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Aidan

Jedes Jahr fragte ich mich aufs Neue: Wie konnten sich Menschen darauf freuen, Weihnachtsgeschenke zu kaufen?

Addie liebte es. Sie liebte es, shoppen zu gehen und Geschenke für ihre Freunde und Familie zu finden. Ob sie anderen dieses Jahr auch eine Freude machen wollte, war fraglich, aber darum ging es im Moment nicht.

„Kauf ihr Schmuck", sagte Trev schulterzuckend. „Welches Mädchen mag keinen Schmuck?" Normalerweise hätte ich ihm zugestimmt, aber bis auf die Halskette meiner Großmutter, hatte ich Beverly noch nie irgendein Schmuckstück tragen sehen.

Seit wir in Fresno wohnten, hatten Trev, Chase, Addie, Trish und ich Weihnachten immer zusammen verbracht. Am Vormittag hatten wir unsere Familien besucht und am Abend hatten wir es uns bei uns in der Wohnung gemütlich gemacht. Dabei hatten Trev, Chase, Trish und ich einander nie etwas geschenkt. Zumindest nichts, das man als Geschenk bezeichnen konnte. Aber Addie hing immer noch in dem Alter fest, in dem sie hibbelig und aufgeregt wurde, wenn sie an einen geschmückten Tannenbaum, Kekse und Geschenke dachte.

Für Addie ein Geschenk zu finden, war einfach gewesen. Sie liebte Schmuck, also hatte ich ihr Kreolen aus Weißgold für satte sechzig Dollar gekauft. Dabei hatte ich mich gefragt, ob ich sie wirklich noch so lieb hatte, dass sie das verdiente. Aber mein weitaus größeres Problem war: Was zur Hölle sollte ich Beverly schenken? Ich konnte ihr nicht nichts schenken. Man schenkte seiner Freundin was an Weihnachten. Auch, wenn diese Freundin erst sechs Tage später als Freundin betitelt werden konnte, ganz egal.

„Ich schenke ihr ganz sicher keinen Schmuck. Das wäre viel zu vorhersehbar." Mittlerweile war es schon wieder ein Weilchen her, dass Beverly und ich Zeit miteinander verbracht hatten. Und ich meine wirklich Zeit miteinander verbracht hatten. Das letzte Mal war vor ungefähr drei Wochen gewesen, kurz bevor sie zusammengebrochen war und mir ihr vermutlich größtes Geheimnis anvertraut hatte. Seit dem wollte sie meistens bei Trish sein, ich hatte für die Uni lernen müssen und die einzige Zeit am Tag, in der wir einander manchmal gesehen hatten, war der Abend gewesen. Immer häufiger hatte sie in den letzten Tagen bei mir übernachtet, aber meist war ich vom Lernen so müde gewesen, dass ich eingeschlafen war, sobald ich mich hingelegt hatte. Das war für mich von Vorteil, weil die Gefahr geringer war, dass ich von Fabiana träumte. Das passierte in letzter Zeit viel zu oft. Und es waren keine schönen Träume.

Die Zeit war trotzdem viel zu schnell vergangen, und jetzt hatte ich noch zehn Tage, bis Weihnachten war, und keinen Plan, was ich Beverly schenken sollte. Deshalb hatte ich Trev in die Mall geschleppt. Ich hatte zwar Ohrringe für Addie gefunden, aber mein eigentliches Ziel hatte ich nicht erreicht. Und jetzt saßen wir in einem italienischen Restaurant am Fenster, und ich beobachtete die Leute, die sich hektisch in kleinen Grüppchen durch die Gänge tummelten.

„Wie wäre es mit einem Handy?", schmunzelte Trev. „Dann wäre ihr Leben doch schon mal um ein Eck leichter, findest du nicht?"

„Wenn ich ihr Leben leichter machen will, könnte ich ihr auch einen Heizkörper schenken, oder ihr beibringen, wie man einen Ofen anheizt." Es wurde von Tag zu Tag kälter in ihrem Haus, weshalb sie auch seit einigen Tagen lieber bei mir schlief. Die Trev-Addie-Liebesphase hatte sich zum Glück wieder gelegt, weshalb das Schlafen in unserer Wohnung auch tatsächlich wieder möglich war. Wie Trish allerdings in Beverly's eiskaltem Haus schlafen konnte, war mir ein Rätsel. Aber andererseits, war Chase gefühlt die ganze Zeit bei ihr, und ich wollte mir die endlosen Möglichkeiten nicht ausmalen, die die beiden hatten, um sich aufzuwärmen.

„Was schenkst du ihr denn?", fragte ich, und ein Kellner räumte die leeren Teller weg.

Trev sah mich entgeistert an. „Du erwartest nicht ernsthaft, dass ich deiner Freundin was zu Weihnachten schenke."

Cursed Boy (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt