C•41 Nichts wie vorher

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Nika P.o.V

Ich saß auf einem Sofa in meinem Zimmer bei Stegi zuhause. Gelangweilt schaukelte ich meine Beine hin und her, um besser nachzudenken. Als ich vorhin hier einfach aufgetaucht war, war David auch da. Irgendwie hatte ich so das Gefühl, dass meine Anwesenheit Stegi störte. Wir hatten zwar am Anfang nicht viel geredet, da wir uns umarmt haben. Aber vorhin haben wir miteinander geredet und ich habe mich gefühlt 1 Millionen mal bei ihm entschuldigt, doch er meinte, dass er noch Zeit bräuchte, was ich auch verstehen konnte, denn ich konnte irgendwie nachvollziehen, wie er sich momentan fühlte. Trotzdem wollte ich neben ihm sitzen und ihn angucken. Das hätte mir wenigstens nicht das Gefühl gegeben, von ihm verstoßen zu werden.

Ich stand auf und verließ das Zimmer. Ich ging die Treppenstufen nach oben. Dann stand ich vor Stegi's Zimmertür und wollte klopfen, doch zögerte vorher. Würde er es wollen, mich neben sich zu haben? Ich entschied mich dazu, nicht zu klopfen, sondern die Tür direkt auf zu machen. Ich blickte in sein ordentliches Zimmer und sah ihn nachdenklich auf seinem Bett sitzen. Ich schloss die Tür und setzte mich ohne ein Wort zu sagen neben ihm. Ich wusste, dass es in dem Moment gut war, zu schweigen, denn wenn irgendwer ein Wort gesagt hätte, wäre er entweder in Tränen ausgebrochen oder hätte angefangen zu streiten. Wir saßen eine Weile nur da und schwiegen. Ich musste zugeben, dass das Schweigen mich nervös machte. Hatte er mich überhaupt neben sich registriert? Ich schaute rauf und bemerkte erst beim zweiten Anblick den Fleck an der Wand und dann den zerbrochenen Stift auf dem Boden. Hatte er einen Wutanfall? Wenn ja, warum?

„Stegi....", fing ich an, doch konnte nicht weiterreden, weil er sich nach dem Wort in meine Arme schmiss. Ich spürte seine warmen Tränen auf meinen Schultern. Er tat mir sowasvon leid. Er hatte sowas nicht verdient. Generell hatte niemand soetwas verdient. Er weinte still und ich fuhr seinen Rücken auf und ab, wie es Marcel und Mike immer bei mir machten, wenn ich weinte. Ich musste lächeln. Die beiden würden mich vor allem schützen. Vorallem Marcel.
Marcel.
Irgendwie vermisste ich es, ihn zu spüren. Das Gefühl, was er mir gab, war unbeschreiblich. Aber irgendwie machte es süchtig.
Marcel.
Meine große Liebe.

Das Lächeln verschwand sofort aus meinem Gesicht, als Stegi seinen Kopf hob und mir in die Augen schaute. Was hätte ich gemacht, wenn Marcel mir soetwas angetan hätte? Ich wäre wahrscheinlich durchgedreht.

Stegi's Gesicht war schmal und seine Augen voller Tränen. Das war das erste Mal, dass ich ihn so gesehen habe. Stegi war der Mensch, der immer lachte und nie traurig war. Ich fand auch, dass die Traurigkeit nicht zu ihm passte.

Wenn er lachte, strahlten seine Augen. Diese smaragdgrünen Augen....sie würden wahrscheinlich nicht mehr so strahlen, wie vorher. Sie sahen gebrochen aus und es sah so aus, als ob seine glänzenden Augen matt geworden wären.

Sein Lächeln war auch sehr schön und blendete jeden. Seine weißen und geraden Zähne stachen immer hervor und seine Grübchen erst....das war immer das süsseste, wenn er lachte. Diese Grübchen würden wahrscheinlich auch nicht mehr kommen, wenn es ihm nicht bald besser gehen würde.

Ich hielt mit meiner rechten Hand seine Wange und mit der linken Hand seine Hand fest. Obwohl es draußen locker 35 grad waren, fühlte sich sein Körper eiskalt an.

„Möchtest du wieder zurück kommen?", flüsterte ich leise und streichelte mit meinem Daumen über seine Wange.
„Wenn ich könnte, würde ich garnicht mehr zurück kommen.".
Ich war wie gelähmt.
Würde er wegen Tim nicht mehr wieder kommen oder war es immernoch wegen mir?
Eins war klar: wenn er wieder kommen würde, wäre nichts wie vorher.

Tim P.o.V

Freitag, 6. Schulstunde

„Raffi kommte heute wieder.", flüsterte Basti mir ins Ohr, ohne mich anzuschauen. Sofort schoss mein Kopf in seine Richtung, was mir Luis gleich tat. Luis saß rechts neben Basti und ich links neben Basti. „Das spricht sich schon überall rum.", flüsterte Basti ein zweites Mal. Mein Blick glitt zu Lucia.
Was würde sie tun, wenn er hier wäre?

Sie hielt meine Hand fest. Das, was ich da gerade erfahren hatte, machte mich einerseits wütend, andererseits war ich erschrocken darüber. Lucia hatte mir von ihrer Kindheit mit Raffi erzählt. Und erst jetzt bemerkte ich, was für ein Arschloch Raffi war. Als ich hier her kam, wollte ich ihn noch als mein Vorbild nehmen!

Ich wachte aus meinen Gedanken auf, als Lucia mich anschaute. Ihr Blick zeigte Nervosität und Angst. Sie war wahrscheinlich die erste, die wusste, dass Raffi kommen würde.
Inzest.
War es das überhaupt?
Klar, Raffi hat Lucia entjungfert und vergewaltigt, aber natürlich gegen Lucia's Willen. Sie hat mir gesagt, dass sie ihn liebte, aber gemeinsam ins Bett steigen kam ihr nie in den Sinn. Kein Wunder warum sie sich so entwickelt hat.
Was wäre passiert, wenn ich niemals auf dieses Internat gekommen wäre?
Ich wäre wahrscheinlich immernoch das Arschloch von damals und ich hätte Stegi niemals kennengelernt.

„Basti und Raffi kennen sich schon sehr lange. Ich habe Raffi mal erzählt, dass ich auf Basti stand und kurz darauf wurde Basti verprügelt. Seinen Eltern hat er erzählt, dass er hingefallen wäre.", sie zitterte. „Warum hat er nicht die Wahrheit gesagt?", ich legte vorsichtig meine Hand auf ihre. Ein nervöses Lächeln huschte ihr über das Gesicht: „Er war in mich verliebt und hatte Raffi trotz allem als besten Freund angesehen. Er wollte nicht von uns getrennt sein, schließlich ist er ja ein Einzelkind und konnte wenn dann nur mit Kindern spielen, die streng erzogen worden sind. Und das war das letzte, was er wollte.".

Immernoch in Gedanken schaute ich Basti an. Seine große Liebe war also Lucia. Ich musste lächeln. Trotz der Schläge von Raffi hielt er dennoch zu ihm.
Och Basti....
So einen Freund hatte er nicht verdient. Aber das hat er ja neulich schon bemerkt. Wie konnte er all diese Jahre nur mit Raffi aushalten, ohne zu explodieren?
Ich, als damaliges bzw. als jetziges Arschloch hätte das wahrscheinlich geschafft, aber Basti war anders. Er war gut erzogen und machte nichts falsch.
Wie Stegi.
Stegi.
Ich vermisste ihn.
Ob er mich auch vermisste?

Sofort schüttelte ich den Kopf. Er würde mich nicht vermissen. Er würde mich hassen und verachten.

„Ist was?", Basti drehte seinen Kopf in meine Richtung und schaute mir endlich in die Augen. Sein Blick war fürsorglich und hilfsbereit. Ich konnte seinem Blick nicht stand halten und wich ihm geschickt aus, indem ich zu Lucia schaute. Sie saß in der ersten Reihe und war somit mit dem Rücken zu uns gedreht.  Das war auch gut so, denn ihrem Blick könnte ich wahrscheinlich auch nicht stand halten. „Stegi..", murmelte ich vor mir hin.

Ich sehnte mich so sehr nach ihm. Warum musste das alles eigentlich passieren?

Er setzte sich auf meinen Schoß und fing an, mich wild zu küssen.

Es würde nichts wie vorher werden.
Stegi würde mich von sich stoßen und ich wäre dann nurnoch eine fremde Person in seinen Augen.
Er würde mich nicht mehr lieben.

It hurts. | #stexpert ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt