18 - Unschöne Überraschung (✔️)

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Sofort steigen mir Tränen in die Augen und ein ungutes Gefühl von Übelkeit erfasste mich. Meine Härchen stellten auf und ich glaubte, gleich in Ohnmacht fallen zu müssen.

Was wollte er hier? Er dürfte gar nicht hier sein. Das konnte nicht wahr sein? Wieso war ich überhaupt so dumm, alleine nach Hause gehen zu wollen? Hatte meine Vergangenheit mich nichts gelehrt? Du dummes, dummes Mädchen.

Ich hätte auf Shawn warten sollen, ganz egal was da für eine Szene vor sich ging, egal wie fehl am Platz ich mich gefühlt hatte. Das hier war offensichtlich meine Strafe dafür, so sensibel auf die Situation vor dem Restaurant reagiert zu haben.

Ich wollte hier weg. Alles was ich wollte, war zu verschwinden.

Ein paar Stunden saß ich mit Sicherheit schon auf dem Boden in diesem kalten Eck und versuchte, mich zu beruhigen. Doch das bracht rein gar nichts. Im Gegenteil, mit der Ruhe stieg die Panik, falls ich mein Maximum nicht schon erreicht hatte.

Plötzlich öffnete sich die Tür und er trat in den Raum. Von oben herab blickte er mich an, wie er es immer tat, um mich klein und wehrlos fühlen zu lassen.

Ich hatte Angst, so schrecklich große Angst, dass mir erneut Tränen über die Wangen liefen. Doch gleichzeitig brauchte ich ihn auf eine kranke Art und Weise und das verschlimmerte nur Alles. Ich musste dringend aufhören zu weinen, er hasste es und ich durfte ihn nicht wütend machen.

"Halt endlich die Fresse, dumme Schlampe. Du machst mich wirklich irre mit deinem Geheule!", zischte er aggressiv und ich zuckte automatisch zusammen, aus Angst er könnte mir weh tun. Aus Angst er würde mir weh tun, wie er es immer tat.

"Du dachtest, du könntest einfach zurück nach Hause fliegen, dir die Haare färben und dein kleines unscheinbares Leben weiterführen? Du dachtest, ich lasse dich einfach gehen und finde dich nicht wieder? Glaub mir, es ist unglaublich einfach Jemanden zu finden, wenn man erst mal den echte Namen einer Person kennt. Nicht wahr, Kylie Miller?", fragte er und kniff die Augen leicht zusammen.
Das Grün seiner Augen leuchtete mir trotzdem gefährlich entgegen und meine Haut wurde von einer Gänsehaut überzogen. Die Panik in mir stieg und ich überlegte fieberhaft, wie ich hier wieder rauskommen würde. Doch die Erkenntnis traf mich hart. Gar nicht.

"E-Es.. Es t-tut mir leid", stotterte ich und versuchte die Tränen zu unterdrücken, als er gewaltsam nach meinem Kinn griff und es nach oben riss. Ein erschrockenes Keuchen verließ meinen Mund und er begann zu grinsen.

"Das hoffe ich sehr für dich und weißt du auch wieso?", wollte er wissen und unfähig ein weiteres Wort zu verlieren, schüttelte ich lediglich den Kopf, obwohl er noch immer mein Kinn festhielt.

"Gut. Das wirst du nämlich früh genug erfahren, Süße. Und jetzt husch husch nach Hause. So spät solltest du nicht draußen sein. Wer weiß, was für Verrückte sich hier rumtreiben, hm?", gab er lächelnd von sich und ließ mein Kinn los.

Ehrfürchtig sah ich zu ihm auf und versuchte nicht zu vergessen, zu atmen. Als ich begriff, was er gesagt hatte, machte ich einige unsichere Schritte rückwärts, entfernte mich von ihm.

"Oh, sexy Kleid übrigens, Kyles", gab er schmunzelnd von sich und zwinkterte mir zu, bevor er sich weg drehte und sich eine Zigarette anzündete.

Ich ergriff panisch meine Chance und begann davon zu laufen. Ich rannte regelrecht so schnell ich konnte und sah mich nicht einmal nach ihm um, aus Angst er könnte mir wirklich folgen. Doch das tat er nicht. Wieso sollte er auch? Wahrscheinlich wusste er längst, wo ich wohnte und wartete nur auf den perfekten Moment mich zurück zu holen.

Die Tränen rannen wie verrückt meine Wangen entlang und ich hatte Schwierigkeiten, noch irgendwas zu erkennen.
Als unser Haus endlich in der Ferne auftauchte, nahm ich nochmal alle Kraft zusammen und sprintete auf mein Zuhause zu. Ich kramte zittrig den Schlüssel aus meiner Tasche und sperrte die Tür auf. Ich fiel regelrecht ins Haus, weil ich einen derartigen Schwung draufhatte, dass die Tür auffiel und ich auf dem Boden landete.
Mit den Beinen strampelte ich so lange, bis die Haustür zufiel und wartete auf das vertraute Gefühl von Sicherheit, doch vergeblich. Es blieb aus. Ich hechelte wie eine Oma, nach einem Marathon und betete, dass meine Familie nichts von alledem mitbekommen hatte, jedoch ebenso vergeblich.

Cameron kam wie aus dem Nichts angerannt und kniete sich neben mir auf den Boden, griff nach meinen Armen und redete auf mich ein, doch das Rauschen in meinen Ohren war so laut, dass es sogar die Stimme meines Bruders übertönte.

Panisch sah ich mich um, bis ich in zwei starke Arme gezogen wurde. Ich traute mich nicht einmal zu blinzeln, krallte mich lediglich in das Shirt meines Bruders, in der Hoffnung, er könnte mir die panische Angst nehmen.

"Sag mir, was los ist", bat er aufgebracht und ich konnte seine Stimme endlich wieder wahrnehmen. Erneut brach ich in Tränen aus, schluchzte verzweifelt auf und brachte kein einziges Wort heraus.

Es war ein einziger, wahrgewordener Albtraum. Danny war in Pickering. Er war in Kanada, hatte mich gefunden und damit war ich offiziell geliefert. Es durfte nicht wahr sein, ich konnte mich nicht wieder so kaputt machen lassen, nochmal würde ich es nicht überstehen.

Mein Bruder half mir beim Aufstehen und brachte mich in mein Zimmer. All das spielte sich lediglich wie ein Film vor meinem Auge ab, denn meine Gedanken waren einzig und allein bei Danny.

Cameron schwieg und versuchte irgendwie das Richtige zu tun, was natürlich unglaublich liebevoll war, doch das konnte ich in diesem Moment überhaupt nicht wertschätzen. Ich wollte einfach nur verschwinden, aufhören zu existieren, nichts Weiter.

"Shawn hat mich angerufen, er hat gefragt, wo du bist", erzählte Cameron, nachdem er mich auf mein Bett gesetzt hatte. Ich schwieg lediglich und starrte die Wand mir gegenüber an, als könnte ich auf ihr sehen, was mir bevor stand.

"Also.. wo warst du? Alleine draußen, um diese Uhrzeit?", wollte er wissen und klang dabei beinahe vorwurfsvoll, doch er wollte es unterdrücken.
Recht hatte er ja, es war unglaublich dumm, doch Danny hätte mich so oder so gefunden. Wieder reagierte ich nicht auf seine Worte, starrte nur leer an ihm vorbei, konnte nicht einmal mehr schluchzen.
Die Tränen liefen einfach stumm weiter und ich konnte es nicht aufhalten.

"Kylie, hat die Jemand weh getan?", wollte mein Bruder plötzlich wissen und ich drehte den Kopf langsam zu ihm, sah ihm in die Augen, hoffte er würde sehen, was wirklich in mir vorging. Dass ich schreien wollte, was Danny getan hatte und was mich täglich verfolgte.

Doch ich schüttelte nur den Kopf und ließ mich nach hinten, auf mein Kissen fallen. Schnell drehte ich mich von Cameron weg, wollte nicht, dass er mich weiter so sehen musste.

Eine Zeit lang war es ruhig, bis ich spürte, wie mein Bruder sich vom Bett erhob und auf die Tür zulief.

"Ich verstehe schon, du willst deinen Freiraum, den gebe ich dir auch. Aber ich bin nebenan, wenn du mich brauchst, okay? Ich bin hier", gab er gekränkt von sich und ich antwortete erneut nicht, obwohl es mir schrecklich leid tat.

Kurz darauf schloss sich meine Zimmertür und die Dämme in mir brachen erneut. Ich heulte mir wörtlich die Augen aus dem Kopf, bis ich nicht mehr atmen konnte, in Husten und Würgen verfiel und regelrecht dachte zu sterben.

Es war vorbei. Das Ende stand mir bevor und ich hatte keine Ahnung, was ich dagegen tun sollte. Es war sowieso aussichtlos. Danny war hier, er hatte mich gefunden, erkannt und bereits jetzt zerstört.

Mein Handy leuchtete neben mir auf und ich griff mechanisch danach, rechnete bereits mit einer Nachricht von Danny, obwohl ich all seine Nummern hatte sperren lassen. Doch eine Nachricht von Shawn wurde mir angezeigt.

"Es tut mir leid, wie das heute gelaufen ist. Ich fand es echt sehr schön mit dir Kylie. Ich mach mir wirklich Sorgen um dich, kannst du mir bitte nur kurz schreiben, ob es dir gut geht?", stand in ihr und ich drückte das Handy auf mein Herz, versuchte die Sicherheit aufzusaugen, die diese Nachricht beinhaltete. Doch es half nicht. Wenn er doch nur wüsste..

"Nein", tippte ich schlicht, löschte es jedoch wieder und änderte es in ein "Ja, alles okay. Danke für den schönen Abend", was ich schließlich abschickte. Danach legte ich das Handy aus der Hand, bereit mich in einen unerholsamen Schlaf zu weinen.

S.M.|| I know what you did last Summer - Shawn Mendes FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt