11 - Albtraum (✔️)

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Nach dem Essen ging ich zurück in mein Zimmer, um mir ein paar Serien anzusehen und zu entspannen.

Am Abend duschte ich und klopfte anschließend an die Zimmertür meines Bruders. Obwohl er nichts sagte, betrat ich sein Zimmer und sah ihn quer über seinem Bett liegen. Er hatte sein Handy in der Hand und tippte darauf herum.

"Ich habe schon wieder über tausend Follower mehr." gab er entgeistert von sich und lächelte danach stolz. Obwohl ich nicht sonderlich viel damit anfangen konnte, lächelte ich ebenfalls und lehnte mich gegen den Türrahmen.

"Ich wollte dir nur eine gute Nacht wünschen." gab ich kleinlaut zu und sah, wie mein Bruder schmunzelte. Ich erwartete eigentlich einen dummen Kommentar von ihm, doch es kam anders als gedacht.

"Es tut gut, dass du wieder hier bist, Kylie. Du hast mir so gefehlt, du hast hier gefehlt. Es ist Alles nicht das Selbe, wenn du nicht hier bist. Du bringst die Normalität zurück." sagte er ernst, lächelte aufrichtig und ich begann mich zu fragen, ob mein Bruder letzte Nacht von Aliens entführt wurde.
Nichts erwidernd ging ich zurück in mein Zimmer, legte mich in mein Bett und wurde beinahe direkt von einem tiefen Schlaf gepackt. Ganz zu meinem Leidwesen.

Ich spürte die kalte Betonwand an meinem Rücken und zuckte zusammen. Mein Herz schlug mir schmerzhaft gegen die Brust und ich hatte das Gefühl jeden Moment tot umfallen zu müssen.
Wieso hatte Danny mich an so einen Ort gebracht? Was soll das und wohin ist er verschwunden? Mich in so einer Gegend allein zu lassen passte absolut nicht zu ihm. Er hatte mir doch versprochen auf mich aufzupassen.
Wo ist er nur hin, verdammt?

Eine Träne voll Wut, Verzweiflung und panischer Angst lief mir über die Wange, doch ich hatte nicht einmal den Mut, sie weg zu wischen.

"Du musst doch nicht weinen, Süße. Wobei mich das tatsächlich irgendwie anmacht." grinste der schmierige Typ mir gegenüber, der mich schon eine ganze Weile mit diesen Blicken musterte. Er musste mit Sicherheit schon Ende zwanzig sein und entweder betrunken oder vollkommen gestört sein.

"Wo ist Danny?" wollte ich panisch wissen und hörte erst jetzt, wie brüchig meine Stimme war. Mein Körper zitterte und es gab nichts, was ich dagegen tun konnte.

"Oh, du gehörst also Danny?" fragte er dreckig lachend und die Härchen auf meinem Arm stellten sich auf.

"Was soll das heißen?" fragte ich zittrig und biss mir auf die Lippe. Unruhig stieg ich immer wieder vom Einen auf den anderen Fuß und sah hoffnungsvoll in die Richtung, in die Danny verschwunden war.

Der Typ kam mit großen, jedoch provokant langsamen Schritten auf mich zu und verunsicherte mich mit jedem Zentimeter, den er näher kam noch mehr. Er beugte seinen Kopf zu meinem, woraufhin ich schnell mein Gesicht wegdrehte und die Augen zusammen kniff.

"Er kommt bestimmt gleich wieder!" warnte ich den Typen und hoffte noch immer, dass Danny mich schleunigst aus dieser unangenehmen Situation befreien würde. Doch er lachte nur und lehnte sich weiter zu mir. Ich konnte seine Alkoholfahne riechen und seinen Atem auf meiner Haut spüren. Wenn er nicht sofort verschwindet, würde ich mich übergeben müssen.

"Es stört ihn nicht, was ich mit dir anstelle, glaub mir Kleines." flüsterte er und mir entwich ein Schluchzen, als sein Mund meinen Hals berührte.

"Bitte lass mich in Ruhe. Ich will das nicht!" wimmerte ich und versuchte ihn mit all der Kraft die ich hatte, von mir zu stoßen.

Er schien zu merken, dass ich mich wehrte und packte mich tonlos an den Schultern. Kurz darauf stieß er mich mit all seiner Kraft gegen die Betonwand. Mein Kopf schlug auf und lies meine Sicht verschwimmen. Meine Knie sackten ein und ich landete auf dem kalten, dreckigen Boden.
So schnell es ging krabbelte ich weg von dem jungen Mann, obwohl ich nicht deutlich erkannte, wo er sich befand. Seine große, verschwommene Statur folgte mich und die Panik überrollte mich in ganz neuem Ausmaß.

"Lass mich in Ruhe oder ich schreie!" warnte ich ihn verzweifelt und setzte zu einem lauten Schrei an.
Er jedoch riss meinen Kopf grob mit seiner großen Hand nach oben, zwang mich somit ihm entgegen zu sehen. Sein Gesicht war nicht von Wut gezeichnet oder Verzweiflung. Er schien lediglich amüsiert.

"Ich werde dich zum Schreien bringen, meine Kleine. Dich wird nur leider Niemand hören." hauchte er und begann erneut schmierig zu grinsen.

"Kylie! Wach sofort auf!"

Sekunden später saß ich kerzengerade in meinem Bett. Alles was ich hörte, war meine hechelnde Atmung und das Blut, das mir in den Ohren rauschte. Ich war durchgeschwitzt und zitterte zugleich am ganzen Körper.

Wo bin ich überhaupt? Wo ist Danny und wo ist dieser Typ?

"Sieh mich an, du bist Zuhause, es ist alles gut!" drang erneut die panische Stimme meines Bruders an mein Ohr und kurz darauf wurde ich in eine feste Umarmung gezogen. Der gewohnte Geruch meines Bruders beruhigte mich ein wenig und meine Atmung normalisierte sich.

Ich bin Zuhause in Toronto. Niemand kann mir Etwas tun. Cameron ist bei mir.

Urplötzlich brachen die Gefühle aus mir heraus und ich begann zu weinen, wie ein kleines Mädchen. Ich konnte an einer Hand abzählen, wie oft mein Bruder mich hatte weinen sehen, denn ich war ein Meister darin, es zu verstecken.
Doch dieser Traum, er war zu real und hat mich zurück gerissen. Ich will das vergessen. Ich muss das Alles vergessen.

"Es ist okay." flüsterte Cameron immer wieder, strich mir beruhigend über den Rücken und hielt mich gottseidank fest in seinen Armen.

Er war den Rest der Nacht bei mir geblieben, hatte neben mir im Bett geschlafen, doch obwohl ich mich irgendwann beruhigt hatte und ich unglaublich müde und erschöpft war, fand ich keine Ruhe mehr. Zu groß war die Angst vor einem erneuten Traum.

Dementsprechend wenig machte ich mir am nächsten Morgen aus meinem Aussehen. Ich fühlte mich absolut scheiße und da konnte mir nicht mal Make-Up helfen. Es würde am Ende nur viel schlimmer aussehen und ich hatte auch nicht die Nerven mich jetzt darum zu kümmern.
Ich zog mir lediglich eine schwarze Jeans und einen ebenso schwarzen Pulli an, bevor ich mit Cameron zur Schule fuhr.
Am liebsten wäre ich einfach Zuhause geblieben, um allen Menschen aus dem Weg zu gehen, doch dann wäre ich alleine mit meinen Gedanken und das konnte ich noch weniger ertragen.

Als erstes stand Biologie auf dem Stundenplan, worin ich normalerweise echt gut war, doch heute konnte ich mich nicht konzentrieren.

Zu meinem Glück befand Matt sich im selben Kurs wie ich, der andauernd blöde Sprüche von sich gab, die mich zumindest hin und wieder zum Grinsen brachten. Vermutlich hatte er nicht einmal gemerkt, dass ich mich heute anders verhielt, denn die Gefühle von Anderen waren ihm schon immer ein Rätsel. Und das kam mir gerade recht.

In der Pause standen wir wie sooft zusammen draußen auf dem Pausenhof. Macey war ununterbrochen damit beschäftigt meinem Bruder das Essen wegzunehmen, was für mich der eindeutige Beweis war, dass er auf sie stand. Jedem anderen hätte er schon das Wort zum Sonntag vorgetragen, denn er teilte sein essen nie.

"Heute ist Partytiiiime!" brüllte Nash aufgeregt über den Pausenhof und legte einen Arm um meine Schulter, als er bei uns ankam. Ich verdrehte die Augen. Die Party hatte ich ja schon fast vergessen.
Ob ich aus der Nummer irgendwie rauskommen würde?

"Ihr seid schon alle dabei, oder?" harkte Nash nach und sah mit seinen großen blauen Augen durch die Runde, sodass nicht einmal ich ihm widersprechen konnte. Meine Freunde nickten, inklusive mir.
Wer konnte Nash etwas ausschlagen? Ich jedenfalls nicht.

Cameron sah fragend und verblüfft zugleich aus und suchte den Blickkontakt. Seit dem Albtraum heute Nacht hatte er pausenlos versucht aus mir raus zu kriegen was los war und wovon ich geträumt hatte. Doch ich konnte es ihm nicht sagen. Niemals.

Schnell wendete ich den Blick wieder ab und drehte den Kopf zu Nash. Wenn ich es mir recht überlege, würde mir der Abend mit etwas Ablenkung gut tun. Wenn ich nur schon gewusst hätte, wie er endete.

Sorry 😶😶😶

S.M.|| I know what you did last Summer - Shawn Mendes FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt