Sorge

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Zuhause angekommen verabschiedete ich mich bei Sami und bedankte mich ein weiteres Mal. Vorsichtig trug ich Finja dann ins Bett, zog ihr ihre Klamotten aus und deckte sie sanft zu. Ich wollte mir gar nicht vorstellen was alles hätte passieren können und das nur weil ich so dämlich war und viel zu voreilig gehandelt hatte. Ich hoffte wir würden das morgen klären und alles würde wieder gut werden. Und erst als ich kurz vorm Schlafen war kam mir die schreckliche Erkenntnis. Finja hatte Alkohol getrunken. Verdammt. Nein, das konnte sie doch nicht wirklich getan haben. Vor Sorge hatte ich darüber gar nicht nachgedacht und auch Sami hatte das vollkommen ausgeblendet. Alles nur wegen mir, wegen mir hatte sie so einen Kummer , wegen mir hatte sie zum Alkohol gegriffen. Was wenn jetzt etwas mit unserem Kind passiert war? Ich wälzte mich hin und her und konnte die ganze Nacht kein einziges Auge zubekommen. Wir mussten morgen sofort zum Frauenarzt, da führte kein Weg dran vorbei. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Wieso musste sie Alkohol trinken? Sie hätte ihren Frust doch auch anders loswerden können. Ich war fertig mit der Welt, konnte einfach nicht mehr. Gegen 8.00 Uhr morgens stand ich auf, da ich eh nicht mehr einschlafen würde. Frustriert und völlig verzweifelt holte ich meine Sportsachen und ging eine große Runde joggen. Ich musste den Kopf wenigstens ein bisschen frei bekommen. Eine gute Stunde später kam ich total ausgepowert zuhause an und ließ mich schluchzend an der Haustür fallen. Ich konnte nicht mehr. Ich platzte vor Sorge um unser Kind. Ich musste Finja jetzt wecken und zum Frauenarzt, ganz schnell. Nur langsam konnte ich mich wieder fassen und lief zittrig hoch zu ihr. Aber anstatt eine schlafenden Finja vorzufinden, sah ich sie genauso fertig und weinend auf dem Bett. Wahrscheinlich hatte auch sie realisiert, was gestern passiert war. Unseren Streit komplett ausgeblendet,setzte ich mich neben sie und nahm sie einfach in den Arm. Gemeinsam saßen wir da nun weinend. "Samu es tut mir so leid. Ich weiß nicht warum ich das gemacht habe. Es ist alles meine Schuld, wenn unserem Kind jetzt etwas zugestoßen ist." Schluchzend krallte sie sich an meinen Rücken. "Nein, ich bin Schuld, wenn ich wäre nicht einfach weggefahren, du hättest so etwas nicht gemacht." "Das gab mir aber kein Recht so etwas hirnloses zu tun..." Wir beide gaben uns selber die Schuld dafür, ändern konnten wir es jetzt aber eh nicht mehr. "Lass uns gehen zum Frauenarzt ja?" Stumm nickte sie und stand auf. Schnell zogen wir uns etwas vernünftiges an und fuhren los. Da wir noch keinen Termin gemacht hatten, mussten wir Ewigkeiten warten bis wir endlich dran waren. Jede Minute die verging, wurde unsere Sorge schlimmer und schlimmer. Krampfhaft versuchten wir nicht wieder in Tränen auszubrechen, was mir besser als meiner Freundin gelang. Als wir dann irgendwann mal aufgerufen worden, sprang ich sofort auf und zog Finja gleich hinterher. Doktor Korhonen begrüßte uns freundlich, stellte sich vor und fragte natürlich sofort was passiert war. Da Finja nicht zum Reden fähig war, erzählte ich ihm von dem Problem. Natürlich war er auch nicht begeistert, versuchte uns aber zu beruhigen. Er verlor keine Zeit und begann dann sofort mit dem Ultraschall. Als ich das kleine Wesen auf dem Bildschirm sah, klopfte mein Herz wie verrückt. Ich war nicht oft bei den Untersuchungen dabei gewesen. Aber meine Sorge war viel größer als das Glücksgefühl. Es kam mir ewig vor, bis Dr. Korhonen endlich etwas über den Gesundheitszustand sagte. "Also Frau Müller, Herr Haber, ich kann bis jetzt keine Schäden feststellen. Sie haben mit dem starken Alkoholkonsum eine Frühgeburt ihres Sohnes herausgefordert und sollten jetzt viel Acht auf sich geben und sich schonen. Ob es gesundheitliche Folgen hat, werden wir in den letzten 8 oder eher weniger Wochen in regelmäßigen Abständen überprüfen." Vor Erleichterung fiel ich dem Arzt und gleich danach Finja in die Arme. Natürlich war es nicht schön, dass uns jetzt wahrscheinlich eine Frühgeburt erwarten würde und ganz sicher war das alles auch noch nicht, aber ich war ein wenig beruhigter als noch davor. Aber halt, hatte er gerade "unseres Sohnes" gesagt? Oh mein Gott, es würde ein Junge werden, ein kleiner Rockstar. "It's a boy." flüsterte ich Finja ins Ohr und bekam ein Strahlen entgegen.
Wir bekamen noch das Ultraschallbild mit und meldeten Finja hier an. Als wir vor der Autotür standen kam Finja nochmal auf mich zu und zog mich zu ihr runter um mich innig zu küssen. Ich spürte wie viel Liebe darin steckte und erwiderte es nach kurzem Zögern. "Es tut mir unendlich doll leid, dass ich uns in so eine Situation gebracht habe, wirklich. Und das was ich gestern gesagt habe, war auch total dumm. Ich weiß,dass du mich liebst, es war nur alles so überfordernd und ach keine Ahnung... Ich liebe dich einfach und will dich nicht verlieren." Ich konnte und wollte ihr gar nicht mehr böse sein und verwickelte sie in noch einen Kuss. "Mach so etwas nie wieder. Du darfst nicht zweifeln an meiner Liebe zu dir. Und unser Kind wird das packen, he's a little fighter like his parents." Sanft streichelte ich ihr über ihre Wangen und lächelte sie glücklich an. "Ein kleiner Junge Samu, ein kleiner Nachfolger. Er wird genauso hübsch werden wie sein Papa." "Nein, wie seine Mama." Wieder mussten wir uns liebevoll küssen, bevor wir dann wieder zurück fuhren.

Liebe auf den ersten Blick?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt