Kapitel 5

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Ich wusste nicht wie lange ich bereits durch die Stadt irrte. Das Zeitgefühl und die Orientierung hatte ich vollkommen verloren. Ich wusste einfach, das ich weitergehen musste. Doch wirklich einen Plan hatte ich nicht und genau das ließ mich hilfloser fühlen als ein kleines Kind. Aufgeben aber war keine Option, das lehrte mich Dog-Bird. Ich riss mich zusammen und tapste den Weg entlang. Ich lauschte meinem am Boden schleifenden Stoff während ich es immer noch ein wenig anhob. Ich bog auf einen breiten Weg ein der gefüllt war mit Jugendlichen. Sie versammelten sich vor einem modern aussehenden Gebäude. Laute Musik drang daraus hervor. Ein Club. Etwas das ich nicht kannte, außer von Erzählungen der Älteren aus dem Dorf. Ein Club war ein Ort an dem getanzt, Musik gespielt und Spaß gehabt wurde. Die Jugendlichen sammelten Kontakte, Freundschaften und Liebschaften. Ich ließ das Kleid los und musterte die anstehenden Menschen. Sie waren aufgehübscht und bereit für eine, in ihren Augen, vollkommen normale Nacht. Doch etwas anderes erhaschte meine Aufmerksamkeit. Lautes Geschrei drang aus dem Gebäude hervor. Etwas das eindeutig nach bekannten Schwierigkeiten roch. Ich eilte auf die Treppen zu als ich ein bekanntes Gesicht sah und meine Füße ruckartig auf dem Boden festfroren. Dog-Bird. Ich erkannte ihn, auch wenn er versuchte sich unter einem Reishut zu versteckten. Dieses Gesicht würde ich unter tausenden wiedererkennen. Auch er eilte dem Lärm entgegen. Ich hob mein Kleid an und schmuggelte mich an dem Soldaten vorbei der gerade dabei war zwei Mädchen schöne Augen zu machen. Er vernachlässigte seinen Job, ein grober Anfängerfehler. Er fiel aus seiner Rolle und sorgte für einen Regelverstoß. Dachte das Mädchen das sich in eine verbotene Welt geschlichen hatte. Ich stieß die Tür zum Club auf und wurde von einem starken Alkoholgeruch begrüßt. Doch mein Blick fiel sofort auf eine Menschenmasse die sich um etwas auf dem Boden versammelt hatte. Sie waren wie Schaulustige eines Zoos. Sie genossen sich das Spiel anzuschauen. Genaus so kam es mir vor während ich mich durch ihre edel eingepackten Körper schlängelte. Sie schenkten mir keinerlei Beachtung, als wäre ich nicht hier. Doch das war ich, das spürte ich bei jedem weiteren Körper an dem ich mich entlang schliff. Ich quetschte mich durch die Menschen hindurch bis ich mich auf die Zehnspitzen stellte und etwas verschwommenes erkennen konnte. Am Boden lag ein blutender Junge. Über ihm ein weiterer, edel aussehender Junge der seinen Fuß auf den Kopf des Anderen stellte und ihn so zu Boden drückte. Er hatte Geld, das sah man ihm an. Er hatte Ansehen, das bemerkte man an den Reaktionen der Mädchen. Sie schmolzen förmlich dahin während ich sie nur angewidert ignorierte. Doch dann traf ich den Blick des am Boden liegenden Jungen und mein Herz setzte aus. Ein blutender und schwacher Mak-Moon. Er schmunzelte als sich unsere Blicke trafen als wäre seine Welt mit einem Mal vollkommen in Ordnung. Doch meine war es nicht. Die Wut in meinen Adern kochte. Diese Menschen nahmen sich so vieles heraus mit ihren perfekten Hüllen und dem Geld hinter dem sie sich versteckten. Ich ließ mein Kleid los und drängte mich durch die restlichen Menschen bis ich mich durch sie hindurch stieß und in der Mitte des Kreises stand. Ich hörte wie ein leises Gemurmel durch die Reihen ging als ich den vor mir stehenden Jungen direkt anstarrte während sein edler Schuh noch immer Mak-Moons Ohr zerquetschte. Meine Welt stand still als ich mich umschaute um mich ein wenig zu beruhigen bevor ich ihm den Kopf abschlagen würde. Mir gegenüber stand eine große Gruppe an Jungen, edle, angesehene Jungen. Ich war mir sicher das er zu ihnen gehörte als ich sie angewidert musterte. Doch einer der Jungs kam mir mehr als bekannt vor und seines Gesichtausdrucks zufolge erkannte er auch mich. Der Junge der mich davor bewahrte im Dreck zu landen. Ich erkannte die Locke zwischen all den glatten Haaren. Das kleine etwas das sich aus der goldenen Masse heraushob. Doch ich ignorierte die Tatsache als ich sah wie sich auch Dog-Bird rechts neben mir durch die Menschenmasse drängte. Ich erstarrte in meiner Bewegung und schaute den Junge genau an der meinen besten Freund zu Boden drückte und der all diese Wunden angerichtet hatte.

"Lass ihn gehen."

Meine Stimme war nur ein wütendes Fauchen, das durch diesen modernen Raum hallte doch der Junge lachte nur während er mich abwertend musterte.

"Ich habe schon lange kein so hässliches Mädchen mehr gesehen. Was ist passiert? Ist deinen Eltern das Geld für eine schöne Tochter ausgegangen?"

Dog-Bird zog eine Augenbraue an und auch Mak-Moon knurrte gefährlich. Ich wusste das die Beiden schnell zu Monstern wurden, sollte es um mich gehen. Mein Blick hingegen lag noch immer auf dem Jungen, ruhig und gelassen. Die Menschen um uns herum ließen den Kreis größer werden. Als wollte sie genug Abstand zwischen mich und sie bringen. Als hätte ich eine ansteckende Krankheit an mir.

"Sieh dich an, deine ungemachten Haare, dein ungeschminktes Gesicht, deine schmucklosen Kleider. Du passt sehr gut zu deiner Ratte von Freund."

Er wischte mit seiner Schuhsohle über Mak-Moons Wange als meine Sicherung durchbrannte. Niemand, nicht einmal einer dieser True Bones würde so mit uns umgehen. Lieber würde ich hier und jetzt alles auffliegen lassen, als das zu akzeptieren. Mit großen Schritten lief ich auf den Jungen zu bis ich vom Boden absprang und genug Schwung hatte um mich in der Luft zu drehen. Ich erwischte ihn direkt mit meinem Schienbein am Kinn. Ich hörte ein lautes Zähneknirschen gefolgt von einem widerlichen Knacken bevor ich wieder sicher und elegant am Boden landete. Der Junge hingegen knallte mit dem Bauch vor meine Füße. Ich drehte ihn mit meiner Schuhspitze auf den Rücken und stellte meinen Fuß auf seinem Kopf ab. Ich drückte ihn genauso auf den Boden wie er es mit Mak-Moon getan hatte. Ein ungläubiges Tuscheln ging durch die Reihen als sie einen weiteren Schritt abstand nahmen. Ich spürte die überraschten Blicke des Jungen aus dem Teeladen auf mir und auch meine besten Freunde waren wirklich überrascht. Ich hingegen wandte meine Aufmerksamkeit einzig und alleine auf den Jungen unter mir. Blut tropfte aus seinem Mundwinkel und tränkte den seidigen Stoff seines Hanboks.

"Ich habe dir gesagt du sollst ihn gehen lassen."

Ich wischte meine Schuhsohle an seiner Wange ab bevor ich ihm gegen den Brustkorb trat und er einige Zentimeter über den perfekt polierten Boden rutschte. Ich ließ von ihm ab als sich sofort seine Freunde zu ihm auf den Boden stürzten. Ein Hund der von seinem Rudel versorgt werden musste. Dog-Bird und ich knieten uns neben Mak-Moon als ich liebevoll meine Hand auf seine blutbeschmierte Wange legte.

"Hey."

Er schmunzelte und legte seine Hand über meine.

"Das war genial."

Ich lachte und half ihm sich aufzurichten. Dog-Bird legte seinen Arm um Mak-Moons Schulter und half ihm zu laufen. Ich folgte ihnen durch die Menschenmasse und hob mein Kleid an als wir den Club verließen und die Stufen hinab eilten. Die frische Luft wehte durch meine Haare als wir den breiten Weg entlang liefen, der nun fast leer war. Nur noch vereinzelt betraten einige Jugendliche den nun fast stillen Club. Doch plötzlich wurde mein Arm gepackt und jemand drehte mich ruckartig um. Ich schaute erschrocken auf und wollte zum Gegengriff ausholen als ich in dunkle, bekannte Augen blickte. Der Junge aus dem Teeladen. Er musterte mich noch genauer als damals, als er mich auffing. Doch im Schein der Laternen fand auch ich Dinge in seinen Augen die vor der Sonne niemals hätten erscheinen können. Er hielt noch immer mein Handgelenk umklammert während er mich fragend musterte.

"Wer bist du?"

Ich hielt für einige Sekunde inne und sah ihn wortlos an bevor ich mich ihm entriss und losrannte. Dog-Bird und Mak-Moon bogen gerade um die Ecke als ich ihnen hastig folgte. Nicht noch einmal wollte ich sie verlieren. Doch bevor wir hinter den Häusern verschwanden schaute ich zurück und traf den noch immer fragenden Blick des Jungen. Herausforderung lag darin. Als wollte er wissen wer ich war, unter allen Umständen. Ich schmunzelte bevor ich meinen Freunden folgte. Wir eilten einen Weg entlang der uns direkt in den dichten Wald führte. Ein Ort an dem wir uns schon immer wohl gefühlt hatten.

King || Soo Ho Rang FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt