ɢᴏᴏᴅ ᴍᴏʀɴɪɴɢ

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„Yoongi, ich weiß, dass du mich hörst."

Die Stimme war nun lauter, dichter an meinem Ohr, auch wenn ich niemanden sehen konnte. Ich wusste, dass jemand gerade versuchte mich aufzuwecken.
Auch wenn ich nicht wollte.
Ich wollte nicht, dass mein Retter mich losließ, dass ich bis zu meinem nächsten Albtraum warten musste, bis ich ihn wieder sah.

„VERDAMMT MACH DIE AUGEN AUF!"

Etwas klatschte auf meine Wange, wodurch ich erschrocken hochfuhr und die Augen auf riss. Mein Kopf knallte gegen etwas, doch ich konnte nichts erkennen, da mich grelles Licht blendete.
Ein empörter Aufschrei verriet mir jedoch, dass das Etwas vermutlich ein Mensch war.

„Mein Kopf. Mein wunderschöner Kopf", stöhnte er und ich konnte spüren wie mein Gehirn anfing zu arbeiten.
Ich lag in meinem Bett.
Mit meiner flauschigen Decke und meinem weichen Kissen.
Auf einer weichen Matratze.
Mit ganz vielen anderen weichen Kissen und einem weniger weichen jungen Mann namens Kim Seokjin, der mich böse anfunkelte, auch wenn er meiner Meinung nach nicht das Recht dazu hatte, immerhin hat er mich geweckt.

„Tschuldige", nuschelte ich dann doch vorsichtshalber. Wenn Jin einmal sauer war, dann war für nichts garantiert.

„Nein ich muss mich entschuldigen, Yoongi. Ich hab dich geweckt", murmelte er dann doch, als ob nichts passiert wäre.
Überrascht über die plötzliche Freundlichkeit setzte ich mich gerade auf und versuchte meine Augen an das Flutlicht zu gewöhnen, was hier im Zimmer war. Jin hatte tatsächlich nichts ausgelassen, von meiner Schreibtischlampe, über die Lichterketten an meinem Fenster bis hin zur Deckenbeleuchtung war alles an.

„Wieso hast du mich geweckt?", fragte ich und kniff meine Augen zusammen und machte sie wieder auf, in der Hoffnung die Lichtflecken würden verschwinden.

„Du hast geschrien, davon... bin ich wach geworden und wollte nachsehen ob alles in Ordnung ist. Und dann hast du angefangen zu weinen und herumzuzappeln und deswegen wollte ich dich wecken", erklärte er und griff zu einer Packung, die auf meinem Nachttisch lag. Er zog die Tabletten heraus und zählte sie einmal durch, bevor er mich wieder ansah, dieses Mal wieder mit diesem strengen Blick, den ich so überhaupt nicht leiden konnte.

„Du hast sie nicht genommen. War ja klar, dass das passiert", stöhnte er und legte die Tabletten wieder zurück.
Mein Blick folgte seiner Hand, bis er auf meinen Wecker fiel, der gerade einmal 2:03 Uhr anzeigte.

„Und du weckst mich um zwei Uhr nachts, gerade zu dem Zeitpunkt, wo er aufgetaucht ist?", grummelte ich zurück und wollte mich wieder hinlegen, doch jetzt als Jin's Interesse geweckt war, konnte ich das mit dem weiterschlafen vergessen.

„Hast du dieses Mal sein Gesicht gesehen?", fragte er neugierig und rutschte näher an mich ran.
Als ob ich um diese Uhrzeit eine Märchenstunde geben würde.

„Ich hab Durst", meinte ich nur, seine Frage ignorierend. Jin seufzte und stand auf.
Er wusste was das hieß.

„Heiße Milch mit oder ohne Honig?", fragte er, was mich Grinsen ließ. Jin wusste meine Antwort.
Jin wusste generell fast alles über meine Angewohnheiten. Was nicht verwunderlich war, immerhin lebte ich bereits seit drei Jahren bei ihm.

Davor war ich bei einem Ziehvater, der sich als Psychopath entpuppte und anfing mich zu misshandeln, bis das Jugendamt einschritt.
Mir fielen wieder die Einzelheiten meines Traumes ein und ich notierte mir in Gedanken, dass dieser Mann womöglich eines meiner schlimmsten Traumas verursacht hatte.

Jin war ganz anders. Er arbeitete als Model und Schauspieler und kümmerte sich immer gut um mich, auch wenn ich eigentlich schon fast erwachsen war.
Er wusste von den regelmäßigen Albträumen, die anders als normal waren, und er wusste auch von den Schlaftabletten, die ich nehmen sollte, um die Nächte durchzuschlafen.
Nur leider nahm er seinen Job als Erziehungsberechtigter manchmal zu ernst.

„Kommst du wenigstens mit? Dann kannst du in der Küche erzählen", meinte er und hielt mir die Tür auf.
Seufzend schlug ich meine warme Decke zurück und merkte erst jetzt, dass ich nassgeschwitzt war, als ob ich gerade einen Marathon gerannt wäre. Meine Haare klebten an meiner Stirn und ich spürte sofort wie ich auskühlte, als ich nicht mehr die Wärme der Decke hatte.

Vorsichtig stand ich auf und versuchte zur Tür zu laufen, doch höllische Kopfschmerzen hinderten mich daran, ebenso wie die Lichtflecken, die langsam zu schwarzen Punkten wurden und mir die Sicht nahmen. Ich verlor das Gleichgewicht und knallte mit meinem Kopf gegen den Schrank. Dieses Mal unterdrückte ich ein lautes Fluchen und versuchte mich aufzurappeln, doch das Bild vor meinen Augen verschwamm.
Ich sah nur verzerrt wie Jin sich über mich beugte und etwas von meinem Nachttisch nahm.
Mehrmals blinzelte ich, um wieder klare Sicht zu bekommen, und versuchte die Schmerzen zu ignorieren, doch es brachte nichts.

Plötzlich spürte ich etwas kaltes und nasses in meinem Gesicht und keine zwei Sekunden später war mein Blick wieder klar und die Kopfschmerzen soweit eingedämmt, dass ich vernünftig geradeaus gucken konnte. Direkt in Jin's Gesicht, der ein, jetzt leeres, Glas Wasser in der Hand hielt.

„Besser?", fragte er und hielt mir eine Hand hin, die ich einfach nahm, unfähig ihm jetzt noch irgendeine Beleidigung an den Kopf zu werfen. Wahrscheinlich sollte ich ihm dankbar sein, dass er mir geholfen hatte, doch so früh konnte ich nicht klar denken, weshalb ich einfach den Mund hielt.

„Wir hatten das doch besprochen. Am Morgen langsam aufstehen, erst einmal was trinken und dann größere Sachen machen, wie anziehen und so", meinte er, worüber ich unwillkürlich Grinsen musste. Ich hatte nie eine richtig Mutter gehabt, aber Jin war ein perfekter Ersatz dafür.

„Und jetzt komm. Ich mach dir eine heiße Milch mit Honig, damit du dich etwas beruhigst und dann erzählst du mir, was du geträumt hast", erklärte er mir und sah mich dabei direkt an, als ob ich meine Sinne nicht ganz beisammen hätte.
Was ich auch nicht hatte, immerhin wurde ich gerade aus einer Tiefschlafphase geweckt, wurde blind durch meine Zimmerbeleuchtung, hatte einen Schwindelanfall und 250 Milliliter Wasser in meinem Gesicht und jetzt auch auf meinem T-Shirt.

„Ja, Eomma", murmelte ich nur und tapste Jin hinterher, der mich mit einem bösen Blick bedachte, woraufhin ich wieder Grinsen musste.















Erstmal... Wow *-*
Danke an alle, die für diese Geschichte schon gevotet und kommentiert haben. Ich hätte nie gedacht, dass sie in so kurzer Zeit schon Leser haben wird.
Danke Danke Danke

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt