Kapitel 65

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Als ich meine Augen wieder öffnete saß ich noch immer auf dem Boden, mein Hintern schmerzte vom sitzen, und so entschloss ich mich dazu, mich langsam zu erheben und zum Sofa zu gehen. Auf besagtem Möbelstück lag mein Smartphone, etwas wackelig ließ ich mich auf die Polster sinken und blickte auf den Display. Es war mittlerweile 15:00 Uhr, und ich hatte 2 Anrufe in Abwesenheit von Phil! Mist, ich wollte doch heute noch in die Firma gehen! Rasend schnell sprang ich unter die Dusche und hatte - leider - keine Zeit mich etwas zu entspannen. Meine Haare föhnte ich nur kurz an und Band sie danach zu einem lockeren Knoten zusammen, anschließend zog ich mir eine kurze Jeans und ein schwarzes Shirt an, für mehr Styling hätte die Zeit sowieso nicht gereicht. Um Viertel vor 4 traf ich also in der Firma ein. Bevor ich mich in das Gebäude hinein begab, atmete ich einmal tief durch. Andre ist bestimmt hier. Ich wusste wirklich nicht was ich ihm hätte sagen sollen wenn ich auf ihn treffe, und so beschloss ich einfach schnell nach Alex zu suchen um mit ihm zu reden.

Im oberen Flur angekommen lief ich mal wieder an unzähligen Türen vorbei, und als ich am Projektraum von Ytitty vorbei kam, klopfte ich zart an die Tür. Sie wurde von Phil geöffnet, und dieser sah mich ein wenig genervt an.

"Lina, da bist du ja endlich!"

"Es tut mir so leid, ich bin eingeschlafen und..."

Ich wollte ihm gerade von meiner brenzligen Situation berichten, als er mich abrupt unterbrach.

"Ja, ist schon okay. Geh bitte in den Requisitenraum und..."

Er drückte mir eine Liste in die Hand.

"...sich dir diese Sachen zusammen. Wenn irgendetwas davon ein wenig Färbe gebrauchen könnte wäre ich dir dankbar wenn du das erledigen kannst. Okay?"

Ich nickte nur , da ich etwas überrumpelt war, doch danach machte ich mich sofort auf den Weg. In dem kleinen Raum werde ich bestimmt nicht auf Andre treffen. Ich entschloss mich aber vorher noch dazu, zu Alex zu gehen, und so klopfte ich Minuten später am YPlay Raum an.

"Herein?"

Ich trat durch die Tür, und als Alex mich sah kam er sofort auf mich zugelaufen und umarmte mich fröhlich.

"Linchen, du tauchst ja auch mal wieder auf"

Ich musste Lächeln, und fragte ihn anschließend, ob wir uns kurz unterhalten könnten. Er nickte ernst, und saß sich mit mir auf die Couch.

"Was ist denn los?"

Und so fing ich an zu erzählen. Ich erzählte ihm von Samu, den Streits, den Versöhnungen, den Wutausbrüchen und und und. Alex hörte mir gebannt zu, für ihn war das alles bestimmt so als würde ihm jemand ein spannendes Buch vorlesen, das tragische ist nur das dies keine erfundene Geschichte war.

Als ich fertig war, kämpfte ich schwer mit den Tränen. Ich wusste einfach nicht was ich machen sollte, die Situation erschien mir einfach ausweglos. Ich würde natürlich gerne wieder zu Samu und ihn beruhigen, so lange auf ihn einreden bis er mir glaubt, doch habe ich überhaupt die Kraft dazu? Und bin ich bereit dazu, die Konsequenzen von einem Leben mit ihm als Partner zu tragen? Die Antworten kamen mir selbstverständlich nicht zugeflogen, und als Alex mich sichtlich besorgt in seine Arme schloss, fing ich auch schon an zu weinen. Die Tränen quollen mir nur so über die Wangen, und ich bekam gar nicht mit, wie jemand die Tür öffnete und den Raum betrat.

"Was macht ihr denn hier?"

Ich erkannte die Stimme sofort, und wäre am liebsten geradewegs aus dem Gebäude gerannt, so wie ich es schon einmal getan hatte, so wie ich immer vor meinen Problemen weglief. Ich löste mich behutsam von Alex, und wischte mir die Tränen weg. Entschlossen stand ich von dem Sofa auf, während ich ihm noch ein kurzes "Danke" zuflüsterte, und meinen Blick dann zu Andre richtete.

"Das müsstest du ja wohl am besten wissen."

Meine Stimme war weinerlicher und pampiger als ich es geplant hatte, und ich stürmte energisch an Andre vorbei in den Flur, und wie sollte es auch anders kommen, er kam mir hinterher.

"Lina, nicht schon wieder!"

Ich blieb stehen, schloss meine Augen, und beruhigte mich kurz. Du schaffst das, du redest jetzt mit ihm und dann hast du eine Sorge weniger!

Erleichtert atmete Andre aus, als er hinter mir zum stehen kam und ich mich zu ihm wandte.

"Wollen wir das wirklich hier ausdiskutieren?"

Ich deutete mit dem Kopf zu der Tür neben uns, obwohl ich nicht einmal wusste was sich dahinter befand. Er zuckte mit den Schultern, und so begaben wir uns in den Raum hinein. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, betätigte ich den Lichtschalter, und wie sollte es auch anders sein, wir standen in einer viel zu engen Abstellkammer. Im ernsten Moment wollte ich gerade wieder rausgehen, doch das war mir dann zu aufwendig, ich wollte diese Sache ein für alle mal klären und hinter mich bringen. Als ich meinen Blick wieder zu Andre richtete, war dieser näher gekommen und hatte eine Hand so an der Wand hinter mir abgestützt, das mein Kopf zwischen Tür und Arm gefangen war.

"Was willst du mir denn sagen, Süße?"

Ich bemerkte, wie er immer näher kam, und ich entschloss mich dazu, sein Spielchen mitzuspielen, so frech war ich dann einfach mal.

"Oh Andre, das willst du doch nicht wirklich wissen..."

Ich hauchte meine Worte gegen seinen Hals und sah, wie sich dort eine Gänsehaut bildete.

"Jedoch...solltest du etwas wissen. Ich habe dir dieses SMS nicht geschickt, weil ich dich wieder zurück möchte und..."

Er unterbrach mich , und ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut, als er anfing zu reden. Ich musste durchhalten, einfach durchhalten!

"Wir wissen doch beide was du wirklich willst..."

"Ja, das du dich ein für alle mal von mir fern hältst!"

Nachdem ich ihm diesen Satz ins Ohr geflüstert hatte, bewegte er seinen Kopf ein Stück weit nach hinten, und sah mich verwundert an.

"Bitte, geh mir einfach nicht auf die Nerven. Ich habe gemerkt das ich einfach nichts für dich empfinde, sieh es doch endlich ein! Alle deine Versuche mich zurück zu bekommen haben keinen Sinn. Und bitte, bitte mach mir mein Leben nicht noch schwerer als es ist!"

Sein Blick verharrte auf meinen Augen, und es war keine Reaktion zu erwarten. Ich verließ eilig den Raum, in der Erwartung, er würde mir folgen, doch er tat es nicht. Vielleicht war es so besser für ihn. Hätte ich doch nur gewusst was dieses Gespräch für Auswirkungen haben sollte!

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