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Vor dem Auftritt ging Samu noch einmal zu jedem der Jungs und drückte ihn freundschaftlich. Für alle war es ein besonderer Auftritt. Das Finale einer Tour war immer etwas besonders, etwas besonders emotionales. Und dann ging es auch schon los, die ersten Töne erklungen und nacheinander betraten die Freunde die Bühne. Es war wie immer, ab dem ersten Wort, das Samu ins Mikrofon sang, waren die Fans klar und deutlich zu hören. Das Licht blendete und Samu erkannte erst einmal nur Umrisse. In den Momenten, in denen das Licht etwas gedimmt war, schweifte sein Blick durchs Publikum und wie immer sah er einige bekannte Gesichter. Der Auftritt lief wie geschmiert und auch die neuen Arrangements schienen gut bei den Fans anzukommen. Die Gefühle übermannten den großen blonden Finnen als das gesamte Publikum "Hiljaisuus" mit sang. Mit diesem Lied verband Samu einfach viel zu viel, was alles hatte er noch nie mit jemandem geteilt. Doch er war froh, dass er diesmal nicht allein auf der Bühne stand wie bei " Vain elämää", sondern ihm die vertrauten Stimmen der Jungs und der Klang der Instrumente ein gewisses Gefühl an Sicherheit gaben.

Nach einigen tiefen Atemzügen und dem Verblassen des letzten Tons hatte sich Samu dann auch fast wieder gefangen, ein Refrain mehr und er wäre vermutlich in Tränen ausgebrochen. Mit dem Rücken zum Publikum wischte er sich mit dem Handtuch durchs Gesicht, tausende Dinge gingen ihm durch den Kopf "Warum nimmt mich das heute so mit? , Was ist denn los mit mir?". Zum Glück blieb ihm nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn schon erklang das Intro zum nächsten Song. Mit einem aufmunternden Blick von Osmo und einem sanftem Kopfnicken von Sami drehte er sich wieder dem Publikum zu und setzt sein Million-Dollar-Smile auf. Die nächsten Songs zogen wie ein Film an ihm vorbei, in seinem Kopf klangen immer noch die Worte aus „Hiljaisuus" nach. Das war ihm noch nie passiert. Irgendwann hatte sich der Frontmann wieder gefangen, das Gitarre spielen fiel ihm plötzlich viel leichter. Wie immer ließ er es sich nicht nehmen ein paar teils unsinnige Worte zu verlieren. Dabei wanderte sein Blick langsam durch das Publikum, er schaute durch die Reihen, sah in die Gesichter der Menschen, denen er all das zu verdanken hatte. Es waren so verschiedene Menschen: Menschen, die viele Kilometer gereist waren, um noch einmal die Songs zu hören in diesem Jahr. Menschen, die vermutlich noch zur Schule gingen, aber auch Menschen, die schon mit beiden Beinen im Leben standen, vielleicht sogar schon eine Familie gegründet hatten. „Wie viele unterschiedliche Charaktere und Geschichten unsere Musik wohl schon zusammengebracht hat?", dachte sich Samu als die Töne des nächsten Stückes leise ertönten.

Er schaute weiterhin durchs Publikum, versuchte auch zu den Fans Blickkontakt aufzunehmen, die nicht in den vorderen Reihen standen. Und dann blieb er in einer Ecke des Raumes hängen. Dort stand eine Frau oder um es in den Worten des Herrn Haber zu sagen: „ein heißes Gerät". Sie stand dort an die Wand gelehnt mit langen braunen Haaren, einer Mütze auf dem Kopf und einem Basic Shirt. Sie stand einfach nur da und Samu konnte seinen Blick nicht abwenden. War es die Tatsache, dass sie einfach an der Wand gelehnt stand und ihren Blick nicht von ihrem Handy abwenden konnte oder was war es, das ihn so fesselte. In seinem Kopf war für einen Moment absolute Leere und er musste sich wirklich zwingen seinen Blick wieder einmal in eine andere Ecke des Raumes schweifen zu lassen. Während er den Songtext ins Mikrofon schmetterte, gingen ihm ganz andere Dinge durch den Kopf „Erst das mit Hiljaisuus und jetzt diese Frau". Wieder erwischte er sich selber dabei, dass er seinen Blick in die Richtung schweifen lässt. Und wieder befand er sich in einer Art Trance, er bekam gerade absolut nicht mit, was er tat. Es spielte sich alles wie ein Film ab und immer wieder fiel sein Blick auf diese Frau, die sich offensichtlich gar nicht für die Musik interessierte. Kurz vor dem letzten Song warf Riku Samu einen fragenden Blick zu. Der Gitarrist hatte längst schon gemerkt, dass irgendwas mit seinem besten Freund nicht stimmte. Samu bekam von all dem aber gar nichts mit, weil er mit seinen Gedanken bei der Frau war, die einfach während der Hälfte des Konzertes in ihr Handy vertieft war. „Ob es ihr überhaupt auffallen würde, wenn ich einfach was anderes singen würde?"

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