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Aidan

Als es am Montagmorgen gegen acht an der Türe klopfte, war ich der Einzige, der schon wach war. Besser gesagt: der Einzige, der noch wach war.

„Was macht ihr hier?", gähnte ich, als ich die Türe öffnete. Zugegeben. Nicht die erfreuteste Begrüßung, aber ich hatte keinen Schlaf abbekommen, weil ich mir die ganze Nacht den Kopf über das Mädchen mit den silbernen Augen zerbrochen hatte.

Der kleine, blasse Rotschopf mit den Sommersprossen im Gesicht sah zu mir herauf und meinte: „Cay will mich nicht alleine zu Hause lassen, weil sie sagt, dass unsere Mutter eine N-U-T-T-E ist und Patrick ein..." Kace schien zu überlegen und sah hilfesuchend zu Trish.

„Ich bin froh, dass du dir das nicht gemerkt hast", bemerkte sie lediglich und schob ihren Bruder ins Wohnzimmer, bevor sie sich mit gesenkter Stimme an mich wandte. „Nur damit du es weißt, meine Worte waren: Notgeiles Schwein." Ich stieß halb amüsiert, halb mitleidig den Atem aus. „Ich hab gleich ein Vorstellungsgespräch für eine Job und muss danach noch ein paar Sachen erledigen, ist Chase hier? Ich brauche einen Aufpasser für meinen Bruder."

Es war lange her, dass Trish einen von uns darum gebeten hatte, auf Kace aufzupassen, und ich sah ihr an, wie ungerne sie das tat. Einerseits, weil sie sich vermutlich so fühlte, als würde sie die kleine Nervensäge abschieben, andererseits, weil sie nicht gerne andere Leute um Hilfe oder um einen Gefallen bat.

„Muss er nicht in die Schule?", hakte ich irritiert nach.

„Er wurde bis Mittwoch vom Unterricht ausgeschlossen."

„Wieso das?"

Trish winkte ab. „Lange Geschichte. Also, ist Chase hier? Oder hat er heute Training?"

„Er schläft noch, aber ich muss erst in einer Stunde an die Uni, ich kann solange auf Kace aufpassen", bot ich an. „Bis dahin ist Chase sicher schon wach."

Trish stand immer noch im Flur, weil sie offensichtlich sofort wieder hatte gehen wollen, aber sie sah ziemlich fertig aus. Sie war ungeschminkt, ihre Haare waren zu einem wirren Durcheinander zusammengeknotet und sie sah unendlich müde und erschöpft aus. Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für ein Vorstellungsgespräch, aber was wusste ich schon? Ich hatte mich noch nie für einen echten Job beworben. Früher hatte ich lediglich ein paar Schülern Nachhilfe in Mathe und Physik gegeben, aber seit ich mein Drogenproblem wieder überwunden hatte, versuchte ich so viele Stressfaktoren wie möglich zu umgehen.

Ich zog Trish in die Wohnung und deutete auf die Kaffeemaschine.

„Schlafmangel?" Ich schloss die Türe hinter ihr und sie trabte in die Küche, während sie sich mit einer Hand den Nacken massierte.

„Wie kommst du denn darauf?", entgegnete sie mit vor Sarkasmus triefender Stimme.

„Naja, du hast zwei verschiedenfarbige Socken an." Ich betrachtete den blauen und grünen Streifen, der zwischen ihren Schuhen und den Hosenbeinen hervorblitzte. Trish sah an sich herunter und zuckte dann mit den Schultern.

„Ich schließe eben keine Minderheiten aus."

Mir entfuhr ein amüsierter Laut. Ihren Sinn für Humor hatte sie offenbar nicht verloren. Gut für sie, Sarkasmus machte vieles erträglicher.

„Ich hab Hunger!", rief Kace.

„Wieso hast du zu Hause nichts gegessen?" Trish goss sich Kaffee in einen der To-Go-Becher.

„Da hatte ich noch keinen." Sie stieß angestrengt den Atem aus, aber ich eilte zu ihr und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, bevor sie sich noch mehr in ihrer schlechten Laune verheddern konnte. Seit Addie wieder hier war, hatten wir ständig Essen zu Hause.

Cursed Boy (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt