Bestehen die tatsächlich aus dem legendären Metall, Indrie?
Laryssa beobachtete, wie schwere Riegel die Tore des Südportals verschlossen. Vor Kurzem war der Schmiedelehrling Kinnay auf dem Weg zurück durchgelaufen. Er hatte gemeint, dass er Selat besucht und ihm Süßigkeiten gebracht hatte.
Wenn ich nicht an diesem Portal Wache stehen müsste, würde ich dies auch machen. Aber meine Mutter...
Das Mädchen dachte über ihre Situation nach. Ihre Mutter war nun schon über zwei Jahre in dem Zustand. Damals war Laryssa noch elf Jahre alt gewesen und es hatte alles verändert. Der Vater hatte die beiden verlassen und war zurück in seine Heimatstadt, das japanische Fiboned gegangen. Das Mädchen hatte begonnen, sich um ihre Mutter zu kümmern und hatte sie zu allen möglichen Trankbrauern in der Stadt gebracht. Doch die meisten hatten sie ratlos entlassen.
Vor wenigen Monaten jedoch hatte Meisterin Undina gemeint, dass es sich um außerirdische Magie handeln könne und dass es eine neue experimentelle Behandlung dafür gab. Diese hatte tatsächlich ein wenig geholfen, aber eine wahre Heilung war es nicht gewesen.
Und jetzt bin ich hier...
Den Wächterjob hatte Laryssa nur ausgewählt, da die Ausbildung dafür bloß zwei Jahre dauerte und sie auf die Weise schneller Geld verdienen konnte. Hätte sie Zeit und keinen Handlungsdruck gehabt, hätte sie anders gewählt.
In der Ferne bemerkte die Wächterin plötzlich eine rothaarige Gestalt. Als diese näher kam, bemerkte das Mädchen, dass es Samira war.
»Guten Nachmittag, Laryssa!«, rief sie und wollte durch die Tore gehen.
»Das wird leider nicht möglich sein, Samira.«, entgegnete die Schwarzhaarige. »Heute Morgen kam eine neue Anweisung. Die Nacht über müssen die Portale verschlossen bleiben. Vermutlich wegen des Angriffes auf die Stadt vorgestern.«
Enttäuscht setzte Samira sich auf eine Mauer in der Nähe. Sie murmelte, dass sie eigentlich Selat sehen wollte, aber bis zu jenem Augenblick keine Zeit gehabt hätte.
Willkommen im Club!
»Sag mal, du bist doch Trankbrauerin, oder?«, fragte Laryssa neugierig.
»Kinsor Biorion... Und du?«, erwiderte Samira matt.
»Kinsor Alenoi... Hab' die Wächterausbildung schon beendet...«, sagte sie leise, denn Wächter waren nicht immer mit so großem Status verbunden.
»Waaas?«, rief Samira erstaunt. »Dann bist du ja eigentlich Meisterin Laryssa!«
Laryssa wurde rot und lächelte froh.
Dann fiel ihr etwas ein und sie sprach: »Am Tag der Freischaltung hat Meisterin Undina dich haushoch gelobt und gemeint, du seist schon sehr fortgeschritten im Kurs...«
Diesmal wurde Samira rot.
»Wer... Naja, ich bin im zweiten Jahr.«
Laryssa nickte und antwortete: »Könntest du dir bitte etwas anschauen? Vielleicht hilft es dir sogar auch in deiner Ausbildung...«
Die Rothaarige nickte verwirrt.
Die Wächterin, die nun mit den verriegelten Portalen von ihrer Pflicht befreit war, schritt vor und bat der Trankbrauerin ihr zu folgen.
Wenigstens muss ich heute nicht mehr Wache stehen.
Langsam liefen die beiden Mädchen durch die Straßen Alda Idrions, bis sie an ein kleines Häuschen kamen. Die Farbe blätterte von der Fassade und einzelne Löcher waren in den Stein geritzt.
»Repariert dieses Haus sich nicht mehr?«, erkundigte Samira sich vorsichtig.
»Eine seltsame Krankheit hat es befallen, so wie meine Mutter.«, erklärte Laryssa.
Innerhalb des Hauses drang den Mädchen ein starker Geruch von Essig und Drachensternwugessenz in die Nase. Ein kleiner freier Weg wand sich durch durcheinander fallende Papiere, Stühle und Bücher.
Laryssa führte ihre Gefährtin durch das Labyrinth aus Chaos bis beide an ein kleines dunkles Bett kamen. Darauf lag eine schwarzhaarige Frau, welche ihrer Tochter sehr ähnlich war. Bloß die asiatischen Züge hatte das Mädchen von ihrem Vater geerbt.
Die Haut der Frau hatte eine ungesunde bleiche Farbe und war so trocken, dass sie an manchen Stellen abzublättern schien. Ihre Augen bewegten sich nur langsam und sie war beinahe leblos.
Hastig lief Samira an das Bett und untersuchte die Kranke. Bei jedem Test wurde sie blasser.
»Das kann nicht sein. Zuerst dachte ich, dass ihr Chi-Fluss in Ordnung sei. Aber wenn man genau hinsieht ist es einfach Falsch... Es ist so, als würde ihre eigene Lebenskraft umprogrammiert sein, um sie krank zu machen...«, sagte Samira voller Furcht. »Ich habe schon einmal von so etwas gelesen... Aber das waren nur Mythen.«
Tränen stiegen in Laryssas Augen. Als Samira dies sah, versuchte sie sanft und sicher zu sprechen.
»Keine Sorge, wir finden schon etwas. Dieser Zauber wird den Aufzeichnungen zufolge als V'rd Bl'rd bezeichnet. Ein paar Fragmente von ihm kommen manchmal auf die Erde. Ob jemand sie beschwört oder es eine andere weltmanipulierende Sprache ist, weiß niemand. Es ist zwar fremde Magie, aber wenn man Legenden glaubt, kann man dies mit herkömmlichen Mitteln heilen. Wie wurde es denn bisher behandelt?«
Laryssa sammelte sich wieder und erzählte von den Diagnosen und Meisterin Undinas experimentelle Therapie.
»Hm...«, sprach Samira nachdenklich. »Sie ist tatsächlich die beste Trankbrauerin dieser Stadt.«
Die Rothaarige lief umher und nahm ein wenig der Drachensternwugessenz vom Tisch und schaute es sich an.
»Ein Seelenkraft-Reset also...«, murmelte sie.
Dann richtete sie ihren Kopf auf und sprach: »Das ist jetzt nur eine Vermutung... Aber ich habe schon einmal mit einer Substanz gearbeitet, die ebenfalls nicht von der Erde stammt und theoretisch vielleicht dafür sorgen könnte, dass sich die Wugessenz mit der schadenden Magie verbindet und somit den Heileffekt hervorbringt. Aber...«
»Aber was?«, fragte Laryssa hastig.
Samira blickte besorgt auf ihre neue Freundin und verkündete: »Das, wovon ich rede ist Ektoplasma von Nesselgeistern...«
Entsetzt blickte Laryssa ihre Gehilfin an.
»Nesselgeister? Weißt du, wie teuer so etwas ist?«, rief sie, die Hoffnung verlierend.
Samira kam näher und umarmte die Wächterin tröstend.
»Das kriegen wir schon hin!«
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Was sagt ihr zu dem Kapitel?
Die Widmung geht an Coco_dnr.
Ich freue mich über jeden Vote und Kommentar. :)
Heov veîmon siniuv!
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Kinsormagie: Der Wandel zur Klarheit
FantastikDies ist das erste Buch der Kinsormagie-Reihe! ************************ Auf der Welt existieren, neben uns normalen Menschen, die Kinsor, eine antike Gesellschaft, bestehend aus magisch und technologisch weiterentwickelten Personen. Sie haben die A...