ᴅʀᴇᴀᴍ ᴏɴᴇ ᴛʜᴏᴜsᴀɴᴅ ᴛʜɪʀᴛʏ-ᴛᴡᴏ

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Es reichte wohl nicht, dass ich ihn jetzt im echten Leben kannte. Nein, der Mistkerl lümmelte auf einem Sitz, als wäre er von nun an auch der Herr über diese Welt.
Über meine Welt.

Und auch wenn ich manchmal alles andere als hier sein wollte, hatte ich doch etwas gehofft wenigstens nach diesem Tag vertrautes Areal zu sehen.
Vertraute Ängste zu haben.
Der Tag hatte die Tür in eine neue Welt zu weit aufgerissen. Ich wollte einfach nur nach Hause.
Auch wenn das wahrscheinlich wieder gefressen werden heißen würde.

„...angenehme Fahrt", klirrte eine metallische Stimme von irgendwo weiter oben, wahrscheinlich aus einem Lautsprecher, und ich dachte erst jetzt daran, mich eventuell noch weiter umzusehen.
Der Silberhaarige nahm meine Blicke viel zu sehr ein.

Ich saß in einer Gondel und soweit ich das erkennen konnte, gehörte diese zu einem Riesenrad. Es war Nacht, doch das Blinken der Lichter sorgte dafür, dass  man genau erkennen konnte, was um einen herum passierte.
Mir gegenüber saß der Silberhaarige.
Nicht zu aufgerichtet, nicht in sich gesunken. Der Blick neutral, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
Er starrte zur Seite und entweder hatte er mich nicht bemerkt oder er ignorierte mich.

Ich wusste, dass ich träumte.

Was auch immer gleich passieren würde, ich würde es nicht beginnen. Sollte mein Unterbewusstsein doch machen was es wollte. Das schlimmste was passieren konnte, war wenn Jimin die Angst in meinem Traum sein sollte. Aber selbst wenn er es sein sollte, dann müsste ich doch irgendetwas fühlen und keinen Plan von vorne und hinten haben.
Oder?

Wir fuhren los. Die dämliche Musik des Jahrmarktes, auf dem das Riesenrad stand, wurde mit jedem Meter leiser. Von weiter oben hatte ich einen besseren Blick auf den Platz, der vollgestellt war mit bunten Ständen und Fahrgeschäften.

Früher war ich immer mal wieder an einem Jahrmarkt vorbeigelaufen, hatte aber nicht sonderlich viel von den schrillen Farben und der lauten Musik, dem Gelächter und der guten Laune gehalten. Es war einfach zu viel auf einmal für meinen getrübten Sinn für Schönes.

Außerdem hatte mich mein Ziehvater immer weitergezogen, sobald ich angefangen hatte die Stände zu betrachten, sodass ich nie die Möglichkeit hatte zu verstehen, was Menschen daran toll fanden.
Jetzt wo ich auf dem Weg nach oben war und den Platz von oben betrachten konnte, konnte ich es etwas besser nachvollziehen.
Die Farben füllten die grauen Lücken des Alltags und täuschten den Schein der Zufriedenheit vor. Wenn man mich zu diesem Thema befragen würde, jedenfalls.

Ich war zwar noch nie auf einem Riesenrad, aber ich glaube so muss es sich anfühlen, wenn man in so einer Gondel sitzt und die Welt unter sich langsam kleiner wird.
Wenn man die Lichter der Hochhäuser im Stadtzentrum sieht und sich im Horizont verliert, wo die letzten Spuren Sonnenlicht den Himmel leicht violett färben lassen.

Es war perfekt und beinahe hätte ich mich sogar in diesem wohligen Gefühl des Friedens verloren, wenn ich mich nicht an die Realität erinnert hätte.

Oder wenn die Realität sich nicht bemerkbar gemacht hätte.

Gerade als die Gondel den höchsten Punkt des Rades erreicht hatte, blieb sie stehen und die Lichter gingen aus. Das Meer aus funkelnden Lampen erlosch und machte der Finsternis Platz, die sich über die übrigen Fahrgeschäfte legte, wie eine Decke.
Zurück blieben nur ich, der Vollmond und Jimin, der mir immer noch teilnahmslos gegenüber saß und auf die Stadt sah.

Das Gelächter und Gedudel von unten war verstummt, sodass man nur noch meinen Atem und das Rauschen des Windes hören konnte. Ich riskierte einen Blick in Jimin's Richtung, doch er bemerkte mich nicht einmal.
Jedenfalls sah es so aus.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt