Kapitel 74

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_____'Lina's POV'_____

Ich war wieder im Hotel angekommen, nachdem Jukka mich dort hingebracht hatte. Während der Fahrt hatte er mich über meine Vergangenheit ausgefragt, wahrscheinlich nur um mich etwas abzulenken. Besagter Herr saß nun in meinem Zimmer auf dem riesigen Himmelbett, und war vermutlich kurz davor, einzunicken. Ich hingegen war gerade im Bad um mich umzuziehen, die Tür hatte ich offen gelassen, damit ich mich ein wenig mit Jukka unterhalten konnte. Und nein, er konnte mir nicht zusehen.

„Was willst du jetzt wegen Samu unternehmen?"

Seine Frage kam etwas unerwartet, und ich brauchte ein bisschen , um mir eine passende Antwort zurecht zu legen. Um ehrlich zu sein hatte ich nämlich schon einen Entschluss gefasst, der Samu bestimmt nicht gefallen würde. Also beschloss ich, Jukka lieber auch nichts davon zu erzählen.

„Was soll ich schon unternehmen? Er wird wissen, was er tut."

„Du weißt, dass du in Gefahr bist?"

Als seine Worte dieses Mal zu mir drangen, begann meine Haut zu kribbeln, und ich erzitterte für einen kurzen Moment. Er hatte natürlich Recht. Genau deswegen werde ich auch nicht in Finnland bleiben. Das ist der Beschluss den ich gefasst hatte, als ich allein in meinem Krankenzimmer war. Ich weiß, das ist alles ziemlich feige von mir. Und unfair. Denn ich werde Samu nichts von meiner Abreise berichten.

„Ja, ich weiß. Ich werde mir etwas einfallen lassen, okay?"

„Alles klar, aber pass auf dich auf."

Ich trat aus dem Bad heraus, und stellte mich vor einen Spiegel an der gegenüberliegenden Seite des Bettes. Während ich mir meine Haare kämmte, sah ich Jukkas Reflektion im Spiegel an.

„Jukka, ich habe schon einiges durch gemacht, das werde ich auch noch schaffen."

Er lächelte mich an, doch ich wusste , dass er sich trotzdem Sorgen machte. Meine Güte, ich bin doch kein kleines Kind mehr! Verzweifelt , aber dennoch entschlossen wandte ich mich zu ihm um.

„Vertrau mir, und wenn etwas ist, kann ich mich ja immer an dich wenden , oder?"

Ich hoffte , dass ich mit dieser Aussage den Beschützerinstinkt in ihm weckte, und siehe da, sein Grinsen wurde zu einem ernsten Gesichtsausdruck, und er saß sich etwas gerader hin.

„Natürlich, ich werde dir immer helfen."

Ich säuselte ein halbherziges „Vielen Dank", um seine Sinne noch etwas mehr zu benebeln, sodass er mich bald in Ruhe lassen würde. Ich musste meine Sachen noch zusammen packen, und von Ed wollte ich mich auch noch verabschieden, außerdem musste ich mich bei ihm bedanken. Klar, ihr werdet euch jetzt sicher denken: Warum lässt sie ihre große Liebe einfach so hängen? Die Antwort darauf ist nicht einfach zu formulieren. Es gibt einen Spruch der besagt, man soll das loslassen, was man am meisten liebt. Der Rest des Spruches war für mich nicht von Bedeutung. Ich wollte einfach ein ganz normales Leben führen, nicht eines an der Seite von einem berühmten Sänger, welcher zusätzlich noch Probleme mit der Mafia hat. Mein Gott.

„Jukka, mein Lieber, es wäre sehr nett von dir wenn du mich ein wenig allein lassen könntest."

In der Hoffnung, er würde nich fragen wieso, setzte ich mein gespieltes Lächeln auf.

„Natürlich. Ich werde morgen nochmal vorbei kommen."

Um ein leeres Zimmer vorzufinden , fügte ich seinen Worten in meinen Gedanken hinzu. Er erhob sich von dem Bett, und war nach einer flüchtigen Umarmung auch schon aus der Tür verschwunden. Glück gehabt, Lina !

Nach ungefähr einer halben Stunde hatte ich meinen Koffer gepackt, der Flug war auch schon längst von Mr. Silver organisiert worden. Dieser hatte mir auch versprochen, niemandem etwas von meiner Abreise zu erzählen. Mit meiner Sonnenbrille auf der Nase und hochgesteckten Haaren verließ ich möglichst unauffällig das Hotel. Mein Koffer war bereits in mein Taxi gebracht worden, und besagtes Stand nun vor dem Hotel, um mich zuerst zu Samu's Eltern, und dann zum Flughafen zu bringen.

Ich stand ein paar Minuten später vor dem großen und für meine Begriffe wunderschönen Haus, und legte einen Finger auf die Klingel, um diese danach sanft zu drücken. Ich trat einen Schritt zurück, und wartete. Nichts passierte. Ich legte meine Stirn in Falten, und klingelte erneut. Wieder nichts. Enttäuscht wandte ich mich um, und lief zu meinem Taxi. Tja, das nenne ich dann mal Pech. Doch ich wollte nicht auf sie warten, somit hätte es vielleicht sein können das ich noch auf Samu oder Jukka oder wen auch immer treffe. Ich musste einfach hier weg. Somit saß ich mich in das Auto, und ließ mich zum Flughafen fahren. Ich blickte während der Fahrt aus dem Fenster, und holte irgendwann mein Handy und meine Kopfhörer hervor. Nachdem ich mir diese in die Ohren gesteckt hatte, ließ ich meine Finger über den Display gleiten, um zu der Liste mit meinen ganzen Liedern zu kommen. Sofort tippte ich das Album von Billy Talent an. Ich war nunmal einfach nicht der Mensch, der sich durch traurige Lieder trösten ließ. Mir tat es gut, kraftvolle Songs zu hören, die mir Hoffnung gaben. So saß ich also da, und ließ Helsinki an mir vorbei ziehen.

Am Flughafen angekommen bedankte ich mich bei meinem Fahrer, und betrat das Gebäude. Noch immer hatte ich meine Musik auf den Ohren, und so kam mir die ganze Wartezeit in verschiedenen Gebäuden garnicht mehr so lange vor. Und als ich dann letztendlich im Flieger saß, Schloss ich die Augen, und lehnte mich in meinem Sitz zurück. Ich hatte in der letzten Zeit fast garnicht geschlafen, und dass machte sich auch bemerkbar.

Durch ein starkes rütteln wachte ich auf. Ich konnte gerade noch einen Teil davon mitbekommen, was aus der Sprechanlage im Flugzeug hervorkam.

"...landen in Frankfurt. Bitte bleiben sie auf ihren Sitzplätzen und schnallen sie sich an."

Ich saß mich etwas aufrechter hin, und nahm die Kopfhörer aus meinen Ohren. Nachdem das Flugzeug noch ein Paar mal ordentlich durchgeschüttelt wurde, wurden auch schon die Türen geöffnet, und ich konnte mit einem kleinen Bus zu dem Hauptgebäude fahren. Dort angekommen wartete ich noch auf meinen Koffer, und war dann auch schon verschwunden und auf dem Weg zu meinem Auto. Ich wollte einfach nur in meine Wohnung, und mir eine Pizza bestellen und mich vor den Fernseher setzten. Halt einfach das, was Singles an einem freien Abend machen.

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