Große Pinsel und Tinteneimer lagen auf dem Tisch im kleinen, vollbepackten Büro. Der Oigon Kumbus stand in seinem Raum und war dabei das Bild von Nilar Mesta zu bearbeiten. Er holte sich eine Leinwand und rief das gespeicherte Bild auf seinem Sientus in seine Gedanken. Blitzschnell tauchte das Foto vor seinem inneren Auge auf.
Mal sehen... Ich muss es bloß übertragen.
Er beugte sich näher an das große weiße Objekt und konzentrierte sich.
Übertragungsfähigkeiten waren besonders kompliziert und der alte Mann war der Einzige, welcher von sich behaupten konnte, diese Fähigkeit komplett gemeistert zu haben. Er schob ein paar Tintenfässer zu sich und visualisierte das Bild in allen Details. Dann gab er der Tinte den Befehl, das Gemälde zu bemalen.
Langsam aber sicher begannen unzählige Pinsel zu schweben und strichen sanft über die Leinwand. Von allen Seiten fraß die Farbe das blasse Weiß und der Anblick Nilar Mestas begann zu erscheinen.
Kurz darauf war das Gemälde fertig und Kumbus ließ es trocknen.
Der Oigon musste lachen als er daran dachte, dass Selat überhaupt nicht ahnte, was für ihn auf Nilar Mesta vorbereitet war. Plötzlich fiel dem Kinsormeister etwas ein.
Ich werde einen Schmied brauchen... Aidan ist der beste hier, aber seine Verbundenheit zu Sileus fragwürdig.
*
Am nächsten Tag kam Selat in das Lehrhaus. Er lief in den planetariumartigen Raum und stellte sich vor das Gemälde.
»Ist es schon bereit?«, wollte er wissen.
»Noch nicht. Es muss noch von einem Schmied mit dem anderen Portal verbunden werden.«
»Wir könnten Kinnay rufen. Ihm kann ich vertrauen.«
Meister Kumbus überlegte kurz.
Wenn der Schmiedelehrling bereits so weit ist, wäre dies in der Tat die beste Lösung.
»Also gut, ich lasse nach ihm rufen.«, sagte er und lief auf eine Tafel zu, auf die er »Kinnay Tejoman« schrieb. Während die Buchstaben verblassten, wendete der Oigon sich erneut Selat zu.
»Bevor du Geokinese lernst, bringe ich dir ein paar Sachen in Bezug auf Rhythmus und Informationsfluss bei.«, setzte der Meister an. »Alles um uns herum ist in ein riesiges Netz von verwobener Energie verbunden. Wenn du diese erreichst, kannst du, ähnlich dem Dhimana, Informationen downloaden. Manche Kinsain nennen es Psychometrik.«
»Gut, wie komme ich an diese Informationen ran?«, fragte der Junge verdutzt darüber, dass es ein natürliches Dhimana zu geben schien.
»Dafür muss ich dir etwas Anderes beibringen. Die Verbindung läuft nicht über ein vereinfachendes Gerät wie den Sientus, sondern über den natürlichen, unübersetzten Rhythmus der Informationsebene. Du musst deine innere Musik dem Objekt anpassen und wenn du es dann berührst, rufst du die damit verbundenen Gefühle und Informationen wieder auf. Außerdem kannst du deine Magieeffizienz verstärken, je nachdem wie du deinen Rhythmus wählst.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte der Schüler verdutzt.
»In einem Kampf zum Beispiel. Lass einen inneren Metal laufen um dir Kraft zu geben. Oder Dubstep. Der ist manchmal gut um durch irreguläre Hiebe besser zu verwirren. Aber denk dran, dass du Freiraum und Bewegung zulässt, sodass sich die Musik der Situation anpassen kann und dein Körper harmonisch mitfließt. Wenn du hingegen etwas mit Konzentration machst oder Gedanken manipulierst, ist eine ruhigere Musik besser.«, erklärte der Meister.
Als er daraufhin den misstrauischen Blick von dem Kinsorneuling sah, antwortete er lachend:
»Ja, ich kenne Metal und Dubstep.«
Selat lachte und fragte dann ernst: »Ist jeder Rhythmus eine Musik und haben wir jederzeit einen Rhythmus?«
Stolz schaute Meister Kumbus den Schüler an und sprach: »Zwei äußerst gute Fragen. Nein und Ja. Nicht jeder Rhythmus ist eine Musik und ja, jederzeit schwirrt unser Körper und Verstand. Ab und zu, vor allem wenn, du es nicht kontrollieren kannst, ist es ein chaotisches Durcheinander. Doch wenn du deine innere Einstellung gezielt einstellst, kannst du enorm viel manipulieren. Genau das, sollst du über die nächste Zeit üben, selbst während ich dir Erdmagie lehre.«
Plötzlich öffnete sich die Tür und Kinnay kam hereingestürmt.
Besorgt rief er: »Was ist passiert, Meister?«
»Beruhige dich.«, empfahl Kumbus ruhig. »Ich brauche deine Hilfe als Schmied, um ein Portal aufzubauen.«
Kinnay schien verwirrt zu sein.
»Normalerweise ruft Ihr mich nur bei Katastrophen... Ist Meister Aidan nicht besser für diese Arbeit geeignet?«, sagte er außer Atem.
»Nein, das Portal soll nicht bekannt sein, je weniger Leute davon wissen, desto besser.«, erklärte Selat.
Kinnay war geschmeichelt.
»Ich danke für das Vertrauen. Also«, rief er und rieb sich die Hände. »wo ist das Gemälde?« Meister Kumbus lief zu einer großen flachen Kerbe in der Wand und zog ein dunkles Tuch vom Gemälde Nilar Mestas.
»Wow, was ist das denn für ein Ort?«, entfuhr es dem Schmiedelehrling.
»Mein Geheimversteck!«, protzte Selat kindisch und bekam dafür einen neidischen Blick von seinem Freund.
»Gut«, sprach Kinnay und nahm seinen Stab in die Hand. »Das andere Gemälde ist schon vorbereitet und liegt dort?«
Selat schaute fragend zu Meister Kumbus. Dieser antwortete: »In der Tat, es ist dort. Ich habe dir soeben seinen Identifikationsschlüssel übertragen. Du kannst beginnen.«
Kinnay schien seinen Sientus abzuproben und nickte.
Dann rief Kumbus Selat und ließ Kinnay an dem Portal arbeiten.
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Würdet ihr auch gerne solche Übertragungskünste beherrschen?Und was ist eure interne "Musik" im Moment?
Ich freue mich über jeden Vote und Kommentar.
Heov veîmon siniuv!

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Kinsormagie: Der Wandel zur Klarheit
FantasyDies ist das erste Buch der Kinsormagie-Reihe! ************************ Auf der Welt existieren, neben uns normalen Menschen, die Kinsor, eine antike Gesellschaft, bestehend aus magisch und technologisch weiterentwickelten Personen. Sie haben die A...