Ykia - Obskure Ombrage

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Dreimal haben sie schon angerufen...

Der 10-jährige Ykia Giarb schaute seinen Eltern zu, wie sie von einer Seite zur anderen nervös umherliefen. Seine Mutter hatte den strohblonden Jungen schon ins Bett geschickt, aber er konnte nicht schlafen. Er vermisste seinen Bruder und blieb daher wach.

Zum Glück ist morgen keine Schule!

Einige Zeit später war er ins Wohnzimmer gegangen und setzte sich auf die breite Couch.

Im Halbschlaf beobachtete Ykia, wie John Giarb etliche Male jemanden am Telefon anrief; scheinbar nutzlos. Christine hatte sich nun hingesetzt und wippte ungeduldig von einer Seite zur anderen.

Kurze Zeit später fragte der kleine Junge: »Mama, wird Selat bald zurückkommen?«

Die nervöse Mutter antwortete nicht. Sie biss sich einfach voller Angst auf die Lippe und schlug ihrem Sohn vor, den Fernseher anzustellen.

Vielleicht spielt Selat uns auch einfach einen Streich! Das wäre episch!

Er nahm die Fernbedienung und drückte den roten Knopf. Der Bildschirm sprang an. Ykia verstand nicht recht was passierte; es war vermutlich ein Nachrichtenprogramm. Doch dann hörte er etwas, das in ihm einen Drang weckte weiterzuhören.

Die Show filmte eine Waldlandschaft. An einer bestimmten Stelle konnte man ein großes Loch erkennen.

Vielleicht eine Höhle?

»Die seltsamen Ereignisse begannen hier, in einem kanadischen Wald nahe der nördlichen Spitze des Lake Superiors. Ein junges Elternpaar verlor ihr Kind und sah es nicht wieder. Nach einer Suchaktion fand man einen großen Bau, in dem zerrissene Stücke der Kleider des Jungen gefunden wurden. Man fand Fußspuren, welche aus dem Bau herausführten. Diese konnten bisher noch nicht eingeordnet werden. Man vermutet jedoch, dass sie einem Menschen mit klauenartigen Schuhen gehören können.«, erklärte der Nachrichtensprecher.

»Was schaust du denn da, Ykia?«, schrie John entsetzt.

Der Junge sah seinen Vater mit einem ernsten Blick an und antwortete: »Ich schaue die Nachrichten. Geh bitte woandershin spielen.«

Christine warf ihm einen strengen Blick zu.

»Außerdem gab es, auf dem nordamerikanischen Kontinent, um den Lake Superior verteilt, andere Fälle verschwundener Menschen.«, fuhr die Stimme im Fernseher fort, » Die Umstände der Geschehnisse sind die gleichen wie beim ersten Fall. Unidentifizierte Fußspuren in der Nähe zerrissener, manchmal blutiger Kleidung. Manche Experten meinen, ein Fall von Kannibalis...«

Christine war vor Entsetzen aufgesprungen und hatte den Fernseher ausgeschaltet. Dann rannte sie an den Wohnzimmertisch und nahm Ykias Zeichenbuch in die Hand.

Der Sohn schmollte kurz, ließ sich jedoch letztendlich vom Zeichnen verführen. Er war davon schon immer begeistert gewesen, denn bei der künstlerischen Darstellung konnte er seinen Gefühlen, Tagträumereien und Wahrnehmungen freien Lauf lassen.

Er schlug das Heft auf und sah mehrere Symbole, welche er immer als Aufwärmung kritzelte. Kreise, umgedrehte Dreiecke mit Spiralen, Quadrate und wellenförmige Linien, die wie eine liegende Acht aussahen. Er schaute weiter und musterte seine Selat-Zeichnungen, welche den Bruder in verschiedenen Szenen und oft mit einem befleckten Arm darstellten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erklang das Geräusch der Türklingel. John stürmte zum Hauseingang und sah erleichtert auf seinen Sohn. Kurz darauf kam Christine angestürzt und umarmte Selat stark. Dann stellte sie sich neben ihren Ehemann und beide blickten, nun etwas entspannter, auf den Mann, der ihren Sohn begleitete.

Ykia rannte ebenfalls zum Eingang um mitzukriegen was passierte. Er sah seinen Bruder und den Fremden mit grauweißem Anzug und freundlichen olivgrünen Augen. Dieser unterhielt sich mit Ykias Vater.

»Hallo, mein Name ist Kumbus Lumino. Es ist mir eine Ehre, Sie kennenlernen zu dürfen. Ihr Sohn ist ein bemerkenswerter Schüler. Ich habe ihn heute in meine Vorlesung in der Universität eingeladen. Es tut mir leid, dass sie sich dessen nicht bewusst waren.«, sagte der Mann.

John blickte erst verwirrt und verärgert auf Selat, dann schien sich sein Gesicht zu einem stolzen Ausdruck zu wandeln.

»Machen Sie sich keine Sorgen. Die Schule hat das versäumt.«

»Sagen Sie, Herr Giarb, könnte ich mir ihren Sohn für Leistungskurse jeden Nachmittag nach der Schule ausleihen? Wir haben uns bereits darüber unterhalten. Es fehlt nur ihre Erlaubnis.«, fügte Herr Lumino hinzu.

John schien all das sehr zu gefallen und er willigte fröhlich ein ohne zu fragen, ob Selat überhaupt schon alt genug dafür war und in welcher Universität dies passieren würde. Nach einer Weile verabschiedete sich der fremde Mann. Somit war Familie Giarb wieder vereint und schloss die Tür.

»Hey, Ykia. Was hast du heute gemacht?«, wollte Selat wissen.

»Nichts Besonderes. War ja vorher auf dem Halloween-Fest der Fünftklässler und hab jetzt, als wir auf dich gewartet haben, ein paar Reportagen über verschwundene Kinder in Läik Supirior... oder so... gesehen.«, protzte der kleine Bruder.

Kurz darauf fragte er: »Was ist los, warum bist du so blass geworden? Hast du ein Gespenst gesehen?«

»Mehr oder weniger.«, antworte Selat benommen.

Herr Giarb blickte noch stolz in die Leere, wandte sich dann aber ernst zu Selat und sprach: »Ich finde es gut, dass du dich sehr für deine Zukunft anstrengst, aber wie kannst du es wagen mit so einem schäbigen Kostüm vor einen Professor zu treten?«

Selat blickte verwirrt und leicht eingeschüchtert auf und wollte etwas erwidern, wurde jedoch abgeschnitten.

»Und schau mal wie schmutzig und zerfleddert du aussiehst. Man könnte kaum glauben, dass du der Sohn von Mode-Firmenleitern bist!«

Christine legte schnell eine Hand auf Johns Schulter und besänftigte: »Sei nicht so streng mit ihm. Der Professor sah nicht gekränkt aus.«

Der Vater atmete rasch aus und schien wieder ruhig zu werden.

Derverlorene – und nun zurückgekehrte – Sohn wechselte noch ein paar nette Worte mitseinen Eltern und gab dann zu, müde zu sein. Die stolzen John und Christine wünschtenihm eine gute Nacht und schickten auch Ykia ins Bett. Keine 20 Minuten später warenalle Giarbs schon in ihren Zimmern. Der kleine Junge Ykia jedoch hatte mehrere Albträumemit Geweihen, roten Augen und stechendem Gestank.

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Wer von euch kann Ykia verstehen und zeichnet auch gerne?

Ich hab mir überlegt ein Kinsor-Zeichenwettbewerb-Buch zu beginnen und es würde mich interessieren, wer von euch Lust hätte teilzunehmen.

Vermutlich sind wir noch zu wenige. Es wäre cool, wenn ihr diese Geschichte mit euren Freunden teilen könntet. :p

Dieses Kapitel geht an StorySisters4Live.

Ich freue mich über jeden Vote, Kommentar und Theorie.

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