sᴛᴀʏ ᴛʜᴇ ɴɪɢʜᴛ

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Jimin ließ den Block sinken und hob den Kopf um mich anzusehen. Vielleicht irrte ich mich, aber in seinen Augen sammelten sich langsam Tränen, als er versuchte meinem Blick stand zu halten.
Seine Hand zitterte leicht, doch ich tat so, als würde ich es nicht bemerken.

Ich sah ihm tief in die Augen, ohne etwas zu sagen, aber ich glaube, dass er auch so verstand was ich wollte.
Eine Antwort.
Eine Antwort auf meine Aussage.

„Ich... ich...", fing er an zu stottern, doch ich winkte nur ab und nahm ihm den Block wieder aus der Hand.
Was war er doch für ein Idiot.
Mit dem Stift überkritzelte ich den letzten Satz und begutachtete noch einmal den kompletten Text. Er war gut geworden, man könnte ihn abgeben.
Vielleicht könnte Tae noch irgendwas dazu schreiben, damit er auch eine Note bekam, aber im Großen und ganzen, war es gut.

„Sind wir fertig?", fragte ich nach einer Weile und sah hoch. Genau in dem Moment, wo Jimin sich mit dem Ärmel eine Träne von der Wange wischte.
Ich kniff die Lippen zusammen und versuchte keine Emotionen zu zeigen.
Sollte er doch denken und machen was er wollte.
Sollte er doch leben wie er wollte.
Nur sollte er nicht erwarten, dass ich auf ihn Rücksicht nahm.

„Ja ich denke schon", flüsterte der Silberhaarige, vermied es aber Blickkontakt mit mir aufzunehmen.
Ich sah kurz auf seinen Wecker und stellte fest, dass wir seit fast zwei Stunden an dem Aufsatz geschrieben haben.
Es war 20:35 Uhr. Wenn ich mich beeilte, könnte ich um halb zehn zuhause sein.

„Wie weit ist es, wenn ich von hier aus zum Bahnhof laufe?", fragte ich, obwohl ich gerade nicht wirklich Lust hatte zu laufen. Eigentlich hatte ich darauf gehofft, dass Jimin's Bruder mich wieder mitnehmen könnte, aber als er im Auto von seiner Freundin angefangen hatte zu erzählen, hatte er erwähnt, dass er heute noch nach Daegu fahren wollte um sie zu besuchen. Und ich zweifelte an der Tatsache, dass noch jemand anderes in diesem Haushalt ein Auto besaß.

„Eine halbe Stunde vielleicht. Es gibt ein paar Abkürzungen durch die Nachbargärten, aber mein Bruder könnte dich fahr-... ach stimmt ja."
Offensichtlich war im gerade wieder eingefallen, dass dieser gerade auf dem Weg nach Daegu war. Er lehnte sich wieder an die Wand und starrte auf seine Füße.

„Alles gut, ich kann auch laufen", beruhigte ich ihn und wollte gerade aufstehen, als seine Zimmertür weit aufgerissen wurde und ein Mädchen, das nicht älter als sieben sein konnte, im Pyjama hereinstürmte.

„Jiminiiie! Du hast das Abendessen verpasst, aber Eomma sagt..."
Sie verstummte als ihr Blick auf mich viel. Ihre Augen wurden groß und sie starrte abwechselnd zwischen mir und Jimin hin und her.

„Yoongi das ist Nuri, meine kleine Schwester. Nuri, Yoongi", stellte Jimin uns vor und deutete dabei auf mich. „Wir haben an einem Projekt für die Schule gearbeitet. Warum habt ihr uns nicht zum Essen geholt?"

„Eomma hat gesagt, ich soll dich nicht stören", murmelte die Kleine, Nuri, und starrte mich weiter fasziniert an, was mich langsam unsicher werden ließ.
Lag es daran, dass Jimin sonst niemanden hier her brachte oder sah ich einfach so seltsam aus?

„Ist egal. Ich hab keinen Hunger und Yoongi wollte sowieso gleich los. Stimmt's?", fragte er und sah mich dabei durchdringend an.
Ich erwiderte seinen Blick nur mit einem leichten Nicken und versuchte seine immer noch etwas geröteten Augen zu ignorieren.
Unser Gespräch war beendet. Wie hassten uns jetzt wieder genauso leidenschaftlich wie vorher.
Wie schön.

„Ja, das wollte ich", murmelte ich und schnappte mir meine Tasche, die noch neben dem Bett lag, bereit das Zimmer zu verlassen, auch wenn ich den Weg nicht kannte und mich wahrscheinlich verlaufen würde, wenn ich jetzt einfach losging.
Zum Glück stand diese Nuri immer noch im Türrahmen und starrte mich an.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt