ᴅʀᴇᴀᴍ ᴏɴᴇ ᴛʜᴏᴜsᴀɴᴅ ᴛʜɪʀᴛʏ-ғɪᴠᴇ

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- Yoongi -

„Glaubst du wirklich die Menschen machen sich sofort ein Bild von dir, wenn sie dich das erste mal sehen?"

Jimin's Hand lag auf meinem Bein und strich immer wieder über den Stoff meiner Jeans. Sein Blick war konzentriert als wären die kreisenden Bewegungen seiner Finger eine Herausforderung für ihn.

„Ja. Das macht doch jeder Mensch. Stell dir vor du würdest ein Mädchen in einem Café treffen, das Augenringe des Todes hat, wahllos irgendeine Klamottenkombination trägt und die ungekämmten Haare, ohne einen Blick in den Spiegel, einfach nur hochgesteckt hat. Sie würde auf dich zukommen, stolpern und dir ihren heißen Kaffee über deinen Pulli schütten. Was würde dir zuerst zu ihr einfallen?", stellte ich die Gegenfrage und sah auf die dunklen U-Bahnschienen direkt vor mir.

Jimin schien zu überlegen, denn er unterbrach seine Tätigkeit und folgte meinem Blick auf die Gleise. Im Halbdunkeln sah ich eine Ratte über die Steine laufen und in der nächsten Lücke wieder verschwinden.

„Wir haben doch nur vom ersten Eindruck vom Aussehen her geredet. Wenn jetzt noch eine Handlung dazukommt, dann musst du wahrscheinlich mit einem ‚Ja' als Antwort rechnen. Handlungen können das Bild eines Menschen so unfassbar leicht beeinflussen", meinte er und widmete sich wieder meinem Bein. Ich folgte seinen Bewegungen und lächelte leicht als seine Finger das Loch der Jeans an meinen Knie erreichten und dort sanft über meine Haut strichen.

„Worum ging es noch einmal am Anfang?", fragte ich nach einer Weile, da mich seine Antworten irgendwie immer weiter verwirrten.

Das spärliche Licht, was uns die letzte noch funktionierende Deckenbeleuchtung spendete, fing an etwas zu flackern um nach kurzer Zeit ganz ihren Geist aufzugeben. Fast vollständige Finsternis hüllte uns ein, doch aus dem U-Bahntunnel, der fünfundzwanzig Meter von uns entfernt anfing, drang immer noch etwas gedämpftes Licht, sodass ich noch gerade so die weichen Gesichtszüge des Silberhaarigen erkennen konnte.

„Du hast mich gefragt, wieso ich so freundlich war, damals im Fahrstuhl. Du hast gedacht ich würde dich wegen deiner heruntergekommenen Erscheinung sofort verurteilen", murmelte Jimin und ich meinte an seiner Stimme ein leichtes Lächeln zu hören.

Seine Hand lag nun ganz auf meinem Knie und gab ihre Wärme an meine ausgekühlte Haut ab. Wahrscheinlich hatte ich meine Decke aus meinem Bett geschmissen, während ich auf den Schienen lag, unfähig mich zu bewegen, und mir die Seele aus dem Leib geschrien hatte.

„Ich sah aus wie ein Penner und besonders freundlich war ich auch nicht wirklich. Da ist es doch klar, dass ich dachte, du magst mich nicht", antwortete ich und meine Stimme wurde immer leiser als ich an den Tag zurück dachte, wo er mich ohne Grund angelächelt und mir sogar noch geholfen hatte, als ich ihn wegstieß.

„Du sahst aus, als hättest du etwas zu verbergen. Ich wollte wissen was es war", murmelte Jimin und ich sah im fahlen Licht wie er sich leicht vorbeugte um mich anzusehen. Meine Beine waren angewinkelt und ich hatte meine Arme um sie geschlungen um sie noch enger an meinen Körper zu ziehen.

Mir war wirklich kalt.
Ob es daran lag, dass meine Decke wahrscheinlich auf dem Boden neben meinem Bett lag oder mein Kopf aus dem verlassenen U-Bahnhof eine Tiefkühltruhe gemacht hatte, wusste ich nicht.

„Du bist zu neugierig. Manchmal muss man einem Menschen seine Geheimnisse lassen", flüsterte ich ohne groß über meine Worte nachzudenken. Seine Haare fielen ihm in die Stirn und ich riss mich zusammen, sie nicht zurück zu streichen.

Eine Weile starrten wir uns einfach nur an. Auch wenn ich nur angedeutete Schemen seines Gesichtes erkennen konnte, genoss ich diesen kurzen Moment. Die Spannung zwischen uns war greifbar und ich hoffte inständig, dass ich mir diese Verbindung nicht einbildete.
Ich glaubte, dass ich lächelte.
Und ich war froh, dass es dunkel genug war, dass er es nicht sehen konnte.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt