ᴘᴜɴᴄʜ

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„Sag mal, spinnst du? Meine Hände sind hier", brüllte ich Jimin an und hielt mir währenddessen die schmerzende Stelle an meinem Arm. Vorsichtig strich ich darüber.
Das würde garantiert einen blauen Fleck geben.

Erst nach fünf Sekunden fiel mir auf, wie still es in der Halle geworden war und alle zu mir und dem Silberhaarigen sahen. Augenblicklich lief ich rot an und starrte auf den Boden in der Hoffnung es würde sich ein Loch auftun, in das ich hinein hüpfen könnte.

„Was ist denn hier los?", fragte unser Sportlehrer mit erhobener Stimme. Offensichtlich bereute er es schon wieder mit Jungs das Thema Selbstverteidigung angefangen zu haben.
„Seid ihr jetzt auch schon zu unfähig euch richtig zu kloppen?"

Ich presste die Lippen aufeinander und sah wütend zu Jimin. Sollte er doch erklären, dass seine Faust „ausgerutscht" war.

„Tut mir wirklich unfassbar Leid, Herr Kim. Kommt nicht wieder vor", meinte Jimin mit seiner Glöckchenstimme und man konnte genau heraushören, dass er es nicht so meinte.
Idiot.
Wie konnte ich drei Jahre lang glauben, er wäre ein Engel.

„Ich habe wirklich keine Lust darauf, Jimin. Geh mit Yoongi zum Krankenzimmer und besorg ihm ein Kühlpack. Wenn ihr wiederkommt setzt ihr beide euch für den Rest der Stunde an den Rand. Ich habe wirklich partout keine Lust auf noch mehr blaue Flecken", grummelte der Mann und schenkte ihm sowieso mir einen genervten Blick.

Mit erhobenem Kopf stolzierte ich zur Tür, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass der Silberhaarige mir folgte. Doch als ich gerade die Klinke herunterdrücken wollte, hörte ich ein Lachen. Ein Lachen was ich hasste wie die Pest, weshalb ich mich doch umdrehte.

Jungkook zwinkerte Jimin zu und ich versuchte einen Würgreiz zu unterdrücken. Machte den beiden das wirklich Spaß?

Doch dann sah ich aus dem Augenwinkel wie Taehyung auf Jungkook, der noch durch Jimin abgelenkt war, mit einem leichten Geraden Schlag einschlug und ihn mit einem Sidekick zu Fall brachte. Er hatte sich zwar nicht verletzt, doch trotzdem schenkte der Lilahaarige mir ein triumphierendes Lächeln und zwinkerte mir ebenfalls zu, bevor er sich zu dem Schwarzhaarigen umdrehte, der offensichtlich alles andere als angetan von dieser Aktion war.
Doch selbst er traute sich nicht unter Herr Kims Blicken etwas anzustellen. Kein Wunder, unser Sportlehrer war wie eine Bombe, wenn man ihn reizte.

Ein dankbares Lächeln stahl sich über mein Gesicht und schob mich durch die Tür. Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg zum Krankenzimmer ohne Rücksicht auf Jimin zu nehmen. Dieser folgte mir mit Mühe, doch nach einiger Zeit wurde ich dann doch langsamer und er holte mich ein, sodass wir nebeneinander liefen.
Ich nahm meine Hand von der Stelle, wo er mich geschlagen hatte und versuchte den Jungen neben mir so gut es ging zu ignorieren.

„Tut mir Leid, was Jungkook vorhin in der Umkleide abgezogen hat", fing der Silberhaarige überraschenderweise an, doch ich schenkte ihm keine Beachtung. „Und was er gerade eben abgezogen hat. Und heute Morgen."

Kurz blieb er stehen um die Worte noch einmal zu überdenken, als konnte er selbst nicht glauben, dass sein Kumpel innerhalb eines Tages dreimal auf Taehyung und mir herumgehackt hatte.

„Er kann es nicht lassen Leute zu provozieren. Er möchte wissen, wie sie sich wehren können. Weißt du, eigentlich kann er echt lieb sein, wenn du ihn nur besser kennst. Und du kannst wirklich gut mit ihm reden und..."

„Es interessiert mich nicht", fuhr ich ihn vielleicht eine Spur zu heftig an und blieb stehen, um ihn anzusehen. Der Junge war etwas zurückgezuckt, was zugegeben wirklich süß aussah.
Wie ein Häschen was dem großen bösen Wolf ins geöffnete Maul starrt, den Tod schon voraussehend, und mit seinem letzten Atemzug darum betet, schnell zu sterben.
Süß.

„Und außerdem glaub ich dir kein Wort. Ihr seid beide einfach nur ekelhaft. Du, genauso wie Jungkook. Taehyung hat mir alles erzählt und wehe du kommst jetzt mit irgendeiner Ausrede. Ich schwör dir ich kann das auch", knurrte ich und deutete auf meinen blauen Fleck, der sich langsam ungesund lila färbte.

Jimin hatte das Gesicht bei jedem meiner Worte ein Stück weiter verzogen, bis in seinen Augen nur noch dieser kalte und leere Ausdruck blieb.
Aber mir war es egal was er von mir dachte.
Naja... fast.

„Na schön. Dann bleiben wir wohl bis auf ewig Feinde, Psycho", murmelte er leise, drückte den Rücken durch, was ihn trotzdem nicht größer machte, und lief an mir vorbei, weiter in die Richtung des Krankenzimmers.

Ich beeilte mich nicht, ihm hinterher zukommen.
Ich kannte den Weg. Ich war schon oft da. Früher, vor meiner Jin-Zeit, hatte ich in der Schule mehrmals Zusammenbrüche und Schwächeanfälle bekommen. Das Krankenzimmer war mir fast so vertraut wie mein Bett zu Hause.

Keiner von uns redete auf dem Hinweg etwas und auch als wir ankamen und ich mir aus dem Kühlpack und einem Handtuch eine Kältequelle bastelte, schwiegen wir beide.
Auch wenn mich von Sekunde zu Sekunde mehr interessierte, warum Jimin das Wort Psycho so abfällig benutzte.
Ein paar Menschen litten unter Klaustrophobie, also war es ja an sich nichts unnormales oder schlimmes.

Auch wenn es gewaltig an meinem Ego kratzte, hielt ich Jimin mit einem Räuspern davon ab sofort zurück zur Turnhalle zu laufen.

„Was willst du noch?", zischte er und ich wunderte mich etwas über den scharfen Tonfall. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er ein Mensch war, der schnell Sachen verzeihte und vergaß.
Wohl nicht, denn seine Augen funkelten mich an, als hätte ich persönlich gerade sein Leben ruiniert.

„Wieso nennst du mich Psycho? Ist es wegen meinem Zusammenbruch im Fahrstuhl von vor drei Jahren?", fragte ich geradeheraus und spielte tatsächlich kurz mit dem Gedanken mich bei ihm zu bedanken, dass er den Krankenwagen gerufen hatte, bis mir einfiel, dass er mich seit gerade eben zu seinem offiziellen Hassobjekt erklärt hatte und das ein bisschen komisch kommen würde.

In Jimins Augen blitzte kurz etwas auf, was aber genauso schnell wieder verschwand, sodass ich nicht deuten konnte, was es war.
Sein Blick wurde fast so kalt, wie das Kühlpack auf meinem Arm und sein Mund verzog sich zu einem gehässigen Grinsen.

„Menschen, die im Halbschlaf anfangen über kranke Scheiße wie irgendwelche Fetische und Massakriermöglichkeiten zu quasseln, werden von mir für gewöhnlich als psychisch nicht ganz stabil abgestempelt. Aber der Kuss, den du mir nach einer langen Ausführung über Vergewaltigungsformen gegeben hast, war wirklich schön, Min Yoongi."

Und irgendetwas sagte mir, dass es das letzte mal war, das mich so nannte.




















Ist bisschen kürzer geworden, hoffe es gefällt euch trotzdem

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt