ᴅʀᴇᴀᴍ ᴏɴᴇ ᴛʜᴏᴜsᴀɴᴅ ᴛᴡᴏ ʜᴜɴᴅʀᴇᴅ ᴀɴᴅ sɪxᴛᴇᴇɴ

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Wenn man immer nur noch dem gleichen Schema lebt, wird man vieles niemals zu Gesicht bekommen oder wahrnehmen können. Man bleibt in seiner Komfortzone gefangen, mit vertrauten Gefühlen und vertrauten Bildern. Und wenn irgendwann einmal etwas kommen sollte, was diese Mauer durchbrechen kann, trifft es einen überraschender als ein Schlag.

Bei mir war dieser Schlag die Angst.

Nicht die Angst vor etwas bestimmten, wie einer Person oder einem Gegenstand.
Mehr die Angst um jemanden.

Die Angst, die man mit Besorgnis vergleichen kann. Wenn sie nicht sogar das selbe ist, wie Besorgnis.

Ich kannte mich dabei nicht aus, weshalb ich es lieber sein ließ mich auf etwas festzulegen.
Einfach nur Angst.

Aber zum Glück war trotz dem neuen Gefühl meiner Träume eine Sache gleich geblieben.
Das Haus.

Wie so oft fragte ich mich, wie es überhaupt existieren und meine Gedankenwelt so weit einnehmen konnte, dass es der einzige Ort war, zu dem ich immer wiederkehrte. Egal wie lang oder kurz ich nicht mehr dort gewesen war.

Dieses Mal befand ich mich jedoch in einem Raum, wo ich erst ein paar mal war und so keine klaren Erinnerungen mehr daran hatte.
Der Keller.

Und trotzdem kam mir jeder einzelne Balken, jedes einzelne Fass, der Warmwasserspeicher, die Kisten, die Tiefkühltruhe, ja sogar die Spinnenweben bekannt vor. Es kam mir so bekannt vor, wie meine vier Wände bei Jin.

Ich wusste, wo ich hintreten musste, um nicht über eine Kiste voller Comics zu stolpern.
Ich wusste, wie ich zum Lichtschalter kam, ohne mich in Spinnenweben zu verfangen.
Und ich wusste, dass das Licht kaputt war und nur leicht flackerte, als ich es versuchte anzumachen.

Die Kühltruhe summte leise vor sich hin, während ich mich langsam wieder zurückdrehte um mich im Keller umzusehen. Das Gefühl der Vertrautheit war beängstigend und gleichzeitig beruhigend.
Ich kannte jedes einzelne Geräusch, was dieser Raum machte, wenn ich absolut still war. Und aus irgendeinem Grund sorgte das Summen und Flackern der Lampe für den altbekannten Frieden in meinem Kopf, sodass ich kurz die Angst vergaß, die sich in mir bereitgemacht hatte.

Doch als auf einmal das Summen aufhörte und das spärliche Licht der Lampe erlosch, war sie wieder da.
So plötzlich, dass ich kurz vergaß zu atmen.

„Hallo?", fragte ich in die Totenstille hinein, ohne mit einer Antwort zu rechnen. Umso heftiger zuckte ich zusammen, als ein süßer Klang die Räume erfüllte.

„Yoongi?"

„Jiminie?"

Da stand er.
Die Haare zerzaust, das schwarze T-Shirt zerknittert und der Blick rastlos umherschweifend, als wäre er nervös.

„Was machst du hier?", fragte er mit leiser Stimme, doch durch die Stille drang jede einzelne Silbe zu mir durch.

Verwirrt erwiderte ich seinen Blick und trat einen Schritt nach vorne. Was ich hier machte?
Das war so eine untypische Frage für ihn. Aber Jimin konnte es nicht sein. Das hätte ich am Funkeln seiner Augen gesehen.

„Ich... weiß es nicht", murmelte ich und versuchte meine durcheinander geworfenen Gedanken auf die Reihe zu bekommen.
Er durfte eigentlich noch nicht hier sein.
Er war noch nicht da gewesen. Und davor kam Jiminie nicht. Und dann diese Frage...
Was zur Hölle war hier los?

„Du musst verschwinden."
Wieder war seine Stimme nicht mehr als ein Hauchen. Und langsam, ganz langsam, mischte sich Nervosität in die Angst.

„Warum?", brachte ich hervor und machte noch einen Schritt auf ihn zu, woraufhin er etwas zurückwich. Weiter in die Dunkelheit des Kellers hinein.

„Du musst verschwinden."
Dieses Mal klang seine Stimme fast verzweifelt. Und ich wäre seiner Bitte vermutlich auch nachgegangen, wenn mir die Leere hinter Jiminie nicht auf einmal so unfassbar gefährlich vorgekommen wäre.
Vor allem, weil ich keinen Plan davon hatte, was sich dort befand. Im Gegensatz zu dem Raum, wo ich jetzt stand.

„Jetzt."
Das Echo dieses Wortes hallte in meinem Kopf wieder. Immer und immer wieder und wurde mit jedem Mal lauter, sodass ich irgendwann Kopfschmerzen bekam und eine Hand an meine Schläfen führte.

Der Raum kippte.
Ich hielt mich an der Kühltruhe fest.
Jiminie sah mich einfach nur weiter an. Seine Lippen formten noch immer dieses 'Jetzt', als hätte sich die Zeit verlangsamt.

Ich versuchte mich auf den Silberhaarigen zu fixieren, um wenigstens einen Anhaltspunkt in diesem Wirrwarr aus Gefühlen und Schmerz zu haben, doch er trat noch einen Schritt zurück. Weiter rein in diesen unbekannten Raum, der irgendwie Kälte ausstrahlte.

„Bleib hier!", wollte ich murmeln, doch meine Kehle war staubtrocken, sodass nur ein tonloses Krächzen herauskam. Aus irgendeinem Grund, total erschöpft, stützte ich mich an der Kühltruhe ab und machte langsam einen Schritt auf ihn zu.

Das 'Jetzt' füllte noch immer meinen Kopf, doch mittlerweile konnte ich die Schmerzen einigermaßen ignorieren.

„Bitte."

Die Laute vermischten sich mit dem ewigen Echo und sorgten für Verwirrung in meinen Gedanken.
Verwirrung neben der Angst um den Silberhaarigen, der immer weiter zurück in den Schatten lief, bis ich ihn nur noch anhand seines hellen Gesichtes ausmachen konnte.

„Jiminie-...", startete ich einen neuen Versuch und schüttelte den Kopf um seine Stimme loszuwerden.
Mit aller Kraft stützte ich mich an der Truhe ab und stolperte nach vorne, bereit dem Silberhaarigen in die Finsternis zu folgen.
Ihn daraus zu retten, so wie er mich immer wieder gerettet hatte.
Die letzten drei Jahre.

„Du kannst mich nicht retten", flüsterte Jiminie und mir fiel ein Stein vom Herzen, als er stehen blieb und mich direkt ansah, wie ich mich am Türrahmen abstützte.
Aus irgendeinem Grund schwer atmend und vollkommen durchgeschwitzt.

„Du konntest mich retten, also kann ich-..."

Ich brach mitten im Satz ab, als ich eine Hand an meinem Mund fühlte, die verhinderte, dass ich weitersprechen konnte.
Doch da war nichts. Nur die Finsternis, die an meinen Klamotten zog und die klare Sicht zu Jiminie verhinderte.

„Du kannst mich nicht retten", wiederholte er und schenkte mir ein müdes Lächeln, bevor er noch einen Schritt weiter nach hinten trat und von der Dunkelheit verschluckt wurde.

Mein Herz raste und je länger ich auf den Punkt starrte, an dem er verschwunden war, desto wütender wurde ich und desto mehr wuchs meine Angst um ihn.

Ohne groß darüber nachzudenken, stürzte ich nach vorne in die Dunkelheit. Immer und immer wieder rief ich seinen Namen und tastete blind meine Umgebung ab, in der Hoffnung ihn irgendwo zu spüren.
Seinen Körper berühren zu können.
Ihn in meine Arme schließen zu können.
Ihn zu retten.

Doch je mehr ich mich im Kreis drehte und in die Leere faste, desto eingeengter kam ich mir vor. Es war, als würden sich Wände um mich herum aufbauen und sich zusammenziehen.
Mein Atem ging immer schwerer und ich schlug wild um mich, um den Raum auszumessen, den ich noch für mich hatte.

Doch da war nichts.
Da war nur die Dunkelheit.
Und trotzdem brach mir der Schweiß aus.

„Jiminie", rief ich erneut und dieses Mal hielt mich keine Hand davon ab.

„Wo bist du?"

Ich rechnete mit keiner Antwort.
Ich rechnete nicht einmal mit irgendwas.

Und umso heftiger zuckte ich zusammen, als sich auf einmal eine Hand auf meinen Bauch legte und ich warmen Atem an meinem Nacken spürte, der nicht ganz in die übliche Schwerelosigkeit meiner Traumwelt hineinpasste.






















Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt