Kumbus - Tiefgründige Tugendvorstellung Teil 1

693 116 112
                                    

Meister Kumbus Lumino öffnete die großen hölzernen Tore zum Kinsorrat und lief schnell auf die Straßen der riesigen Burgstadt Alda Idrion hinaus. Er hatte kurz zuvor eine Nachricht von einem jungen Kind bekommen, dass Samira und der Ahalion Kinsain, welchen er sehen wollte, an einem Kanal im Südportal angekommen waren. Der Meister hatte dem Rat mit seiner natürlichen Ruhe Bescheid gegeben und war sofort auf den Weg zum Portalhaus gegangen.

Er war sehr gespannt auf diesen Jungen Selat. Seit ein paar Jahren beobachtete Kumbus ihn schon, da seine Energiesignatur bemerkenswert war.

An einer Straßengabelung lief er an einem prachtvollen, aus lebendem Holz geformten, Haus vorbei, welches im herbstlichen Sonnenlicht anmutig glänzte. Mehrere Wesen wanderten entspannt durch die Straßen und schauten dem Kinsormeister hinterher. Dieser bog rechts ab und grüßte dabei einen Schmied, welcher ihm anerkennend zuwinkte. Dabei gelangte er durch eine Gasse, welche mit großen Fachwerkhäusern aus älteren Perioden der Geschichte Alda Idrions gefüllt war. Kumbus Lumino faszinierte die Architektur der Stadt immer wieder, denn sie beinhaltete so viele verschiedene Einflüsse einzelner geschichtlicher Zeiten. Zudem flossen eigene Kinsorarchitekturen mit denen der Kinsain zusammen, da immer wieder normale Menschen in die Stadt kamen und Kinsor wurden.

Nach ein paar Minuten des Laufens, kam er zu einem Stadtplatz. Dort zierte eine Statue aus leuchtendem und fließendem Licht das Zentrum. Sie stellte einen rund 20 Meter langen und 4 Meter hohen Drachen mit aufgerissenem Maul dar, auf dessen Rücken ein Kinsor mit emporgehobenem Kinsorstab saß. Ein großer Slau landete auf dem Kopf des Drachen und schien die Sonnenstrahlen aufzusaugen.

In des alten Mannes Brust nagten Zweifel. Der sonst so selbstsichere und redegewandte Meister wurde von vielen Bewohnern Alda Idrions verehrt. Diese schätzten ihn als mächtigen Kinsor und baten ihn um Rat in allen möglichen Angelegenheiten. Er lief stumm, wie getrieben von einem starken Willen; gleichzeitig zurückhaltend. Zu stark nagte in ihm die Erinnerung vom 16-jährigen Fehler.

Meister Kumbus konnte die riesige Stadtmauer bereits sehen und bog zur rechten in eine kleine Straße ab, die zum Portalhaus führte. Wenige Augenblicke später konnte er das kleine Gebäude bereits erkennen. Mit einem eleganten Satz sprang er die letzten vier Stufen der Treppen hoch und klopfte an der Tür. Die schwarzhaarige Wächterin öffnete diese bereits für Samira und dem Ahalion Kinsain Selat. Als die junge Trankbrauerin sah wer sie empfing, lief sie sofort auf ihn zu.

"Meister, ich habe ihn gebracht, wie Ihr es mir aufgetragen habt. Wir hatten zwar einen Zwischenfall mit einem Akephalen, aber Selat hat sogar schon Aerokinese verwendet."

Sie strahlte über das ganze Gesicht und Kumbus bemerkte, dass er die richtige Person für die Rekrutierung ausgewählt hatte. Es freute ihn sehr zu sehen, dass die junge Samira so euphorisch arbeitete und lebte. Der Meister kannte sie schon seit ihrer Geburt und es bedeutete ihm viel, ihr bei ihren Erfolgen und ihrem Werdegang beiseite stehen zu können.

"Vielen Dank, Samira. Ich werde Meisterin Undina Bescheid geben, dass du verantwortlich genug bist um die nächste Etappe des Kurses zu beginnen."

Dabei machte er ihr eine dankbare Geste und wies sie mit der klassischen Kinsorverabschiedung »Heov lunaîd sinio.« darauf hin, dass sie nun nach Hause gehen durfte.

Samira bedankte sich mehrmals hastig und blickte dann kurz zu Selat. Sie umarmte ihn, wünschte ihm viel Glück und schoss in die mittlerweile dunkel werdenden Gassen davon.

Kumbus wandte sich dem Teenager zu. Dieser war mittlerer Größe für sein Alter und hatte braune kurze Haare. Seine Arme zitterten leicht und der deutsche Junge schien in der fremden Umgebung etwas unsicher zu sein.

"Nun Selat, mein Name ist Kumbus Lumino. Erzähl mir bitte was dir in den letzten Tagen passiert ist. Dann kann ich dir beim Verständnis helfen."

Während er sprach, setzte der alte Mann dem benommenen Jungen väterlich eine Hand auf die Schulter und versuchte ihn zu beruhigen.

Selat schaute zögernd zu dem Mann auf und sprach dann: „Herr Lumino, i-ich bin sehr verwirrt. Erst kam Samira in meine Schule, dann gab sie mir einen seltsamen Stein mit komischen Inschriften und den Worten Valdin Inbologir. Dann habe ich irgendwie Halluzinationen gehabt und plötzlich konnte ich viel mehr sehen. Ich war oft im Wald und hab' irgendwann einen Hasenaffen gesehen – ich glaube ihr nennt ihn so – und das hat mir irgendwie Kopfschmerzen bereitet. Dann hab' ich etwas von einem Typen namens Collin Geiger gelesen und seine Frau sieht so aus wie Samira und dann kam so ein riesiges Monstervieh Akephale auf das Halloweenfest und den konnte ich erst nicht einstufen. Und warum sind wir durch ein Gemälde gesprungen?"

Der Junge hatte so schnell geredet, dass er außer Atem geraten war. Kumbus lachte ihm freundlich zu und erwiderte dann: "Ich beginne mit einer groben Einleitung in diese neue Welt und erkläre dir deine einzelnen Geschehnisse im Nachhinein. Komm, lass uns eine Runde laufen."

Mit diesen Worten begannen beide die Treppe hinunterzusteigen. Selat strahlte, trotz der Überwältigung an neuen Informationen, eine unglaubliche Wissbegierde aus und schien dem Meister, so gut wie es ging, aufmerksam zuzuhören.

"Die mächtigste Annahme, die du kriegen kannst ist: Alles was existiert besteht aus verschiedenen Energieformen und deren Interaktionen. Ein Kinsor sieht, zusätzlich zu den menschlich bekannten Grundkräften, noch einen zusätzlichen Teil der Realität. Als du nun den Stein berührtest, wurde ein Teil deiner Energieblockade im dritten Auge Chakra gelöst, und du begannst mehr vom Magischen zu sehen. Es ist jedoch ein sehr schwerer Übergang, da die Kinsain alles so wahrnehmen, wie sie es erwarten. Solch ein Sichtdilemma, hat in dir Kopfschmerzen hervorgerufen, als du im Hasenaffen gleichzeitig einen Hasen und einen Affen gesehen hast. Oder als du den Akephalen nicht einstufen konntest."

Der Meister bog mit seinem neuen Schüler links in die Gasse ab, welche zum Drachenplatz führte. Er musterte Selat genauer. Dieser war zwar immer noch überwältigt und verwirrt, schien jedoch alles einigermaßen gut zu verstehen.

Fast wie Adrian.

*************************************************

So Leute, das war's für heute. Freitag gibt's den 2. Teil des Kapitels.

Was haltet ihr bisher von Kumbus? Und von Alda Idrion?

Diesmal geht die Widmung an Nanimili, wie vor mehreren Wochen versprochen.

Ich freue mich über jeden Vote, Kommentar und/oder Theorie.

Kinsormagie: Der Wandel zur KlarheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt