ᴄᴀғғᴇɪɴᴇ

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Ich wusste nicht woran ich dachte. Meine Gedanken wanderten über seltsame Überleitungen von einem Thema zum anderen, umkreisten dieses für kurze Zeit, bis mir etwas Neues einfiel.
So ging das ungefähr seit einer Stunde.

Ich hatte mich auf das Fensterbrett gesetzt und beobachtete die Regentropfen, die an der Scheibe herunterliefen. Es gewitterte immer noch, doch der Donner war jetzt leiser zu hören, ebenso wie der Blitz, der trotzdem noch bei jedem Mal das ganze Zimmer erleuchtete.

Jimin hatte irgendwann angefangen zu schnarchen und sinnloses Zeug zu reden, wo ich schon nach kurzer Zeit aufgegeben hatte es zu verstehen. Bei jeder Bewegung die der Silberhaarige gemacht hatte, sei es sich auf die Seite zu drehen, war ich zusammengezuckt und hatte schnell zu ihm gesehen um sicher zu gehen, dass er nicht aufwachen würde, auch wenn ich immer die Ausrede benutzen konnte, dass ich nicht schlafen konnte.

Der Wecker zeigte mittlerweile fast halb zwei an und ich konnte meine Augen kaum noch offenhalten. In etwa fünf Stunden würde die Sonne aufgehen. Vielleicht stand Jimin ja dann auf und ich konnte mich von Jin abholen lassen.
Fünf Stunden.
Noch fünf verdammte Stunden.

Ich kniff mir kurz in den Arm, doch es brachte nicht wirklich etwas.
Angestrengt konzentrierte ich mich auf den Regen, der gegen die Scheibe prasselte, doch das Geräusch schläferte mich nur noch weiter ein.
Gab es denn wirklich nichts was ich tun konnte um wach zubleiben?

Man sagt am Abend oder kurz vor dem Einschlafen kommen einem die besten Ideen. Ich konnte diese Theorie jetzt sogar bestätigen als mir dieses eine Wort durch den Kopf schoss.
Koffein.

Warum war ich nicht früher darauf gekommen?
Irgendwo in diesem Haus gab es bestimmt noch Kaffee oder etwas anderes Koffeinhaltiges, was mich wach halten könnte.

Leise, um Jimin nicht zu wecken, stand ich auf und schlich mich auf den Flur.
Ich hoffte, dass mittlerweile alle schliefen und so niemand mitbekam, dass ich hier wie der letzte Vollidiot durch das Haus irrte, um irgendwie zu der Küche zu kommen, von der ich keinen blassen Schimmer hatte wo sie lag.

Instinktiv lief ich erst einmal die Treppe runter und sah mich in dem großen Flur um. War es nicht normalerweise offensichtlich wo die Küche lag?
Oder stellte ich mich einfach nur extrem dumm an?

Wahllos öffnete ich eine Tür nach der anderen.
Eine dunkle Bibliothek, das Wohnzimmer mit einem  Sofa und Fernseher, ein Arbeitszimmer und zum Glück kein einziges Schlafzimmer.
Alles war dunkel.

Als ich die Tür am Ende des Ganges öffnete, überkam mich Erleichterung.
Die Küche. Und sie war genauso verlassen wie das restliche Erdgeschoss.
Ich glaube ich war noch nie so glücklich einen bestimmten Raum zu betreten.

Ein kühler Lufthauch strich um meine Beine und verursachte sofort eine Gänsehaut. Ein Fenster war nur angekippt, wodurch ich den Regen noch lauter hören und die frische Luft hereinkommen konnte. Im Halbdunkeln tastete ich mich vor, bis ich einen Schrank gefunden hatte, der sich verdächtig nach einem Kühlschrank anfühlte.

Meine Finger glitten über die Tür und öffneten sie. Kaltes, blaues Licht empfing mich, während mein Blick über den Inhalt der Fächer huschte. Vielleicht war ja noch irgendwo eine Coladose oder so übrig.
Ein Kaffee machen, konnte ich jetzt hier nicht.

Fehlanzeige.
Das einzige was noch einigermaßen nach Zuckerschock aussah, war der Energy Drink, der neben der Milch in der Tür stand.
Ob das auch gehen würde?
Es würde zwar mehr auffallen, aber hoffentlich erst, wenn ich dieses Haus wieder verlassen hatte.

Entschlossen nahm ich die Dose aus dem Kühlschrank und öffnete sie. Innerlich stellte ich mich schon mal auf widerlich süßen Geschmack ein.
Ich hatte noch nie Energy Drink getrunken oder andere größere Koffeinmengen zu mir genommen, weshalb ich mich auf alles gefasst machte, als ich das Zeug hinter kippte.

Wahrscheinlich hätte ich nicht davon ausgehen sollen, dass sofort etwas passierte.
Ich spürte nur die Kühle des Getränks in meinem Hals, doch allein das machte mich schon wieder etwas wacher.
Allerdings wusste ich nicht für wie lange noch.

Ich suchte den Mülleimer und entsorgte dort die leere Dose, bevor ich den Kühlschrank wieder schloss und somit das Licht löschte, dass er mir gespendet hatte.

Wieder legte sich die Finsternis über die Küche und ich tastete mich langsam wieder vorwärts um nirgendwo gegen zulaufen.
Eigentlich sollte ich zurück zu Jimin's Zimmer gehen und dort versuchen die Zeit weiter totzuschlagen, doch irgendwie war mir gerade nicht wirklich danach wieder auf der Fensterbank zu sitzen, Jimin's Schnarchen zuzuhören und Regentropfen zu zählen.

Unentschlossen, was ich jetzt als nächstes machen sollte, lief ich den Flur wieder runter und achtete dabei sorgsam darauf nirgendwo gegen zu stoßen. Ich war fast wieder an der Treppe angekommen und wollte gerade nach dem Geländer greifen, als mir auffiel, dass meine Hand ununterbrochen zitterte.

Verwirrt versuchte ich sie anzuspannen oder sie zu lockern, doch es brachte nichts. Es war als würde Adrenalin meinen kompletten Körper durchfluten und meine Hand so zittern lassen, doch das konnte nicht sein.

Die einzige Sache, weshalb ich aufgeregt gewesen sein könnte, wäre die Tatsache, dass ich gerade Energy Drink aus einem fremden Kühlschrank getrunken hatte. Und wer bei sowas einen Adrenalinkick bekam, der sollte sich ernsthaft Gedanken über sein Leben mache.

„Das ist der Zucker."

Augenblicklich versteifte ich mich.
Ich spürte deutlich wie mein Herz aussetzte und nun in doppelter Geschwindigkeit weiter schlug.
Mein Blick fiel auf den dunklen Flur, aus dem sich ein Schatten löste, der langsam auf mich zukam.

„Jetzt kannst du erst recht nicht mehr einschlafen."

Mittlerweile konnte ich wirklich nicht mehr auseinanderhalten, ob meine verkrampfte Hand jetzt wegen dem Energy Drink zitterte oder wegen dem Schatten, der sich unaufhörlich auf mich zubewegte.

„Hast du das mit Absicht gemacht?"

Die Stimme war gesenkt, hallte aber trotzdem von den Wänden wieder und erfüllte den Flur mit ihrem süßen Klang.
Ein Glöckchen.

Von draußen hörte ich ein Donnern und kurz darauf schlug der Blitz ein, was den Flur kurzzeitig in gleißendes Licht tauchte und ich so erkennen konnte, wer offensichtlich auch noch wach war.














Nightmares  ⇢  YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt