ɪs ɪᴛ ʟᴏᴠᴇ ?

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Stille.
Entstanden durch die Ausblendung jeder Art von Geräuschen.

Es war faszinierend wie ein solch kleines und unbedeutendes Wort eine so große und facettenreiche Bedeutung haben konnte. Auch wenn die Definition im Grunde immer gleich blieb.
Nichts.
Nichts war Stille.

Aber ich hatte in meinem Leben schon zu oft Stille erlebt, als dass ich es bei dieser groben Bedeutung belassen konnte. Konzentrierte Stille, als wir alle unsere Abschlussarbeit geschrieben haben. Peinliche Stille, nachdem ich Tae's Kuss erwidert hatte. Angenehme Stille, wenn Jimin und mir die Gesprächsthemen ausgehen und wir einfach nur noch da liegen. Diese Stille, die in den Ohren fiept, wie wenn ich aus einem Albtraum aufwache und die dröhnenden Gefühle innerhalb einer Millisekunde abebben.

Die Stille, die sich jetzt allerdings zwischen Jimin und mir aufbaute, war anders. Knisternd angespannt und gleichzeitig so verletzlich wie ein Blütenblatt. Als könnte man sie anfassen und zeitgleich mit jeder Bewegung des Körpers, mit jeder noch so kleinen Schwingung von Tönen, zerstören.

Vermutlich war es das, was mich daran hinderte auf seine Worte zu antworten. Egal was ich jetzt sagen würde, ich würde diese Stille zerstören. Und mit ihr vermutlich alles andere, was ich mir aufgebaut hatte. Was ich uns aufgebaut hatte.

Wäre Jimin's Griff an meiner Hüfte nicht, wäre ich schon längst weggerannt um aus dieser Situation zu flüchten.

„S-sag was... irgendwas", ergriff Jimin in mitten meiner Gedanken die Initiative und zerstörte die Atmosphäre zwischen uns. Und die Anfänge meiner möglichen Antworten auf seine Aussage.

Ich liebe dich.
Was zum Teufel konnte man darauf denn sagen? Noch nie hatte jemand das so direkt zu mir gesagt. Ich hatte überhaupt keine Erfahrung damit.
Wahrscheinlich war es ein Akt der Verzweiflung, aber ich versuchte ein Grinsen. In der Hoffnung Jimin hätte mich gerade versucht zu verarschen.

„Ich... ich mein das Ernst, Yoongi", zerstörte er jedoch die letzten Hoffnungen und man sah trotz des gedämmten Lichtes Tränen in seinen Augen schimmern. „Ich liebe dich."

„Jimin, ich..."
... bin komplett überfordert.
So sehr ich mich auch auf seine Worte konzentrierte und versuchte die Größe ihrer Bedeutung zu erhaschen; seine Berührungen, die Tränen und das verzweifelte Lächeln auf seinen Lippen ließen mich keinen klaren Gedanken fassen. Ich war selbst kurz vorm heulen, hätte er nicht seine Stimme erhoben und mich unterbrochen.

„Ich hab wirklich oft darüber nachgedacht... ob es wirklich sein kann, dass ich mich in einen Jungen, meinen besten Freund, dich verliebt habe. Und auch wenn ich mich gerade am liebsten im See ertränken will, weil das ganze so unfassbar peinlich ist, bin ich mir sicher. Nachdem du gestern Nacht aufgezählt hast, woran du es erkennen würdest, dass du verliebt bist, wollte ich es dir sagen. Tut mir Leid, wenn ich unsere Freundschaft damit kaputt mache... aber ich kann das einfach nicht mehr..."

Dass er seinen Griff löste, mich freigab und sich umdrehte um zurück zum Pavillon zu laufen, ging komplett in dem Echo seiner Worte unter.
Freunde.
Jimin und ich sind Freunde. Was sollten wir auch sonst gewesen sein?
Ich hatte nie darüber nachgedacht, doch jetzt hörte sich dieser Beziehungsstatus irgendwie unwirklich an.
Ich bemerkte erst, dass Jimin nicht mehr bei mir stand, als ich wieder hochschaute.

Den Kopf schüttelnd um die aufsteigenden Gedanken loszuwerden, lief ich ihm so schnell hinter her, dass ich den Ärmel seines Hemdes fassen konnte, bevor wir wieder in das hellere Licht des Pavillons treten konnten. Der Orangehaarige wirbelte erschrocken herum, was ich mir zunutze machte und ihn, den Überraschungseffekt nutzend, unter einen der mit Lampions geschmückten Kirschbäume zu ziehen, die den Eingang zu den Blumenbeeten markieren sollten. Der süße Duft der Blüten kitzelte mich in der Nase.

Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt