ᴛᴏᴜᴄʜᴅᴏᴡɴ

3.2K 411 227
                                    

- Taehyung -

Der Absprung war das schlimmste.
Es war dieser grauenhaft perfekte Moment in der Schwerelosigkeit, wo zwei Gedanken an einem zerrten, in der Hoffnung die Oberhand zu gewinnen.

Zurück nach oben, in Sicherheit, um dieser betäubenden Leichtigkeit zu entkommen.

Nach unten, ebenfalls in Sicherheit, um die Spannung zu durchbrechen, die an einem zog und zerrte, bis man daran zerriss.

Ich fühlte mich wie damals, als mir keine andere Wahl gelassen wurde, als zu springen.
Es gab kein vor und kein zurück.
Damals gab es nur mich im freien Fall, wie ich nach Hilfe schrie.

Diese Situation war zu vergleichen mit dem Erlebnis von damals.
Ich schwebte in diesem Ungewissen.
Diesem beinahe schwerelosem Gefühl der Berührung meiner Lippen mit Yoongis.

Und der Moment, als meine Füße die spiegelglatte Wasseroberfläche durchbrachen, war der Augenblick, in dem Yoongis Hand zu meinem Hals wanderte und er sanft anfing den Druck zu erwidern und aus der Berührung einen Kuss entstehen ließ.

In meinem Bauch machte sich ein angenehmes Kribbeln breit, während er sanft über meine empfindliche Haut strich und seine Finger runter gleiten ließ, bis sie auf meiner Hüfte lagen.

Es war noch schöner, als ich es mir vorgestellt hatte.
Es war der Rest von Yoongis Geheimnissen, den er mir gefühlt mit diesen Berührungen preisgab. Und das Gefühl, dass ich etwas besaß, was niemand sonst jemals bekommen könnte, ließ mich in den Kuss hinein Lächeln.
Ich hatte seine Zuneigung und sein Vertrauen.

Jedenfalls konnte ich mir nicht anders erklären, warum er den Kuss immer weiter vertiefte und mich mit einer schnellen Bewegung seiner Hand auf dem Rücken drehte, sodass er auf meiner Hüfte saß und mich sanft zurück in die Kissen drücken konnte.

Ich war sogar schon dazu bereit mich ganz in seinen Haaren festzukrallen und ihn noch ein Stückchen weiter runter zu ziehen, bis er auf einmal aufhörte und seinen Kopf minimal anhob, um mich wieder anzusehen.

Trotzdem spürte ich noch seinen warmen, viel zu schnellen Atem auf meinen Lippen.
Und es machte die Tatsache sofort wieder wett, dass er sich gerade von mir gelöst hatte, bevor einer von uns kein Shirt mehr anhatte.

Oder überstürzte ich das ganze?

„Das ist...", fing er an und brachte noch etwas mehr Abstand zwischen uns. Sein Blick war nicht zu deuten.

„Ich...", fing ich an.
Ich wollte es sagen.
Ich wollte ihm sagen, dass ich ihn liebte, bevor er irgendetwas machte, was uns wieder voneinander entfernte.

Obwohl er den Kuss erwidert hatte.
Also musste er doch auch etwas für mich empfinden...
Oder?

Die Worte blieben mir im Hals stecken, als Yoongi weder Anstalten machte von mir runterzugehen, noch mich ein weiteres Mal zu küssen.
Er gab kein einziges Lebenszeichen von sich, bis auf seine Finger, die immer noch sanft durch meine wahrscheinlich total zerzausten Haare strichen und sein immer noch leicht keuchender Atem.

Auch sein Gesicht zeigte keine Regung.
Kein Ansatz eines Lächelns.
Kein Ansatz eines Blickes, der Menschen umbringen könnte.

„Ich...", versuchte ich es noch mal und fühlte mich unter seinem Blick langsam unsicher.
In dem Halbdunkel sah er irgendwie gefährlich aus, auch wenn ich wusste, dass er alles andere als das war.

„Das war ein Fehler", flüsterte er, machte allerdings zum Glück immer noch keine Anstalten von mir herunter zu gehen.

„Tut mir Leid, Tae. Ich... wollte das nicht. Ich wollte nicht... und... nein."

Bei jedem Wort wirkte seine Stimme verzweifelter, was mir langsam das Grinsen aus dem Gesicht wischte.
Er meinte es ernst.
Er wollte mich nicht küssen.
Er empfand nichts für mich.
Und was war mit den Zeichen gewesen? War ich etwa nicht der einzige, der ihn verstand und zuhörte?

Meine Hände reagierten viel zu schnell, als er Anstalten machte, von mir runterzusteigen.
Schnell packte ich seine Handgelenke und hielt zu fest, um so seinen Blick auf mich zu ziehen.
Die Stimmung zwischen uns war sowieso seltsam, warum sie nicht noch seltsamer machen.

„Es ist nicht deine Schuld. Ich habe angefangen, aber..."
Ich machte eine kurze Pause und beobachtete mit Genugtuung wie er sich wieder zu mir herunterbeugte, bis seine Nasenspitze erneut meine berührte.

„Können wir es einfach so stehen lassen?", fragte ich ihn leise, woraufhin er verwirrt eine Augenbraue hochzog.

„Wie stehen lassen?", hakte er nach und befreite sich aus meinem Griff.

„Das... mit dem Kuss. Es war... schön", nuschelte ich und hoffte, dass er das genauso empfand, denn wenn nicht, hatte ich gerade den offiziell peinlichsten Moment meines Lebens.

Yoongis Zögern sagte mehr als tausend Worte und ich ließ ihn sofort los und wand mich unter ihm hervor, bis ich wieder an die Wand gedrückt da lag. Mit einem kleinen Stückchen Decke, was ungefähr so viel brachte wie ein Blatt Papier.

„Tae...", setzte der Schwarzhaarige erneut an und man konnte genau merken, wie unangenehm ihm das ganze war.

„Nein, lass es. Ich... habe vermutlich Zeichen falsch gedeutet und es überstürzt. Es ist meine Schuld", murmelte ich, ohne mich umzudrehen.

Eine Weile herrschte Stille in unserem Zimmer, bevor das Bett knarzte, als Yoongi sich wieder neben mich legte und ebenfalls unter die Decke schlüpfte.

Er sagte nichts.
Und ich konnte leider auch nicht seinen Gesichtsausdruck sehen, da ich mit dem Gesicht zur Wand lag, doch trotzdem hatte ich das Gefühl, dass er gerade auf seiner Unterlippe kaute.
Wie immer, wenn er nachdachte.

„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass du das ganze hier vergisst, wenn du die Tabletten nimmst?", fragte ich, wobei meine Stimme allerdings beim letzten Satz abbrach und ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen.
Erbärmlich.
Einfach nur erbärmlich.

„Ich werde sie nicht nehmen", murmelte er ein bisschen zu dicht an meinem Ohr, was mich überraschte, doch ich traute mich immer noch nicht mich umzudrehen.
Geschweige denn, nachzufragen, warum.

„Ich will mich hier ran erinnern. Auch wenn es mit die seltsamsten fünf Minuten meines Lebens waren", meinte er und ich hörte aus seiner Stimme heraus, wie er leise lachen musste.

Seine tiefe Stimme beruhigte mich irgendwie, doch trotzdem fuhr ich heftig zusammen, als sich eine warme Hand auf meinen Bauch legte, unter mein T-Shirt fuhr und mich etwas nach hinten zog, sodass ich dicht an den Schwarzhaarigen gepresst dalag.
Mit diesem breiten Grinsen auf den Lippen, wo ich froh war, dass es niemand sehen konnte.

Er musste sich nicht festlegen.
Es reichte einfach nur, wenn er es wusste.
Vorsichtig legte ich meine kalte Hand auf seine bevor ich die Augen schloss und langsam ins Reich der Träume abdriftete.

Eine ganze Weile später jedoch nahm ich trotzdem wahr, wie Yoongi seine Hand kurz von mir nahm und offensichtlich auf mein Handy schaute, da ich, als ich die Augen ein bisschen öffnete, blaues Licht erkennen konnte.

Daraufhin hörte ich es kurz knistern und das knackende Geräusch, als er eine seiner Tabletten in zwei Hälften teilte, aber trotzdem beide hinunterschluckte.

Meine letzten Gedanken für diesen Tag fixierten sich dadurch nur auf die Zeit, die verstrichen war und hoffentlich gereicht hatte, dass er nicht vergaß, wie zärtlich er gerade eben noch gewesen war.
















Uuuund cut!

Danke an alle, die bis jetzt dabei waren und gute Nacht auch für die, die mich jetzt hassen werden xD

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt