Aidan
„Aidan."
Verschlafen rollte ich mich auf den Rücken und sah zur Türe. Das Licht, das aus dem Wohnzimmer auf Addie's Rücken leuchtete, zeigte mir nur ihre Silhouette.
„Hm?" Ich rieb mir über die Augen.
„Kannst du schlafen?", flüsterte sie. Ich hatte geschlafen, bevor sie mich geweckt hatte.
Es hatte fast drei Stunden gedauert, bis Addie mit der Ordnung der Bücher zufrieden gewesen war. Sie hatte gefühlt zehn Mal überprüft, ob nun auch wirklich jedes Buch am richtigen Platz stand. Danach war ich tot ins Bett gefallen und augenblicklich eingeschlafen.
„Kannst du nicht schlafen?" Sie schüttelte den Kopf und schloss die Türe hinter sich. Jetzt waren es nur die Straßenlaternen, die meinem Zimmer einen Hauch von Licht schenkten. Regentropfen klatschten leise gegen die Fensterscheibe und der Wind rauschte durch die Straßen. „Ich hab irgendwie verlernt, ohne Trev zu schlafen..."
„Du warst acht Monate alleine in Irland."
„Wir haben jeden Abend ein bisschen miteinander geschrieben", gab sie zu. „Die ersten Wochen hab ich versucht, zu schlafen ohne ihm zu schreiben, aber es ging nicht. Ich musste wissen, dass es ihm gut geht. Wenn ich schlafen gegangen bin, ist Trev meistens gerade von der Uni gekommen. Oder hatte Mittagspause." Ich konnte erkennen, dass Addie in meinem Zimmer herumschlenderte. Ob sie wegen ihres Dämons in der Dunkelheit wohl besser sehen konnte als ich? Andererseits war ich ein Hybrid... Sah ich in der Dunkelheit vielleicht besser, als normale Menschen, ohne es zu wissen? „Aber jetzt wird er wohl kaum antworten, wenn ich ihm schreibe."
Ich seufzte tief und rutschte dichter an die Wand. „Komm schon her."
Sie ließ sich nicht lange bitten und schlüpfte unter die Decke.
„Du bist ein Heizkörper", bemerkte sie dann.
„Und du ein Eiszapfen."
„Touché."
Als wir Kinder gewesen waren, war Addie ein richtiger Angsthase gewesen. Das leiseste Knarzen unter ihrem Bett oder in ihrem Schrank oder vor ihrem Fenster, hatte sie nicht schlafen lassen. Fast jede Nacht war sie zu mir ins Zimmer gekommen und hatte sich neben mich gelegt. Das hatte ich manchmal mitbekommen, manchmal war ich am nächsten Morgen aufgewacht und hatte sie neben mir sabbern gesehen.
„War was zwischen dir und Chase?", murmelte sie.
„Wieso?"
„Ihr redet nicht wirklich miteinander."
Kurz überlegte ich, ob ich einfach lügen sollte, entschied mich aber dagegen. „Wir haben uns wegen Beverly gestritten", seufzte ich. „Und ich bin mir nicht sicher, wer im Unrecht war..."
„Hm", machte sie. „Dein Leben wäre sicher leichter, wenn du dir eingestehen würdest, dass du sie immer noch magst, weißt du? Sie könnte morgen einen Autounfall haben und ins Koma fallen."
„Hattest du eine Vision davon?"
„Nein?"
„Na, dann ist doch alles gut."
Sie begann an einem Zipfel der Decke herumzuzupfen. „Erst beschwerst du dich drüber, dass du nicht genug Zeit mit ihr und nicht die Chance hattest, ihr zu sagen, was du für sie empfindest, und jetzt hast du die Chance und machst denselben Fehler. Strategisch unklug, findest du nicht?"
„Weise Worte, die du wählst", gähnte ich. „Besonders, wenn man bedenkt, dass du sie aus der Wohnung geschmissen und mich angeschrien hast, ich soll ja nicht zu ihr zurückgehen. Sind das deine Hormone?"
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Cursed Boy (Band 2)
Paranormal„Wie soll ich sie vergessen, wenn ich ständig daran erinnert werde, dass ich sie vergessen soll?" *** Wann ist ein guter Zeitpunkt, um eine geliebte Person gehen zu lassen? Das fragt sich auch Aidan, als er, selbst nach vielen Monaten, Beverly nicht...