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Aidan

„Wenn du mich tötest, verlierst du deine Magie!", rief Addie aus, kniff die Augen zusammen und verkrampfte ihren ganzen Körper.

Jo hielt inne.

Ich hielt die Luft an.

Ich konnte mich nicht bewegen. Das Messer hing nur Millimeter vor Addie's Brust in der Luft. Eine Bewegung, und sie wäre tot gewesen.

„Wovon redest du?" Das hätte ich allerdings auch gerne gewusst. Jo kniff die Augen zusammen.

„Ich bin mit Vaya verbunden", erklärte Addie hastig und drückte sich gegen den Stuhl, um Abstand zwischen sich und dem Messer zu bringen. „Wenn du mich tötest, tötest du ihn. Und damit verlierst du all deine übernatürlichen Fähigkeiten. Willst du das? Ein ganz stinknormaler Mensch sein?"

Für einen Moment regte sich niemand. Dann ließ Jo das Messer sinken. Sie schien immer noch verwirrt zu sein. Ich war nicht minder irritiert. Erst jetzt merkte ich, wie sehr mein Herz raste, und dass ich meine Lungen nach Luft ätzen.

„Aidan", sagte Addie plötzlich erschrocken. „Deine Augen..."

„Was? Was ist mit meinen Augen?" Sind sie rausgefallen?

Jo betrachtete mich ebenfalls fassungslos, bevor sie zu lächeln begann. Ich drehte mich irritiert zu Beverly, aber sie wich überrascht einen Schritt zurück.

„Silber", bewegte sie ihre Lippen lautlos.

Silber? So silber, wie Jo's Augen auf der Party geleuchtet hatten?

Anders als erwartet, spürte ich kein Brennen, oder sonst etwas Abnormales. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die Scheinwerfer in meinen Augäpfeln eingeschaltet hatte, und noch weniger wusste ich, wie ich sie wieder ausschalten sollte.

„Scheiße", fluchte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Eigentlich hatte ich gehofft, an dem übernatürlichen Kram haarscharf vorbeigeschlittert zu sein. Dass Jo all das Dämonenblut in sich aufgesaugt und ich nichts damit zu tun hatte, aber anscheinend hatte ich meinen Anteil abbekommen.

Beverly trat neugierig an mich heran und betrachtete meine Augen von allen Seiten, als habe sie vergessen, in was für einer Situation wir gerade steckten. Ich fühlte mich wie ein Objekt.

„Wie machst du das?", hauchte sie fasziniert.

„Du hast das auch immer gemacht."

„Aber du hast doch gar keinen Dämon, den du in deinen Körper ziehen kannst..."

„Bin ich jetzt eine Reliquie, die du bestaunen musst?"

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Nimm's mir nicht übel, aber ich kenne nicht so viele Halbdämonen, und überliefert ist über sie auch nicht viel." Toll, jetzt war ich also nicht nur ihr inoffizieller Freund, sondern auch noch ihr Untersuchungsobjekt.

Ich drehte mich um und wandte mich wieder Jo zu, die nicht mehr lächelte, sondern jetzt enttäuscht und verwirrt aussah.

„Du hast Angst", sagte sie schließlich und ließ die Schultern hängen. „Hast du wirklich so große Angst davor, sie zu verlieren?" Sie deutete auf Addie.

„Wovon redest du?"

„Starke Gefühle, besonders Angst und Trauer, können magische Fähigkeiten freisetzen." Ich konnte beinahe spüren, wie sich Beverly's triumphierender Blick durch meinen Rücken bohrte, weil sie vorhin über die Freischaltung ihrer magischen Fähigkeiten in gefährlichen Situationen gesprochen hatte.

Um ehrlich zu sein, wäre es mir auch lieber gewesen, wenn sie plötzlich Funken gesprüht hätte, anstatt mit zwei Glühwürmchen in den Augen rumzulaufen.

Cursed Boy (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt