Beverly
Trish hatte kein eigenes Auto. Sie lieh sich nur ab und zu den Wagen ihrer Mutter, den Patrick bezahlt hatte. Chase hatte sie hergefahren, also mussten wir den Bus nehmen.
Ich wünschte ich könnte sagen, dass die Fahrt nicht einmal halb so merkwürdig und unangenehm war, wie man sie sich vielleicht vorstellen möchte. Aber um ehrlich zu sein, war sie eben genau das. Richtig seltsam. Wir schwiegen einander an und gaben uns größte Mühe, unsere Blicke nicht zu kreuzen.
In Bakersfield angekommen sah Trish sich erst einmal in der leeren, trostlosen Gegend um. Wolken waren aufgezogen, der Wind fegte durch die Straßen und die blattlosen Bäume schienen beinahe tot. Das Laub knirschte unter unseren Schritten. Wir kamen an ein paar älteren Leuten vorbei, die uns freundlich grüßten. Ich versuchte herauszufinden, was Trish dachte. Ohne Erfolg. Sie sah ein bisschen neugierig aus. Ähnliche Reaktion erhielt ich, als sie mein Haus betrat. Gut, okay, als sie die vertrockneten Beete im Vorgarten gesehen hatte, hatte sie kurz die Stirn gerunzelt, aber sobald sie im Wohnzimmer stand, sah sie sich nur kurz um und ließ ihre Tasche neben der Türe fallen.
„Hier wohnst du", stellte sie fest. Ich nickte. „Hast du eine Katze?" Irritiert deutete sie auf das zerkratzte Sofa. Ich schüttelte den Kopf.
Nachdem ich nicht auf Trish's Smalltalk-Versuch einstieg, zog sie Iona's Tagebuch aus ihrer Tasche und setzte sich an die Kücheninsel. Sie zog sich ihren grauen Cardigan enger um den Körper.
„Du solltest hier definitiv eine Heizung einbauen lassen", bemerkte sie. Ich nickte wieder. Irgendwie wusste ich nicht recht, worüber ich mit ihr reden sollte. Vielleicht lag es daran, dass ich sie nicht so recht einschätzen konnte. Ich wusste nicht, warum sie überhaupt hier war und das verunsicherte mich. Sie wandte sich dem Buch zu, schlug die erste Seite auf und zwang ihren Dämon, Mephistopheles, in ihren Körper. Ihre Augen strahlten in einem satten Grünton. Ich beneidete sie ein bisschen. Das prickelnde Gefühl, in direkter Verbindung mit seinem Dämon zu stehen, war berauschend und ich vermisste es, wenn ich ehrlich war.
Augenblicklich stieß Trish überrascht die Luft aus und blätterte durch das Buch. „Oh, wow. Du hattest recht." Ich ging zu ihr und sah ihr über die Schulter, aber natürlich erkannte ich gar nichts auf den Seiten. Nicht einmal mehr die schwarze Tinte, die ich hatte erkennen können, als ich noch an Dentalion gebunden gewesen war.
„Ich hab gar nicht gewusst, dass sowas wirklich geht", hauchte sie ehrfürchtig.
„Was steht da?", fragte ich schließlich und Trish warf mir einen flüchtigen Blick zu.
„Wenn ich das wüsste. Ich kann es nicht lesen. Es ist eine seltsame Sprache."
„Latein?"
„Nein. Ich kann Latein."
Ich sah mich kurz um, ging zum Couchtisch auf dem noch meine Notizen und ein Stift lagen. Ich suchte eine freie Seite auf meinem Notizblock und hielt ihr beides hin.
„Schreib was auf." Nach wenigen Sekunden hielt sie mir den Block wieder hin. Sie hatte eine sehr saubere, schöne Schrift, anders als ich. Ich konnte zwar präzise und genau zeichnen, aber schreiben war eine andere Sache. Ein Blick auf die Worte genügte.
„Das ist irisch." Ich hätte es mir eigentlich denken können. Iona stammte schließlich aus Irland.
„Du sprichst irisch?" Trish sah mich verwundert an. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, meine Mutter stammte aus Irland, ich kann nur ein paar Worte." Ich zeigte auf das erste Wort. „Inniu heißt heute. Und, ähm..." Krampfhaft studierte ich, was der Rest des Satzes heißen könnte. Aber ich wusste es nicht.
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Cursed Boy (Band 2)
Paranormal„Wie soll ich sie vergessen, wenn ich ständig daran erinnert werde, dass ich sie vergessen soll?" *** Wann ist ein guter Zeitpunkt, um eine geliebte Person gehen zu lassen? Das fragt sich auch Aidan, als er, selbst nach vielen Monaten, Beverly nicht...