C•50 Er ist mein Bruder

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Ich löste mich von ihr und schubste sie leicht von mir. „Rose, i-ich-", stotterte ich. Sie schaute mich verwirrt und erschrocken an. „Ich liebe dich.", sagte sie dann und legte sich die Hände auf die linke Brusthälfte. „Ich bin schwul.", schrie ich fast und sie hielt sich erschrocken die Hände vor den Mund. „Aber....aber warum....", sie konnte nicht zuende reden, weil sie so erschrocken war. „Ich dachte, ich liebe dich, weil du mich an meinen Ex-Freund erinnert hast. Alles an dir ist wie bei ihm.", ihr kamen fast die Tränen. Ich war mega traurig und setzte mich auf mein Bett und legte mein Gesicht in meine Hände. Ich hab alles kaputt gemacht. Sie fing an, leise zu weinen. Ich wollte hingehen und sie in den Arm nehmen und trösten, aber ich konnte nicht. Und ich wollte auch irgendwie nicht. „Wer ist es?", fragte sie ernst und schaute mich fest an. Ich schaute sie fragend an: Warum wollte sie das wissen? „Tim. Tim Bergmann.", sagte ich dann und betrachtete ihre Reaktion. Sie erschrak und hielt sich wieder die Hände vor den Mund. Dann aber ließ sie ihre Hände sinken und schaute mich traurig an: „Er....Er ist mein Bruder.".

Mein Magen verkrampfte sich. Ich wusste es! Ich wusste es einfach! Alle meine Gefühle vermischten sich und ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Einerseits fühlte es sich so an, als würde man mir ein Messer in die Brust rammen, andererseits fühlte es sich so an, als hätte mich man von einer Klippe geschubst. Sie waren Geschwister! Und Tim hat mir das verschwiegen. Warum? Hatte es einen besonderen Grund oder hat er es einfach nur vergessen?

„Ich wusste nicht, dass du mit ihm zusammen warst.", murmelte sie und schaute auf den Boden. „War ich nicht wirklich. Ich liebte ihn und er meinte er würde mich auch lieben, aber ich war eine Wette für ihn, die er gewinnen wollte.", murmelte ich auch, jedoch leiser als sie. Sie schaute erschrocken auf: „Früher war er anders.". Ich schaute auch rauf. Ich kannte seine Vergangenheit. Er hatte mir gesagt, dass er früher schlimm war und er seine Vergangenheit am liebsten vergessen würde. „Und ich wusste nicht, dass er schwul ist.", sagte sie. Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte.

„Aber...", ich schaute sie an, „Aber ich habe ihn seit ich 6 Jahre alt war nicht mehr gesehen. Bzw. Meine Mutter hat mich von der Familie getrennt und nach Thailand geschickt, weil wir da noch Freunde hatten. Sie meinte, sie würde Tim auch zu mir schicken, doch er kam nicht. Ich bin da aufgewachsen und bin vor ein paar Wochen nach Minden gezogen. Ich wollte Tim suchen. Und anscheinend habe ich ihn fast gefunden.", ich konnte deutlich ihre Traurigkeit in den Augen sehen. „Ich habe erfahren, das meine Mutter gestorben ist und dass mein Vater sie getötet hat.", sie biss die Zähne aufeinander. „Und...", ich fiel ihr ins Wort. „Ich kenne die ganze Geschichte.", sie schaute mich verwirrt an. „Tim hat mir seine Vergangenheit anvertraut.". Ich glaubte daran. Er hat mich nicht angelogen. Ich konnte es spüren.

„Ich muss gehen.", sagte ich und stand auf. Sie schaute mich immernoch an. „Tim ist auf dem Internat in Sunsetbeach.", sagte ich, bevor ich meinen Koffer nahm und das Zimmer verließ. Sie nickte und ich schloss die Tür hinter mir. Ernsthaft, Stegi? Du lässt sie alleine in deinem Zimmer? Ja.

Ich ging mit meinen Koffer ins Erdgeschoss und rief Dad. Nika war schon vorher losgefahren, weil sie noch etwas zu erledigen hatte. Rose kam auf runter und verabschiedete sich von mir. Dad kam und er fuhr mich zum Hauptbahnhof. Dort verabschiedete ich mich von ihm und stieg in den Zug hinein. Ich freute mich irgendwie, Tobi, Felix, Marcel und Mike zu sehen, doch die Freude verging, als ich an Tim dachte.

„Wenn er dich angreift, dann greift er auch automatisch mich an und ich möchte nicht, dass man dir weh tut.", sagte er. Ich lächelte und kicherte dann leise: „Bedeute ich dir wirklich so viel?", ich schaute mit einem breiten Grinsen in den Himmel. „Mehr als du denkst.", flüsterte er und legte auf. Ich schaute verwirrt auf mein Handy und bemerkte dann Blicke auf mir. Tim stand ca. 10 Meter von mir entfernt und schaute mich mit einem Lächeln an. Der kühle Wind wehte durch seine Haare und er sah im Schein des Mondes umwerfend aus. Wir gingen langsam aufeinander zu und schauten uns dann in die Augen. Nach ein paar Minuten umarmten wir uns und ich vergrub mein Gesicht leicht in seiner Brust. Dann schaute ich rauf und er legte seine undefinierbar weiche Lippen auf meine. Zuerst küsste er mich vorsichtig, doch dann mit Leidenschaft und wollte mit seiner Zunge in meinen Mund eindringen, wobei ich ihm Einlass gewährte. Unsere Zungen tanzten miteinander. Ich öffnete leicht meine Augen und sah, dass seine noch geschlossen waren. Anscheinend genoss er den Moment.
Mit mir.

Seufzend setzte ich mich in einen 4er und schaute aus dem Fenster. Was wohl passieren würde, wenn sich Tim und Rose treffen würden?

Ich schüttelte meinen Kopf und der Zug fuhr langsam los. Es sollte mich nicht mehr interessieren, was Tim machte und was nicht. Ich sollte mein eigenes Leben leben und mich nicht von ihm Abhängig machen.
Und Rose?
Ich hätte sie gerne noch als gute Freundin behalten, doch es würde nicht gehen. Ich hatte ein kleines Verhältnis mit ihr und sie war die Schwester von Tim. Und da ich mit Tim nichts mehr zu tun haben wollte, musste ich mich auch von ihr lösen.
Ich musste mir endlich eingestehen, dass ich nicht mehr auf Tim stehen würde.
Ich liebte ihn nicht mehr.

Unter meinen zittrigen Fingern konnte ich deutlich Tim's verschnellerte Herzschläge spüren. Es hörte sich so an, als ob sein Herz mit aller Kraft gegen seine Brust hämmern würde, um rauszukommen. Ich schaute ihn an.
„Und DAS ist deine Schuld.".

Meine Schuld.

Nein. Ich schüttelte den Kopf und schaute meine rechte Hand an, mit der ich seinen Herzschlag spüren konnte.

Tim.

Mir lief eine Träne die Wange hinunter. Als sie Halt an meinem Kinn machte, merkte ich, dass ich wieder anfing, zu weinen. Nein, Stegi. Die Zeit zum Trauern war vorbei! Ich sollte mich von ihm distanzieren. Ich sollte ihn nicht mehr lieben. Ich wollte ihn nicht mehr lieben.

Ach, Stegi. Du lügst dich doch gerade selber an. Du weißt ganz genau, dass du Tim lieben willst und es auch nicht ändern willst.

Ja, diesmal hatte meine innere Stimme Recht. Ich wollte ihn weiterlieben, jedoch war es schwierig, denn ich war nur eine Wette für ihn und wurde verarscht.

Konnte man da noch jemanden lieben?

It hurts. | #stexpert ff ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt