ᴄᴀɴ'ᴛ sʟᴇᴇᴘ

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Wach bleiben, wach bleiben, wach bleiben.

Das eiskalte Wasser rann mir das Gesicht herunter und tropfte zurück in das Waschbecken, während ich mein Spiegelbild anstarrte und diese Worte immer wieder vor mich hin flüsterte.
Der Mond neben mir, schien mich bei meinen kläglichen Versuchen auszulachen.

Ich hatte wieder nur sechs Stunden geschlafen, war allerdings dieses Mal nicht geweckt worden sondern davon aufgewacht, dass Jiminie es nicht geschafft hatte, eine vermummte Gestalt davon abzuhalten mir eine Kugel in den Bauch zu jagen. Es tat nicht weh, aber der Schock hatte dafür gesorgt, dass ich schweißgebadet hoch gefahren war.
Drei Stunden bevor die anderen wiedergekommen waren.

Ich hatte mit niemanden so richtig geredet. Nicht einmal mit Tae, der schon bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte, mich aber zum Glück nicht darauf angesprochen hatte.
Es war gut, wenn jemand einen so weit und gut kannte, dass er wusste, wann man einfach nichts sagen sollte.

Ich schätzte die Zeit jetzt ungefähr auf zwölf.
Etwas später vielleicht.
Und die nicht vorhandene Erholung meines Körpers machte sich bemerkbar.

Ein Gähnen verhinderte kurzzeitig, dass ich meine Gedanken fortsetzen konnte und als ich die Augen wieder öffnete, erschreckte ich mich doch tatsächlich vor meinen eigenen geisterhaftem Spiegelbild.

Ich könnte mir, so wie letzte Nacht, einen Kaffee holen, allerdings war ich mir nicht sicher, ob der noch mal etwas bringen würde.
Auf jeden Fall brauchte ich erst einmal einen Ort, wo ich die Nacht bleiben konnte. Mein Zimmer war bevölkert mit normalen Menschen, die es bestimmt nicht toll finden würden, wenn ich durchgehend 'Wach bleiben' murmelte und meinen Kopf gegen die Wand schlug.

Hier gab es doch bestimmt irgendwo so etwas wie einen Raum, wo ein Sofa stand oder ein Bücherregal.
Oder beides.
Einfach ein Raum wo niemand war außer...

Während ich durch die Gänge der Jugendherberge streifte, fing eine weiße Tür meinen Blick auf und ließ mich stehen bleiben.
Ein Schild daneben deutete an, dass diese Tür auf das Dach führte und man sie unter gar keinen Umständen benutzen sollte.

Lustig.
Genau das gleiche stand auch auf dem Schild zum Schuldach.

Kurz entschlossen nahm ich die Klinke in die Hand und rechnete bereits damit, dass die Tür abgeschlossen war, doch sie ließ sich einfach öffnen. Die Menschheit hatte zu viel Vertrauen in Schilder.

Eine Treppe nach oben weckte meine Neugier und ich dachte nicht mehr groß darüber nach, was alles passieren könnte, sondern stieg die Stufen hoch, bis ich zu einer weiteren Tür kam, die sich genauso leicht öffnen ließ, wie die erste.

Die kühle Nachtluft schlug mir entgegen und ich holte einmal tief Luft, was erstaunlicherweise wirklich gut tat. Der frische Sauerstoff sorgte dafür, dass ich wieder klar denken konnte und zum ersten Mal seit dem Gespräch mit Hoseok hatte ich wieder das Gefühl Kontrolle über mein Leben zu haben.

Das Dach war einigermaßen flach, sodass ich mich gut hinsetzen konnte, ohne darauf zu achten gleich runterzufallen.
Meine eine Hand glitt zu der Packung Schlaftabletten in der Tasche meiner Jogginghose und mir wurden sofort die Probleme bewusst, die es brachte, wenn ich nicht mehr den Tag hatte, um zu schlafen.

Ab morgen, oder eher heute, musste ich wieder mit zu den Ausflügen.
Und das würde vielleicht einen Tag gut gehen.

'Barbiturate kann bei einer Überdosis zum Tod führen!' hatte Hoseok gesagt.
Wie um alles in der Welt sollte ich die folgenden Tage überleben?

Der Gedanke Herr Lee von meinen Schlafproblemen zu erzählen wuchs in meinem Kopf und verdrängte nach und nach die anderen, verrückten Möglichkeiten, die ich hatte. Wie zum Beispiel, dass ich mich krank stellte... oder mich im Bus versteckte...

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt