn bevor ich mich dem Seil zuwandte und hinauf kletterte. Jeder weitere Schritt kostete mich größte Anstrengung. Doch es war Dog-Birds Gesicht das über die Mauer grinste, das mich anspornte. Das Adrenalin schoss durch meine Adern und brachte mich auf Hochtouren. Seine Augen kamen näher und leuchteten genauso wie damals als wir Kinder waren. Er packte meine Hand und zog mich zu sich herauf. Der Schwung drückte mich eng gegen seine Brust als er seine Arme um mich schling. Wortlos blickte er in meine Augen und für einen Augenblicke verschwamm die Welt um uns herum. Er schmunzelte und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr als er langsam seine Worte fand.

"Wir haben es geschafft."

Ich schüttelte kichernd meinen Kopf.

"Noch lange nicht."

Er kicherte leise und nahm mich liebevoll in seinen Arm. Ich hörte sein rasendes Herz und spürte wie jeder Schlag in meinen Adern pochte.

"Könnt ihr euch dafür später Zeit nehmen."

Wir lösten uns voneinander als sich Mak-Moon auf den Weg über die Mauer machte. Dog-Bird klopfte ihm lachend auf die Schulter als wir uns auf den Weg machten. Wir schlichen uns in die gefüllte Stadt und suchten nach unseren ersten Zielen. Unauffällige Klamotten. Wir mussten uns anpassen um nicht aufzufallen. Und diese dreckigen, zerissenen Klamotten waren eindeutig zu auffällig. Mak-Moon schlängelte sich unauffällig durch Wäscheleinen und schien für einen Moment wirklich darin zu verschwimmen. Doch dann rannte er mit einem unglaublichen Feuer in den Augen auf uns zu. Wir eilten in ein leer wirkendes Haus in dem wir uns rasch umzogen. Doch ich fühlte mich sehr unwohl in meiner Tarnung. Ich trug ein traditionelles koreanisches Kleid, einen Hanbok, dessen Rock einen gewaltigen Umfang hatte.

 Ich trug ein traditionelles koreanisches Kleid, einen Hanbok, dessen Rock einen gewaltigen Umfang hatte

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Die Menge an verziehrtem Stoff schränkte mich eindeutig ein. Doch das Kleid war wirklich schön, aber nicht für eine Kriegerin wie mich. Niemals hätte ich erwartet jemals ein so hochwertiges und edles Kleid zu tragen. Der beige Rock wurde geziert von einem Unterrock der mit Blüten bestickt war. Der eng anliegende, helle und breite Gürtel bedeckte fast meinen gesamten Bauch und schnürrte mich fast vollkommen zusammen. Doch genau so sollte es aussehen, enganliegend und figurbetonend. Die langärmlige Bluse bestand aus einem seidigen, lachsfarbenen Oberteil dessen Saum am Kragen und an den Ärmeln weiß war und sich dem Gürtel farblich perfekt anpasste. Ich zog an der Schnur meines Dutts und ließ meine langen, blonden Haaren in ihren Naturlocken um meinen Körper fallen. Doch dann erblickte ich mich im Spiegel an der sonst leeren Wand und Zweifel überkamen mich. Die Tarnung würde nicht funktionieren, nicht mit mir. Die blonden Locken, die blauen Augen. Ich würde sofort auffallen. Das Gesicht ohne Makeup, die ungemachten Haare und der fehlende Schmuck würde verraten das ich nicht von hier war. Sie würden verraten wer ich war. Ich schaute hinab und musterte die Schuhe in die ich geschlüpft war. Sie waren bequem und einer Frau würdig. Nicht die Männer Stiefel die ich sonst trug. Aber die Angst blieb und durchflutete meinen Körper. Doch ich musste es wagen. Ich atmete tief durch und trat durch den Hinterausgang. Auch die Jungs trugen ordentliche und saubere Klamotten. Sie sahen edel aus, wie reinblütige. Sie verloren sich fast in einem falschen Bild das wir nun aufrechterhalten mussten. Ich lief auf sie zu als sie sich schnell zu mir umdrehten. Ihre Augen weiteten sich als sie mich erblickten.

"Wir wussten nicht das sich eine so gute Figur unter den Klamotten befindet."

Ich rollte mit den Augen.

"Was ist unser erstes Ziel?"
"Etwas zu essen."

Ich schaute Mak-Moon ungläubig an, doch dieser rieb sich nur den Bauch.

"So kann ich nicht denken."

Dog-Bird seufzte.

"Na gut. Folgt mir."

Wir nickten und folgten Dog-Bird hinaus auf die Straßen der Stadt. Wohin ich auch sah befanden sich wunderschöne Menschen. Sie lachten und genossen das Leben in diesem goldenen Käfig. Bunte Kleider, gefüllte Stände und umher rennende Kinder. Das Leben hier schien perfekt. Die Jugendlichen in meinem Alter taten das was man in dem Alter eben tat. Sie unterhielten sich mit dem anderen Geschlecht. Sie lachten und verliebten sich. Etwas das ich nie haben würde. Sie waren so unbeschwert, so frei. Ich wandte meinen Blick ab und folgte meinen beiden Freunden durch die gefüllten Straßen. Wir versuchten uns nicht vollkommen wie Fremde aufzuführen. Doch plötzlich hielt Dog-Bird an und musterte einen Laden.

"Na kommt."

Er führte uns in einen edel aussehenden Laden. Es roch nach frischem Tee und leckerem Gebäck. Ein Geruch der so anders war, das selbst mein Magen zu Knurren begann.

"Bleib du hier unten, wir schauen uns oben um. Bestelle dir einen Tee."

Dog-Bird drückte mir eine Münze in die Hand und umschloss meine Finger darum als wäre sie ein wertvoller Schatz. Ich fragte ihn erst garnicht woher er sie hatte und vielleicht wollte ich es auch garnicht wissen. Womöglich befand sie sich in der Tasche seiner Klamotten, das musste es gewesen sein. Ich nickte langsam bevor die beiden die Treppe hinauf liefen und ich mich unsicher auf dem gepolsterten Sitz niederließ. Er war mit einem wunderschönen Stoff überzogen der aus vielen bunten Stickerreien bestand.

"Was darf es sein meine Liebe?"

Der ältere Mann schaute mich leicht verwirrt an als ich wie benommen von den lieblichen Düften zu ihm aufsah.

"Du bist nicht von hier, nicht wahr?"
"Doch, gewiss."

Er nickte.

"Verzeiht, was darf ich dir bringen?"

Ich schaute auf die vor mir liegenden Karte und nahm das erst Beste das sich mir ergab.

"Einen Rosentee, bitte."
"Eine sehr gute Wahl."

Mit einem breiten Lächeln verschwand er hinter der hüfthohen Theke. Ich atmete tief durch und schaute mich um. Der gesamte Laden war gefüllt mit wunderschönen Frauen und edlen Männern. Sie saßen gemeinsam an den Tischen und tratschten lachend. Sie waren markellos. Perfekt geschminktes Gesicht. Perfekte glatte, dunkle Haare. Perfekter Schmuck an den richtigen Stellen. Kleider die es nicht einmal in meinen Träumen gab. Ich senkte meinen Blick und strich über den Stoff des Kleides das meinen Körper umhüllte. Er war sanfter als ich ihn mir vorgestellt hatte und die Farbe kräftiger als alles was ich zuvor gesehen hatte. Es war wunderschön und doch war es eine Lüge die ich mir angezogen hatte um an einen Ort zu passen an dem ich nicht sein wollte.

"Bitte."

Der Mann stellte einen hölzernen Becher vor mich der auf einer passenden Holzplatte stand die mit Rosenblättern verziehrt war. Ich nickte schmunzelnd als er wieder verschwand. Ich musterte die im Glas schwimmende Rose. Selbst die Blumen hier wirkten edler, strahlender und besser. Doch jede Sonnenseite hatte ihre Schatten.

King || Soo Ho Rang FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt