ᴇssᴀʏ

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Ich hatte richtig Ärger von Jin bekommen, als ich am Morgen in die Küche geschlurft kam. Nach einer langen Standpauke über Vertrauen und Zuverlässigkeit, hatte er mir erzählt, dass Namjoon mich in mein Bett zurücktragen musste und ich von Glück reden konnte, dass ich nichts oder nichts schlechtes geträumt hatte.
Warum das so war, hinterfragte er nicht. Zum Glück.

Aber an diesem Morgen gab es keine Pfannkuchen für mich und kein „Ich bin zu Hause und hab das Essen fertig, wenn du kommst" zum Abschied.

Dafür aber hatte Taehyung schon am Schuleingang auf mich gewartet und mich mit einem schüchternen Lächeln begrüßt. Er hatte nichts weiter gesagt und auch im Unterricht saßen wir einfach nur still nebeneinander.

Wahrscheinlich lag es an mir, dass wir kein richtiges Gespräch aufbauen konnten. Ich dachte immer wieder über den Traum von letzter Nacht nach und kam dem Entschluss immer näher, dass ich wirklich ein kranker Psycho war, der dummerweise anfing etwas zu fühlen, was undefinierbar war.

Allerdings reichte ein kurzer Blick zu Jimin und ich war mir wieder sicher, dass ich den Kerl hasste. Sein Blick war kalt und durchdringend, als er mich bemerkte. Er starrte zurück, doch seine Miene war nicht zu deuten.

In der Pause hatte ich mir was bei der Bäckerei nebenan geholt und war mit Tae auf's Dach geklettert. Er hatte vor sich hingestarrt und ich hatte gegessen.

Der Tag zog sich wie Kaugummi und irgendwann hatte ich tatsächlich den Punkt erreicht, wo ich dachte ich sterbe hier noch.
Das einzige was das ganze etwas interessanter gemacht hatte, waren Jimin und Jungkook.

Jungkook, weil er nicht da war und Jimin, weil er offensichtlich doch nicht so viele Freunde hatte, wie ich angenommen hatte und deswegen mit Killerblicken um sich schoss, als er wortlos und ohne Menschen um sich herum die Klassenräume wechselte.

Irgendwann saß ich dann aber doch in der letzten Stunde, Koreanisch, und spielte mit meinen Stiften, während die Lehrerin vorne irgendetwas an die Tafel schrieb. Ich kannte den Unterrichtsstoff schon, immerhin bin ich sitzen geblieben, was aber noch lange nicht hieß, dass ich das ganze Jahr durchgeschlafen hatte.

„In jedem Schüler steckt etwas Kreativität und mein Ziel für die nächsten Stunden ist es diese zu wecken", säuselte sie mit der perfekten Einschlafstimme und sah feierlich in die Klasse als würde sie uns gleich verkünden, dass wir einen Preis gewonnen hatten.

„Deswegen werden Sie in Zweiergrüppchen einen Aufsatz schreiben. Dabei gehen Sie so vor, dass einer von Ihnen anfängt einen kurzen Abschnitt zu schreiben, und der andere dann diesen Abschnitt fortführt. So geht es immer hin und her bis Sie eine vollständige Geschichte vorlegen können. Das Thema können Sie sich aussuchen, so wie die Gruppen."

Ich hasste es wenn diese Lehrerin uns siezte. Ich war zwar ein Jahr älter als die anderen und somit theoretisch schon raus aus der Schule, aber diese Ansprache gab mir immer ein gewisses Gefühl der Verantwortung, die ich nicht haben wollte. Es reichte schon, dass ich ab dem nächsten Jahr einen neuen Lebensabschnitt beginnen sollte in dem ich selbst Entscheidungen treffen musste.

„Na los, worauf warten Sie? Suchen Sie sich einen Partner und fangen sie mit den Besprechungen an", scheuchte sie uns hoch und ich ließ vor Schreck meine Stifte fallen.

„Machen wir zusammen?", hörte ich Tae leise fragen und ich drehte mich zu meinem Sitznachbarn um. Es war das erste Mal, dass wir heute miteinander redeten und irgendwie kam es mir falsch vor, aber ich nickte einfach nur und verzog keine weitere Miene.

„Klar. Und worüber? Hast du schonmal eine Geschichte geschrieben?", fragte ich ihn und sah ihn von der Seite an, wie er sich leicht durch seine Haare fuhr und anfing auf seiner Unterlippe zu kauen, als würde er nachdenken. Oder als wäre er nervös.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt