Angst begann sich in Selat aufzubauen und eine tiefe Dunkelheit begann sich zu formen. Samira blickte umher und wurde noch blasser. Sie legte ihre Hand auf Selats Arm und versuchte ihn zu beruhigen. Plötzlich verschwand die Dunkelheit wieder.
»Hast du gerade Schatten...«, begann die Trankbrauerin.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Sie stand auf und hieß Meister Kumbus willkommen. Er lief schnell auf Selat zu und schaute sich das Bein an.
»Ein Welthund? Bist du dir sicher?«, fragte er mit seltsamer Ruhe und schaute sich im Zimmer wie ein witternder Hund um.
Selat nickte und verzerrte dann das Gesicht vor Schmerz.
»Die Grenze ist gebrochen.«, erklärte der Meister. »Die Schutzzauber, welche der von Sileus ausgesuchte Narr um deine Wohnzirkel gelegt hat, scheinen nachgegeben zu haben. Ob Valdin Inbologir oder nicht, du hast eine starke Anziehungskraft auf Monster. Von überall werden sie angezogen. Das musstest du leider schon einmal erleben.«
Selat verstand nicht.
»Wovon redet Ihr?«, fragte der Junge benommen.
Kumbus war verstummt und schien seine Worte zu wählen: »Dies ist vielleicht nicht die beste Zeit, aber du wurdest einmal auf der Loreley von einer mächtigen Nixe verfolgt. Ein paar Kinsor konnten sie noch rechtzeitig verjagen, aber sie hatte schon unersetzbaren Schaden angerichtet.«
Peter...
Selat hatte von ihm geträumt. Am selben Tag an dem er auch von der Muschelschlange geträumt hatte.
Dann waren jene Leute, welche ich damals sah, Kinsor?
Seine Brust begann wieder von dem Verlust vor drei Jahren zu schmerzen. Ein grausamer Gedanke begann sich in Selats Gehirn einzuwurzeln.
Es ist meine Schuld. Ich habe diese Bestie angezogen. Ich werde sie finden. Und dann erledige ich sie ein für alle Mal.
»Es tut mir so leid, mein Junge...«, sprach Meister Kumbus tröstend.
Dann stand er auf und fragte Samira, ob sie dem Jungen schon die Medikamente gegen das Gift gegeben hatte. Er meinte, dass die Lähmung und der Schmerz ein Hindernis für den Holmgang sein könnten, wenn die Heilung nicht rechtzeitig erfolgte.
»Ich werde umgehend die Grenze Zoberhagens wieder schützen. Vermutlich wurde irgendwo durch eine Horde Monster ein Loch in die Mauer geschossen.«, sprach der Kinsormeister.
»Wartet, Meister!«, rief Samira schnell. »Könnt Ihr den Holmgang nicht absagen?«
Kumbus drehte sich um und sprach mit seiner unheimlichen Ruhe: »Tut mir leid, Samira, unser Gesetz ist in dieser Hinsicht noch veraltet. Ich werde mich dafür einsetzen, das in Zukunft zu ändern, aber für den Moment muss Selat es durchstehen.«
Kurz darauf ging er fort und ließ die Teenager allein.
»Samira...«, begann Selat und stand mühselig auf. Sie zog ihn zum Sofa und legte ihn hin.
Ok... Was jetzt?
Dann nahm sie eine Decke und legte sie auf ihn.
»Ich muss noch ein paar Zutaten für deinen nächsten Trank besorgen. Versuche dich zu erholen.«
Dann, ohne weitere Worte ging sie davon.
*
Warme Sonnenstrahlen schienen dem jungen Selat ins Gesicht, als er seinem besten Freund Peter hinterherrannte. Das Wetter war wärmer, als man es für Deutschland im Herbst erwarten konnte.
»Mich kriegst du nie!«, rief Peter lachend, während er an den Büschen vorbei auf dem Loreleyfelsen umherraste.
Selat freute sich innerlich, denn Peter war der erste Kumpel, der sich nicht über ihn lustig machte. Diesmal jedoch fühlte er sich stärker als sonst. Er war ein Kinsor! Mit einem Anlauf nutzte er seine Lieblingsflugtechnik. Er rannte, warf sich in die Luft und flog dann wie ein Jet durch die Luft. Immer wenn er stehen bleiben wollte, stellte er sich aufrecht in den Wind, mit Fußsohlen und Handflächen nach unten gerichtet, als wären sie Düsen. Diese Flugtechnik erinnerte ihn an seinen Lieblingssuperhelden.
Einige Schüler waren gelangweilt und schauten den Berg hinab auf die sich dahinziehenden Wassermengen des Rheins. Peter, Selats bester Freund, stand dem Abgrund näher, als dieser es von ihm erwartet hätte. Doch es schien ihn nicht zu stören, zumindest nicht so lange bis...
Eine große Gestalt kletterte die Felsen hoch. Sie versuchte Selat zu packen, verfehlte jedoch. Ein Schrei durchriss die Luft. Dort, wo eben noch Peter stand, waren nun nur noch Schleifspuren im Boden zu sehen und Selat wollte es gar nicht hören, als die Lehrerin entsetzt feststellte: »Er ist gestürzt!«
*
Erschrocken wachte Selat auf. Er brauchte einige Zeit, um zu erkennen, wo er war. Samira saß neben ihm auf dem Sofa und versuchte scheinbar festzustellen, ob ihr Patient Fieber hatte.
Sie nahm die Hand von seiner Stirn und teilte mit: »Der Holmgang beginnt in 20 Minuten. Hier trink das!«
Sie reichte ihm eine Schüssel mit einer grünen Substanz. Zuckend trank der Junge das scheußliche Getränk und stand auf.
»Was war das?«, wollte er wissen.
»Pflanzenwugessenz. Ein sehr gutes Mittel gegen Gifte und Schmerzen.«, erwiderte sie und stand ebenfalls auf.
NEEEEEIN! Das Vieh, das wir gesehen haben, schmeckt so wie es aussieht. Ganz anders als das andere Wugding...
Der Junge stand schwermütig auf und bedankte sich für die Tränke und Behandlung. Dann ging er auf die Tür zu und meinte, dass er schon mal zur Purion Dirol Arena gehen würde.
Samira lief auf ihn zu und fragte: »Warum hast du das eigentlich gemacht?«
Er tat ein paar schmerzvolle Schritte und flüsterte dann: »Für dich...«
Samira schaute ihn fassungslos und klatschte ihm mit der Hand ins Gesicht.
»Zieh mich da ja nicht mit rein, Idiot!«, sagte sie genervt und heilte die Wange sofort wieder mit der Wassertechnik.
Das habe ich wohl verdient, dachte er.
Doch bevor er aus dem Haus ging flüsterte das Mädchen ihm warnend entgegen: »Pass auf dich auf...«
*
Humpelnd kam der Kinsorneuling an die Arena. Am Eingang sah er ein Schild, auf dem stand:
»Holmgang: Selat Giarb x Arkady Witra«
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Habt ihr erwartet, dass Peter eigentlich von einer mörderischen Nixe in die Tiefe gezogen wurde?
Und jetzt ist es fast so weit. Im nächsten Update kommt der Holmgang! Hier könnt ihr noch zum letzten Mal eure Wetten abgeben. xD
Heov veîmon siniuv!
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Kinsormagie: Der Wandel zur Klarheit
FantasyDies ist das erste Buch der Kinsormagie-Reihe! ************************ Auf der Welt existieren, neben uns normalen Menschen, die Kinsor, eine antike Gesellschaft, bestehend aus magisch und technologisch weiterentwickelten Personen. Sie haben die A...