ᴡᴇ ᴄᴀɴ ᴛʀʏ ɪᴛ ᴀɢᴀɪɴ

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„Yoongi! Warte bitte!"

Mehr entsetzt als überrascht drehte ich mich um und starrte Jimin an, der schwer atmend neben mir zum Stehen gekommen war.

„Was willst du?", fragte ich und trat automatisch einen Schritt zurück, als er nur noch einen Meter von mir entfernt war.
Über sein Gesicht huschte ein kurzer Schatten, doch er nahm sich sofort zusammen als er meinen Blick bemerkte und drückte den Rücken durch.

Wahrscheinlich um sich selbst mehr Selbstbewusstsein zu geben.
Er war trotzdem kleiner als ich und wird es auch immer bleiben.
Hoffentlich.

„Was willst du?", wiederholte ich meine Frage und musterte ihn unauffällig von oben bis unten.
Es war verrückt, dass ich mir ein so genaues Bild von ihm machen konnte, wenn ich schlief. Alles war so detailgetreu und richtig.

Die Gesichtszüge, die Augen, die silbernen Haare, die süßen, kleinen Patschehändchen und sogar das Muttermal direkt unter seinem rechten Auge, was man nur sehen konnte, wenn man sich darauf konzentrierte.

„Ich... also ähm... können wir uns irgendwo hinsetzen um da in Ruhe zu reden?", stotterte er und vergrub die Hände in den Hosentaschen, während er versuchte irgendwie an mir vorbeizuschauen, um meinem Blick auszuweichen.

Mir fiel wieder ein, was ich dachte, als ich ihn das erste mal sah.
Ich dachte, er wäre perfekt.
Durch und durch.

„Warum nicht", antwortete ich und ging voraus um zu dem Park zu kommen, der direkt neben der Schule anfing, den ich allerdings nie richtig gewürdigt hatte, da mein einziges Ziel immer entweder die U-Bahnstation oder das Schulgebäude war.
Jimin folgte mir ohne irgendwas zu sagen.

Während ich auf eine Parkbank im Schatten der Bäume zusteuerte, wurde mir langsam die Situation immer bewusster.

Park Jimin wollte mit mir reden.
Der Jimin, der wenn es nach dem echten Leben ging den Status „undefiniert" trug und in meiner Traumwelt „seltsamer Psychopath, der sich absolut nicht entscheiden kann, was er will und mich deswegen mit einer Persönlichkeitsstörung in den Wahnsinn treibt" hieß.

Nur wonach sollte ich mich richten, wenn ich mit ihm redete.
Könnte ich überhaupt mit im reden ohne irgendwie Anspielungen auf irgendetwas zu machen?

Meine Gedanken fuhren immer noch Achterbahn, als er sich neben mich auf die Bank gesetzt hatte und anfing mich einfach nur anzustarren.

Ich kannte diesen Blick.
Ich hatte ihn in letzter Zeit so oft gesehen.

„Ich weiß nicht wo ich anfangen soll", murmelte er und durchbrach somit die Stille und mein Gedankenwirrwarr.

„Dann fang von vorne an", flüsterte ich. Was anderes brachte ich nicht zustande.
Mein Hals fühlte sich an, als hätte ich gerade ein Kilo Sand gegessen.

„Es gibt kein vorne", meinte Jimin und starrte wieder an mir vorbei, auf einen nicht existierenden Punkt.
Oder auf ein Kaninchen.
Beides könnte der Grund dafür sein, warum er auf einmal so desinteressiert daran war, mir ins Gesicht zu gucken.

„Dann sag das was dir als erstes einfällt", schlug ich vor und lehnte mich etwas zur Seite um seinen Blick aufzufangen.

Jimin war wie ein Puzzle, was ich anfangs falsch zusammengesetzt hatte und das daraufhin von Nuri's Erzählungen kaputt gemacht wurde.
Und jetzt?
Jetzt hatte ich tausend Einzelteile und keine Ahnung, wo ich anfangen sollte mir ein neues Bild von ihm zu machen.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt