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Aidan 

Das Letzte, das ich sehen wollte, war das Erste, das meine Augen zu fassen bekamen, als ich vor dem Saint Agnes Medical Center stand.

Ich hatte mich noch nie so kaputt gefühlt, wie in diesem Augenblick. Müde, hungrig, ungeduscht und seit über einem Tag in denselben Klamotten. Und genauso trabte ich soeben auf Addie und Fabiana zu, die vor dem Gebäude in der grauen Kälte des Tages standen, während Addie mit den Lippen an einer Zigarette hing und den Rauch in den Wind blies. Sie hatte sich die Jacke eng um den Körper geschlungen, aber sie zitterte trotzdem.

Noch hatten sie mich nicht bemerkt. Aber sobald ich mich über das noch-nicht-bemerkt freute, drehte Addie sich zu mir, als hätte sie meine Anwesenheit gespürt. Vielleicht hatte sie das ja.

Sie sah mich an und ich glaubte, sie könne jeden Moment wieder in Tränen ausbrechen. Oder zu lachen beginnen.

Erschöpft war kein Begriff für den Ausdruck, in ihren Augen. Und wenn Menschen erschöpft waren, taten sie komische Dinge.

„Na klar", lachte sie bitter auf und sah wieder in die graue, regnerische Ferne. „Jetzt bist du hier." Ja, und ich bereute es ein wenig. Ich hatte mich eigentlich ins Gebäude schleichen und mich so schonend wie möglich wieder in meine... Gruppe einbringen wollen.

„Addie-"

„Nein, lass es!" Ihre Worte waren eisiger als der Wind. „Du redest nicht mit mir, verstanden? Ich will dich hier nicht haben! Und Trev mit Sicherheit auch nicht!" Das tat weh. Auch, wenn ich es verdient hatte und es vermutlich nicht ganz aus der Luft gegriffen war.

„Addie." Fabiana legte sanft eine Hand auf ihre Schulter aber sie schüttelte sie energisch ab und warf den Zigarettenstummel auf den Boden.

„Du hast mehr als deutlich gemacht, was Sache ist. Also geh weg. Geh zurück nach New York zu deiner... zu deiner Schwester." Mit diesen Worten und einem letzten verachtenden Blick drehte sie sich um und verschwand im Inneren des Gebäudes. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die Sache mit ihr wieder gerade biegen sollte. Wahrscheinlich konnte ich das gar nicht.

Jetzt stand ich Fabiana gegenüber, die beschwichtigend die Hände hob, noch bevor ich was sagen konnte. „Halt die Klappe", sagte sie müde, kam auf mich zu und umarmte mich. Ich war überrascht, schlang meine Arme aber trotzdem um sie.

„Tut mir leid", murmelte ich in ihre Haare. Was genau ich meinte, wusste ich selbst nicht. Wahrscheinlich, dass ich einfach so abgehauen war. Und dass ich mich nicht gemeldet hatte. Und dass ich Addie so sehr verletzt hatte. Und dass wir uns gestritten hatten. Und dass Trev im Krankenhaus lag.

„Schon gut", entgegnete sie und hauchte mir einen Kuss auf den Hals. „Ich bin nur froh, dass du wieder hier bist. Wirklich." Sie löste sich von mir und fuhr mir über mein unrasiertes Gesicht. „Typisch", zog sie mich auf. „Zu faul für alles. Können wir reingehen? Es ist verdammt kalt hier."

Sie zog meinen Arm um ihre Schultern und wir gingen durch die großen Glastüren. Als ich das Krankenhaus betrat, fühlte ich mich auf so vielen Ebenen unwohl. So viele Personen, die ich eigentlich nicht sehen wollte und die mich nicht sehen wollten, befanden sich darin. So viele Kindheitserinnerungen machten diesen Ort zu einem Gruselkabinett. Außerdem fand ich, dass es in Krankenhäusern seltsam roch. Es war nicht das Desinfektionsmittel.

Ich hatte immer gefunden, dass es in ihnen nach Tod roch.

Ich wusste nicht einmal, wieso. Keiner aus meiner Familie war in einem Krankenhaus gestorben, das hätte mir wenigstens einen nachvollziehbaren Grund für meine Empfindungen geliefert.

Cursed Boy (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt