16

235 24 48
                                    

Beverly

Aidan war bereits weg, als ich am nächsten Morgen ins Wohnzimmer trottete. Ob das Gefühl in meinem Bauch Erleichterung oder Enttäuschung war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Trish saß schon in der Küche. Offenbar hatte sie annähernd so gute Manieren wie Chase, denn sie hatte Kaffee, Tee und zwei Blaubeermuffins geholt.

„Ich weiß, dass du eher der Starbucks Typ bist", begann sie und schob das Tagebuch und den Block von sich. „Aber ich kann Starbucks nicht ausstehen. Total überteuert. Ich hoffe es macht dir nichts aus, dass ich Frühstück von dem kleinen Café, die Straße runter, geholt hab." Da ist ein Café? Wow, ich hatte also wirklich keine Ahnung, wo ich wohnte. Hatte ich das Haus wirklich so selten verlassen? Aber es störte mich nicht. Mir war klar, dass Trish nicht das Geld hatte, um sich eben mal -vermutlich tatsächlich überteuerten- Tee und Kaffee zu kaufen. Außerdem war der Blaubeermuffin so lecker, dass ich beschloss, öfter zu dem Café zu gehen, das angeblich die Straße runter liegen sollte.

Erst nahm ich an, dass Trish Aidan gar nicht bemerkt hatte und er verschwunden war, bevor sie aus den Federn gekrochen war. Aber ihr ausweichender Blick und ihre übertriebene Konzentration, auf das Herausschreiben, verrieten alles. Sie schien beinahe peinlich berührt, in diese Sache mit hineingezogen zu werden. Das Schweigen, während wir frühstückten, war noch schlimmer als gestern im Bus. Ich wusste einfach nicht recht, was ich mit ihr anfangen sollte. Ihr ging es augenscheinlich nicht viel anders.

„Er war betrunken", zerriss ich irgendwann schulterzuckend die unangenehme Stille. Trish sah mich nicht an, sondern nickte lediglich.

„Ich weiß. Chase hat heute Morgen angerufen und gesagt, dass Aidan ihn sturzbetrunken, mitten in der Nacht angerufen hat."

Ich sah sie ungläubig an. „Und der Arsch hat einfach so meine Adresse herausgerückt?"

Sie zuckte mit den Schultern. „Er schläft gerne und Aidan hat ihn geweckt. Er wollte nur seine Ruhe." Das war keine Entschuldigung. Chase hatte ja keine Ahnung, was er dadurch mit meinem Gewissen angestellt hatte. Mit meinen Gefühlen.

Trish spülte das letzte Stück des Muffins mit Kaffee hinunter und stand auf. „Wollen wir los?"

Irritiert sah ich zu ihr auf. „Wie bitte?"

„Einkaufen. Ich dachte wir verschönern heute dein Haus?"

„Richtig, stimmt." Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich völlig vergessen. Etwas Ablenkung würde mir bestimmt guttun. „Aber musst du nicht nach Hause?", fragte ich vorsichtig. Ich war mir nicht sicher, ob ich in der Position war, sie darauf anzusprechen. Ihre taubengrauen Augen schlugen den Blick nieder.

„Schon, aber ich... Ich kann auch später nach Hause. Also, am Nachmittag. Das wird bestimmt niemanden stören."

Ich tat ihr zuliebe so, als wäre mir ihre verunsicherte Reaktion nicht aufgefallen und stand ebenfalls auf.

„Gut. Dann lass uns gehen", lächelte ich.

Wir brauchten etwa anderthalb Stunden mit den verschiedenen Buslinien, kamen aber schließlich an einem großen Kaufhaus an, in dem ein riesiges Möbelgeschäft direkt am Eingang unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht, in welchem Stil ich mein Haus überhaupt einrichten wollte, aber Trish schien das übernommen zu haben. Aus irgendeinem Grund zog sie mich jedoch nicht zuerst in den Bereich der Grundausstattung, nein, sie steuerte zielstrebig auf die Kissen, Vorhänge, Teppiche und Bettbezüge zu. Sie schien ein Faible für diverse Lila- und Violetttöne zu haben, was mich nicht unbedingt störte. Ich mochte die Farbe Blau und jeder Farbton, der nicht in den Rosabereich ging, war mir recht.

Cursed Boy (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt