ᴘʀɪɴᴄɪᴘʟᴇ

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So mussten sich normale Menschen fühlen, wenn sie aus dem Urlaub zurückkamen.

Ausgeschlafen, entspannt, gesund, glücklich.
Und vielleicht ein bisschen traurig, dass ihre Zeit fernab von der Realität nun vorbei war und sie den Alltagstrott wieder aufnehmen mussten.

Die letzten fünf Tage mit Jimin allein war, ungelogen, die beste Zeit, die ich je hatte. Und das nicht nur, weil er jeden Abend an meiner Seite war und ich dadurch geschlafen hatte, wie ein Baby.

Wir hatten so viel geredet, dass ich an einem Morgen danach sogar heiser war und mich anhörte wie eine Robbe im Stimmbruch. Und mit Jimin konnte man wirklich gut reden. Über belangloses, wie über tiefgründiges, worüber ich mit teilweise noch nie Gedanken gemacht hatte, es aber, nachdem ich seine Ansichten kennengelernt hatte, irgendwie interessant fand.

Und durch den Schlaf, den ich aus den letzten zehn Jahren nachgeholt hatte, fühlte ich mich auch kräftiger denn je irgendwelche Aktivitäten zu machen.
Wie zum Beispiel das Wildwasserfahren, was laut Herr Lee der Höhepunkt der Klassenfahrt sein sollte, wo ich aus dem Boot gefallen war und fast gegen einen der Felsen geknallt wäre, hätte ich mich nicht mit ein paar unbeholfenen Paddelschlägen in die Nähe des Paddels gebracht, dass Jimin mir entgegen gehalten hatte. Gut, vielleicht war auch zum Teil die Schwimmweste daran beteiligt, dass ich jetzt noch auf unversehrt im Reisebus sitzen konnte.
Aber hauptsächlich, weil ich zum ersten Mal richtig wach war.

Und es fühlte sich gut an. Für manche Menschen mag dieser Zustand vielleicht normal sein, doch ich fühlte mich in diesem Moment einfach nur komplett. Als hätte ich nach so langer Zeit endlich alles, was ich zum Leben brauchte.

„Na? Traurig, dass die Zeit schon rum ist?"

Überrascht löste ich meinen Blick vom Fenster des Reisebusses und sah zu Jimin, der mich leicht anlächelte und sein Buch zuklappte, in dem er gerade noch gelesen hatte.

„Willst du eine ehrliche Antwort?", fragte ich nach und lehnte mich so zurück, dass ich ihn besser ansehen konnte. Auf meinen Lippen lag wie schon die ganzen letzten Tage ein Grinsen, was nicht weggehen wollte, egal wie sehr ich auch einen Grund suchte.

„Warum sollte ich keine ehrliche Antwort wollen?", antwortete Jimin und man konnte ihm ansehen, wie gespannt er auf das war, was jetzt kommen würde.
So war es immer gewesen.
In jeder Nacht, wo wir uns unterhalten hatten. Er hatte an meinen Lippen geklebt, wenn ich mich einmal getraut hatte etwas zum Thema beizusteuern. Als wären diese Worte so wichtig, dass sie sein komplettes Leben verändern könnten.

„Ja", murmelte ich deswegen wahrheitsgemäß und griff nach seiner Hand. „Ja, ich werde dich vermissen."

Das mit dem Händchenhalten wurde, warum auch immer, zu so einem Ding zwischen uns. Ich hatte zwar keine Ahnung, was Jimin sich dabei dachte, wenn er nach meiner Hand getastet hatte, als wir am Abend immer zusammen eingeschlafen waren. Aber ich wusste, dass es ihm gefiel, wenn ich den Druck erwiderte.

Und das ich jetzt zum ersten Mal von mir aus nach seiner Hand gegriffen hatte, entlockte ihm ein helles Lachen, was mich nur den Kopf wieder zum Fenster drehen ließ, damit er nicht sah, wie ich rot geworden war. Denn das wurde ich immer, wenn er lachte. Vor allem, wenn er wegen mir lachte.
Und leider hatte ich das auch nur dadurch herausgefunden, dass er es mir gesagt hatte.

„Ich werd dich auch vermissen, mein Babyelefant", murmelte er, sodass ich mich wieder zu ihm umdrehte und inständig hoffte, dass die Hitze, die in meine Wangen gestiegen war, schnell wieder wegging.

„Was hatten wir zu den Spitznamen gesagt?", wies ich ihn zurecht, doch er konnte nur über diese Aussage grinsen. Er wusste, dass ich ihm deswegen nicht den Kopf abreißen würde, aber es machte schon irgendwie Spaß so zu tun als ob. Wahrscheinlich war es dämlich uns dabei zu beobachten, trotzdem genoss ich es.
Vor allem wenn Jimin nicht auf mich einging.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt