ᴋᴇʏs

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Der Bus hielt, als die Wolken über uns aufplatzten und von jetzt auf gleich, alles durchnässten, was ihnen unterkam. So auch meine Jacke, die natürlich nicht für Regen ausgelegt war und meinen Koffer, dem ich ebenfalls nicht zutraute, dass er der Dusche standhielt.

„Muss es ausgerechnet jetzt anfangen zu regnen?", beschwerte Tae sich hinter mir, dem die Haare schon am Kopf klebten.

Dadurch das der Parkplatz ungefähr vierhundert Meter von der Jugendherberge entfernt war, wurden wir dazu gezwungen durch den Regen zu laufen und waren alle nach dreißig Metern schon komplett durchnässt, da es in Seoul wirklich kein einziges Anzeichen von Regen gab und folglich keiner an eine wasserfeste Jacke gedacht hatte.

„Die wollen uns so schnell wie möglich wieder loswerden", gab ich als Antwort und zerrte meinen Koffer durch eine Pfütze, woraufhin etwas von dem schmutzigen Wasser hoch spritzte und meine Hosenbeine durchnässte.
Na super.

„Aber so schlimm sind wir doch gar nicht. Oder Cheonan? So schlimm sind wir doch gar nicht?"

Den letzten Satz brüllte Tae schon fast, doch das laute Prasseln des Regens übertönte seine Stimme, sodass es niemand so richtig mitbekommen hatte, außer ich.

Das Funkeln in den Augen des Braunhaarigen zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen und ich holte wieder etwas zu ihm auf, um neben ihm zu laufen. Mein Koffer war schwerer als er aussah.

„Na, wie süß. Deine Haare kräuseln sich bei Feuchtigkeit", meinte er plötzlich und wuschelte mir mit seiner freien Hand durch meine Locken, woraufhin mir etwas Wasser in die Augen lief.

„Ich hasse dich", antwortete ich ihm einfach und wollte mich unter seiner Hand weg ducken, doch dank meiner grandiosen Unfähigkeit stolperte ich über meine eigenen Füße und war kurz davor in eine der Monsterpfützen zu stürzen, hätte mich nicht jemand am Arm gepackt und so knapp über dem dreckigen Wasser aufgefangen.

Dankbar sah ich zu Jimin, der mich mit einem Ruck wieder auf die Beine zog, aber sofort wieder seinem Koffer nahm und nach vorne zu Jungkook aufholte, der sich schon suchend umsah.

„Was war denn das?", fragte Tae, nachdem ich wieder fähig war mich zu bewegen und erneut den Griff meines Koffers in die Hand genommen hatte.
War das Verbitterung, die in seiner Stimme mitschwang?

„Ich weiß nicht", stellte ich mich dumm und richtete meinen Blick wieder nach vorne, damit der Braunhaarige nicht sehen konnte, wie ich mir die Hitze in die Wangen stieg, trotz dem Regen, der mich langsam aber sicher auskühlte.

„Okaay", murmelte er, wobei für seine Verhältnisse viel zu viel Ironie in diesem Wort lag.
Das war nicht der Taehyung, den ich kannte.

Wir liefen noch eine Weile weiter, bis wir kurz vor dem Eingang der Jugendherberge standen, als ich mich doch überwand das für ihn total untypische Schweigen zu überwinden.

„Alles in Ordnung?"

„Wie? Ja klar. Warum nicht?", gab er viel zu schnell die Antwort und zog seinen Koffer unter das Vordach, was jetzt allerdings auch nicht mehr viel brachte.
Wir waren nass bis auf die Knochen.

Ich beschloss einfach nicht weiter nachzufragen und setzte mich auf meinen Koffer drauf, während Herr Lee umging und kontrollierte, ob alle da waren.
Frau Choi, die ebenfalls mitgekommen war, war schon reingegangen um die Dinge an der Rezeption zu klären.

„Ihr bekommt pro Zimmer einen Schlüssel. Bitte wundert euch nicht, wenn wo einmal drei Betten stehen sollten. Das ist mit Absicht so und nein ihr könnt nicht mehr aus der Ordnung raus, die wir vor den Winterferien ausgemacht haben", kündigte unser Klassenlehrer mit erhobener Stimme an und versuchte die ungeduldigen Schüler zu beruhigen, was jedoch nicht so viel brachte, da es offensichtlich wichtiger war, zu diskutieren, wie man die zehn Tage mit feuchten Klamotten überstehen sollte.

Ich verdrehte nur die Augen und sah wieder zu Tae, der mich immer noch zu ignorieren schien, was mich langsam anfing zu nerven.
Was hatte ich denn Bitteschön falsch gemacht?

„Tae?"

Keine Antwort.
Sein Ernst?

„Taehyung?"

Er blinzelte, als ich seinen vollen Namen aussprach, doch er starrte immer noch an mir vorbei auf einen unsichtbaren Punkt.

„Kim Taehyung, hör auf mich zu ignorieren", meinte ich jetzt etwas lauter zu ihm, was ihn doch aus seiner Starre zu lösen schien.

„Ich hab dich nicht ignoriert. Ich war nur gerade woanders", nuschelte er und sah mich wieder an. Mit diesem leeren Blick, den ich seit Ewigkeiten nicht mehr an ihm gesehen hatte.

Wer's glaubt, schoss es mir durch den Kopf. Allerdings biss ich mir im richtigen Moment auf die Zunge.
Das würde jetzt noch fehlen einen Streit mit ihm anzuzetteln, wenn wir die nächsten zehn Tage aufeinander hocken mussten.

„Taehyung und Yoongi. Hier ist euer Zimmerschlüssel. Ich glaube die Nummer 10 ist am Ende des zweiten Ganges. Etwas abgeschottet von den anderen Zimmern. Ich hoffe das stört nicht", unterbrach Herr Lee, Gott sei Dank, unser Gespräch und drückte Tae einen Schlüssel in die Hand, bevor er zur nächsten Gruppe weiter rauschte und denen ebenfalls die Schlüssel überreichte.

Ich wechselte einen kurzen Blick mit dem Größeren, dessen Miene noch immer nicht zu deuten war.

„Los?"

„Los!", gab er als Antwort und ging voraus, doch trotzdem konnte ich in der Spiegelung der Glastür erkennen, dass er lächelte, auch wenn er sich nicht mir zugewandt hatte.

Den Jungen sollte einer verstehen.

Insgeheim hielt ich auf den Gängen nach Jimin Ausschau, doch ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Vermutlich war er schon in seinem Zimmer.
Zusammen mit Jungkook.

„Da wären wir", meinte Tae und blieb so plötzlich stehen, dass ich beinahe gegen ihn gelaufen wäre.
Seine Hand zitterte etwas, als er die Tür aufschloss und eintrat.
Ich folgte ihm neugierig.

Mein Schlafzimmer war schon immer für mich einer der wenigen Rückzugsorte gewesen, die ich besaß, weshalb ich es seltsamerweise für wichtig empfand, dass mir der Ort, wo ich die nächsten zehn Tage schlafen würde, zusagte und nicht nur mit einem klapprigen Bettgestell und einem verkalktem Waschbecken bestand, die in Kombination an eine heruntergekommene Gefängniszelle erinnern würden.

Das was ich hier vor mir sah, war jedoch ganz anders als erwartet.

Zuerst einmal ging der Eingangsbereich auch zu einem Badezimmer ab, das, soweit ich das von meiner Position aus beurteilen konnte, auch eine vernünftig aussehende Dusche hatte.
Welches normale Zimmer in der Jugendherberge hatte eine eigene Dusche?

Doch das war im Nachhinein nicht der Grund, warum ich fast an meiner eigenen Spucke erstickt wäre.

Der Bereich in dem das Bett stand war gemütlich. Ein Sessel, ein Tisch, Blümchen auf dem Fensterbrett.
Das waren wirklich keine Dinge, die mich störten.

Das Problem war das Bett.
Und das auch nicht, weil es klapprig war.

Es war das einzige in diesem viel zu komfortablen Zimmer.

















Und wieder eine Lesenacht, als Ersatz für die fehlenden Kapitel dieser Woche.
Bis 23:00 Uhr kommt jetzt stündlich ein Kapitel, solange mein Handy nicht den Geist aufgibt

Viel Spaß ^^

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt