Kapitel 58

60 5 4
                                    

Als mich ein grelles, helles Licht blendete öffnete ich langsam meine Augen. Die strahlende Sonne schien auf mich herab und kitzelte auf meiner Haut. Ein sanfter Wind wehte durch das hohe Gras und wischte mir einige Haarsträhnen ins Gesicht. Feine, lockige, blonde Haarsträhnen legten sich über mein Gesicht und verschleierten meine Sicht. Ein angenehmer Duft nach frisch geblühten Blumen, eingetrocknetem Schlamm und Seealgen umhüllte mich wie ein wehender Vorhang. Langsam setzte ich mich auf und blickte über mein altes Dorf. Alles wirkte wie immer. Die Ältestens saßen vor dem kleinen Teeladen, die Kinder spielten auf den Straßen während ihre Mütter das Haus putzten. Die Männer arbeiteten auf den Feldern. Die Sonne schien hinter den Bäumen hervor und in weiter Ferne sah ich die Mauer schimmern. Dieser Hügel war der erhöhteste Ort und erlaubte es mir weit über den Wald zu schauen. Doch nun fragte ich mich weshalb ich überhaupt hier war. Sollte ich nicht eigentlich innerhalb der Mauern, auf dem Hwaranggelände sein und meine Wunden verpflegen lassen. Zumindest sollte ich es überlebt haben. Als ich an mir herab blickte trug ich meine alten Leinenklamotten und die Männerstiefel. Doch als ich die Bluse nach oben schob sah man keine Wunde, nicht einmal die Narbe aus der Nacht die mir alles nahm.

"Das muss verwirrend sein."

Ich zuckte erschrocken zusammen als sich jemand neben mir ins Gras fallen ließ. Als ich zu ihm hinab blickte schaute ich in dunkle, strahlende Augen. Augen die ich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen und die ich mehr als alles andere vermisst hatte. Mak-Moon lachte über meinen verwirrten Blick und ließ sich mit dem Rücken ins Gras fallen. Er verscrhänkte seine Hände hinter dem Kopf und blickte hinauf in die Wolken.

"Du solltest deinen Blick sehen."

Seine Stimme jagte einen Schauer über meinen Rücken der mir Tränen in die Augen trieb. Ich kroch rückwärts einige Meter fort von ihm, aus Angst enttäuscht zu werden. Aus der Angst er würde bei der geringsten Nähe, der winzigsten Berührung, wieder im Nebel verschwinden. Ich hielt mir eine zitternde Hand vor den Mund während ich ihn wortlos musterte. Ich suchte nach Worten, suchte nach etwas, das sich meine Stimme nannte. Mak-Moon blickte mich liebevoll an als ich mich ins Gras sacken ließ. Doch ein Gedanke, der mich seit dieser Nacht begleitete, schoss durch meinen Kopf.

"Warum?"
"Warum denkst du?"

Mak-Moon richtete sich auf und krabbelte einige Meter auf mich zu bis sich unsere Knie bereits berührten. Ich hielt für einige Sekunden den Atem an, doch er verschwand nicht im Nebel. Seine Berührungen waren echt, wahrhaftig und so zart wie früher.

"Warum musstest du sterben, während wir weiterleben durften?"
"Ich hatte es im Gefühl, das es jemanden gibt, der besser auf dich aufpassen kann, als es Dog-Bird und ich jemals könnten."

Ich sah mit tränenüberströmten Augen zu ihm auf als er langsam meine Hand nahm und sie mit seiner fest umschloss.

"Sooho und die Hwarangjungs."
"Woher-"
"Woher ich von ihnen weiß?"

Ich nickte als er sich wieder ins Gras fallen ließ.

"Ich habe euch beobachtet."

Als mich Tränen zu überrennen drohten senkte ich meinen Blick und schloss meine Augen. Eine unglaubliche Wut druchschoss mich.

"So oft habe ich deinen Rat gebraucht, so oft habe ich deine  Berührungen, deine Stimme, deine Augen gebraucht, doch du-"
"Ich war immer da."

Ich hielt mir beide Hände vor den Mund als er ruckartig mein Handgelenk packte und mich zu sich hinab riss.

"Ich war immer an deiner Seite."

Mein Kopf lag auf seiner Brust als er seine Arme fest um mich schling. Er hielt mich umschlungen, als befürchtete er ich könnte ihm erneut entfliehen. Als hätte er Angst, hier und jetzt erneut alles zu verlieren. Doch so sehr ich es mir auch wünschte ich spürte kein schlagendes Herz. Ich spürte keinen Atem durch dem sich seine Brust heben und senken sollte. Ich spürte keine Wärme, ich spürte nichts. Meine Fragen, so viele Fragen, über alles mögliche, über diesen Ort, über diese Situation, über Mak-Moon waren beantwortet. Ich schloss langsam meine Augen und suchte nach Worten, die ich niemals aussprechen wollte.

King || Soo Ho Rang FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt